Dresden - Kultusminister Conrad Clemens (42, CDU) hat seinen 21-Punkte-Plan zur Absicherung des Schulunterrichtes nachgebessert. Trotzdem gab es gestern viel Kritik.
Ganz konkret kam der Minister bei den emotional umstrittenen Altersermäßigungen (Stunden, die Lehrer ab einem bestimmten Alter weniger halten müssen) den Pädagogen entgegen.
Künftig soll es diese Abschläge ab 60 Jahren (aktuell 58 Jahre) geben. Zudem soll es künftig Abordnungen (von vor allem verbeamteten) Lehrern an Schulen geben, wo Personal fehlt.
Weitere Maßnahmen betreffen den Unterricht.
So will man digitale Formate und den fächerübergreifenden Unterricht ausbauen und weniger Klausuren und Klassenarbeiten schreiben, um den Korrekturaufwand zu verringern.
Bei Prüfungen an Oberschulen denkt man über Erleichterungen nach.
Sogenannte Anrechnungsstunden (erhalten Lehrer für bestimmte Tätigkeiten als Entlastung) sollen um etwa zehn Prozent gekürzt werden. Der Minister rechnet damit, dass die Maßnahmen bereits im Herbst zu weniger Unterrichtsausfall führen.
Clemens: "Ich weiß, dass die Maßnahmen nicht populär sind. Sie sind aber absolut notwendig."
Besonders Ober- und Förderschulen im ländlichen Raum vom Unterrichtsausfall betroffen
An Sachsens Schulen fehlen 1400 Lehrer in Vollzeit. Im ersten Schulhalbjahr 2024/25 fielen 9,4 Prozent des Unterrichts aus. Es gibt dabei viel sogenannten planmäßigen Unterrichtsausfall, weil Lehrerstellen unbesetzt sind.
Besonders betroffen davon: Ober- und Förderschulen im ländlichen Raum. Dort können teilweise - wie in Breitenbrunn im Erzgebirge - nur etwa 65 Prozent der angesetzten Stunden gehalten werden.
"Wir versündigen uns an diesen Kindern. Die haben einfach irreversiblen Unterrichtsausfall. Das können wir nicht hinnehmen. Deshalb brauchen wir diese Maßnahmen", so Conrad Clemens. Er will den Stundenausfall an Schulen halbieren - auch gegen Widerstände.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warf Clemens gestern "Ignoranz in der Diskussion um Bildungsqualität und Unterrichtsabsicherung" vor. GEW-Chef Burkhard Naumann (37): "Das Gesamtpaket wird die Schulbildung in Sachsen nachhaltig beschädigen."
Der Sächsische Lehrerverband urteilte scharf: "Die Vorhaben gehen einseitig zulasten der Lehrkräfte, werden den Krankenstand weiter in die Höhe treiben und die vorzeitige Beendigung des Schuldienstes mit 63 Jahren zusätzlich begünstigen."
Zu viel Ausfall - Ein Kommentar von Thomas Staudt
Sachsens Kultusminister plant, die Altersermäßigung für Lehrer, die aktuell ab dem 58. Lebensjahr greift, künftig ab dem 60. Lebensjahr zu gewähren und diese Regelung zeitlich zu befristen.
Ursprünglich sollte sie erst ab einem Alter von 63 Jahren greifen. Nach zahlreichen Protesten aus der Lehrerschaft, von Gewerkschaften und Verbänden ist Clemens nun zurückgerudert.
Ist er? Die einen sagen so, die anderen so. Sollte es nicht als Stärke bewertet werden, wenn sich jemand mal nicht völlig beratungsresistent verhält und eben nicht mit dem Kopf durch die Wand will?
Durchsetzungsvermögen gilt als Charakterstärke. Das muss in gleichem Maße auch für die Fähigkeit gelten, Gegenargumente zu akzeptieren und einmal gefasste Pläne zu überdenken.
Tatsächlich ist die Regelung nur eine Maßnahme eines ganzen Pakets, das ab dem kommenden Schuljahr eine Trendumkehr beim Unterrichtsausfall bewirken soll. Klagen über den Missstand sind weit verbreitet und häufig, um es vorsichtig zu sagen. Und sie sind berechtigt, gefährdet der massive Unterrichtsausfall potenziell doch die Zukunft der betroffenen Schüler.
Die Klagen werden voraussichtlich anhalten, selbst wenn das Maßnahmenpaket wirkt. Denn komplett beseitigen werden die Regelungen den Missstand kaum.