Hat Deutschland das Demonstrieren verlernt?

Berlin - Wieder neigt sich eine Woche dem Ende zu und mit ihr treten reihenweise politische Ereignisse ihren Weg in die Vergessenheit an. In diesem Wochenrückblick lässt TAG24-Redakteur Malte Kurtz (28) die politischen Highlights Revue passieren und betrachtet die Entwicklungen in Deutschland sowohl kritisch als auch mit einem Augenzwinkern.

An den DDR-Aufstand vom 17. Juni 1953 wird sich Deutschland immer erinnern.
An den DDR-Aufstand vom 17. Juni 1953 wird sich Deutschland immer erinnern.  © -/dpa

"Geschichte". Ein einfaches Wort mit großer Bedeutung. Am 17. Juni 1953 verewigten sich rund eine Million Arbeiterinnen und Arbeiter aus der gesamten DDR in den deutschen Geschichtsbüchern, als sie sich gegen das SED-Regime erhoben und auf die Straße zogen.

Für ihren Aufstand gegen erhöhte Arbeitsnormen sowie für mehr Demokratie und Freiheit bezahlten mindestens 55 Menschen mit ihrem Leben, als sowjetische Panzer anrückten und den landesweiten Protest mit Waffengewalt niederschlugen.

Heute, 70 Jahre später, stellt sich die Frage, wie zukünftig auf unsere heutige Zeit zurückgeblickt werden wird und welche Momente dabei historische Aufmerksamkeit genießen werden.

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Blicken wir in 70 Jahren auf all die Anti-Corona-Demonstrationen, die Asyl-Proteste oder die unzähligen Blockaden der Klimaaktivisten ebenso zurück, wie wir es heutzutage auf den DDR-Massenaufstand von 1953 tun?

Wer erinnert sich in 70 Jahren noch an Impf-Gegner oder Klima-Kleber?

An die Corona-Proteste denkt schon jetzt keiner mehr. (Archivbild)
An die Corona-Proteste denkt schon jetzt keiner mehr. (Archivbild)  © Georg Wendt/dpa

Alle Klima-Kleber, jeder Impf-Gegner und sämtliche Wut-Bürger können sich heute schon sicher sein, dass ihre Proteste in Zukunft Einzug in das deutsche Geschichtsbuch finden werden, vermutlich aber bloß als kleine Randnotiz, wenn man 2093 über eine damals "politisch unruhige Zeit" berichten wird.

Während 1953 unzählige deutsche Bürgerinnen und Bürger ihr Leben für ihre Freiheit riskierten, gehen heutzutage Menschen auf die Straße, die sich in ihrer kleinen Filter-Blase in fraglichen sozialen Netzwerken zum Protest zusammenschließen.

Bei dem, was wir in den vergangenen Jahren an Demonstrationszügen mitansehen mussten, sollte man gegen die Protestkultur selbst demonstrieren. Hohe Inflation oder Diskussionen über die Erhöhung des Rentenalters jucken niemanden, aber wehe, an der Ecke soll ein Asylheim gebaut oder ein Tagebau errichtet werden.

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Anstatt Schilder mit wirren Verschwörungstheorien hochzuhalten oder die eigenen Mitbürger durch einbetonierte Hände auf dem Asphalt zu behindern, sollte man sich die Ostdeutschen vom 17. Juni 1953 zum Vorbild nehmen, die sich zum Protest gegen das große Ganze zusammenschlossen und nicht jeden geteilten Link auf Facebook zum Anlass für eine Demonstration nahmen.

Der Tweet der Woche!

Am Mittwoch wurde Bauministerin Klara Geywitz (47, SPD) während ihrer Rede auf dem Tag der Bauindustrie in Berlin von einem Glockenspiel unterbrochen.

Anscheinend DAS Highlight der Veranstaltung, denn die Menge sowie die Ministerin tobten vor Lachen.

TAG24-Redakteur Malte Kurtz (28) fasst die politischen Ereignisse der vergangenen Woche kurz und kritisch zusammen.
TAG24-Redakteur Malte Kurtz (28) fasst die politischen Ereignisse der vergangenen Woche kurz und kritisch zusammen.  © Eric Münch

Kommendes Wochenende folgt dann die nächste Episode des politischen Wochenrückblicks. Denn wenn eines in der Bundesrepublik sicher ist, dann, dass unsere Parteien und Politiker gern einmal für Kopfschütteln innerhalb der Bevölkerung sorgen.

Titelfoto: Bildmontage: -/dpa, Georg Wendt/dpa

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