Bei ihm gibt es nicht mal Mindestlohn: Kanzler-Bruder lässt Studenten für Null Euro schuften!

Kiel - Sind uns unsere Medizinstudenten so wenig wert? Das Praktische Jahr (PJ) der Studenten am Kieler Universitätsklinikum wird nicht vergütet. Aus rechtlicher Sicht geht das in Ordnung, doch der Fall schlägt hohe Wellen und lässt die Frage nach sozialer Verantwortung erneut aufflammen.

Professor Jens Scholz (63) hält nicht viel davon, den angehenden Medizinern an seinem Klinikum eine Aufwandsentschädigung zu bezahlen. (Archivbild)
Professor Jens Scholz (63) hält nicht viel davon, den angehenden Medizinern an seinem Klinikum eine Aufwandsentschädigung zu bezahlen. (Archivbild)  © Frank Molter/dpa

Professor Jens Scholz (63) ist Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) - und er ist kein Geringerer als der Bruder des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz (64). Nun muss sich der Chefarzt moralische Fragen gefallen lassen.

Wie die Kieler Nachrichten berichteten, sollen Medizinstudenten während ihres Praktischen Jahres (PJ) keinen Cent für ihre geleistete Arbeit gesehen haben.

Zur besseren Einordnung: Das Praktische Jahr bildet den letzten Abschnitt des Medizin-Studiums.

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So übernehmen die angehenden Ärzte in diesem weit fortgeschrittenen Stadium ihrer medizinischen Ausbildung bereits wichtige Aufgaben, hospitieren unter anderem bei Operationen, müssen ein stattliches Arbeitspensum von 38 bis 40 Stunden in der Woche ableisten.

Auch Nachtschichten und Wochenendarbeit stehen auf den vollen Dienstplänen der Studenten.

Studenten-Arbeit zum Nulltarif: Es macht sich Widerstand breit

Die Ausbildung für angehende Mediziner ist hart und kraftraubend. Bis die jungen Nachwuchs-Ärzte an ihrem Ziel angekommen sind, müssen sie große Entbehrungen auf sich nehmen.
Die Ausbildung für angehende Mediziner ist hart und kraftraubend. Bis die jungen Nachwuchs-Ärzte an ihrem Ziel angekommen sind, müssen sie große Entbehrungen auf sich nehmen.  © Thorsten Eckert/dpa

Das Kieler Klinikum rechtfertigt die interne 0-Euro-Strategie mit aktuell geltenden Richtlinien, denn laut UKSH bestehe keine gesetzliche Verpflichtung, die Studenten für ihre Arbeit im Praktischen Jahr zu entlohnen.

Was aus juristischer Sicht vertretbar ist, wirft dennoch moralische Fragen auf, denn viele Kliniken honorieren die tatkräftige Mithilfe der jungen Nachwuchs-Ärzte mit einer Aufwandsentschädigung, die sich auf bis zu 600 Euro im Monat belaufen kann.

Das Klinikum in Kiel ist demnach kein Einzelfall und so kommt es, dass sich immer mehr Studenten gegen das Arbeiten zum Nulltarif zur Wehr setzen.

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Die Bundesvertretung der Medizinstudenten in Deutschland (BVMD) schlägt Alarm und moniert, dass sich Studenten im Praktischen Jahr aufgrund der ausbleibenden Bezahlung ihr Erspartes verwenden oder sich gar in Form einer Kreditaufnahme verschulden müssten.

So äußert sich die BVMD-Sprecherin empört und voller Unverständnis gegenüber Bild unmissverständlich:

"Die Kliniken werden damit ihrer sozialen Verantwortung nicht gerecht."

Posse um Kieler UKSH-Nachwuchs-Ärzte: Selbst beim Salat wird gespart

Obergrenze beim Salat: Im Kieler Universitätsklinikum müssen Studenten auch beim Essen sparsam sein. (Symbolbild)
Obergrenze beim Salat: Im Kieler Universitätsklinikum müssen Studenten auch beim Essen sparsam sein. (Symbolbild)  © Christin Klose/dpa

Und für die Kieler Studenten kommt es sogar noch dicker: Wie bekannt wurde, durften sich die engagierten Medizin-Studenten bis vor kurzem in besagtem Klinikum als Ausgleich noch an der Salatbar der UKSH-Kantine frei bedienen. Doch auch mit diesem "Service" soll nun Schluss sein!

Das Klinikum hat eine "Pro-Kopf-Salat- Obergrenze" von 600 Gramm eingeführt und drangsaliert seinen Nachwuchs nun sogar beim Essen.

Auch hierfür hatte die Klinik des Kanzler-Bruders eine absurde Erklärung parat:

Man habe eine ausgeglichene Gleichbehandlung wiederherstellen wollen. Offenbar hatte es zuvor Beschwerden von Mitarbeitern gegeben, die sich angesichts der kiloweisen (Nettogewicht – ohne Teller!) Bedienung einzelner PJ-Studierender an der Salatbar ungerecht behandelt gefühlt hätten.

Professor Jens Scholz hat sich bei der ganzen Geschichte offenbar nicht an die Worte seines eigenen Bruders erinnert. Dieser hatte nämlich im Wahlkampf einen Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde versprochen und den wohlklingenden Slogan "Respekt für Dich" ins Leben gerufen. Der Professor müsste wohl wieder häufiger mit seinem berühmten Bruder telefonieren...

Titelfoto: Frank Molter/dpa

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