Marine-Inspekteur über Russland: "Sollte uns allen Gedanken machen"

Rostock - Wie groß ist die militärische Gefahr, die von Russland im Ostseeraum ausgeht?

Die russische Marine zeigt ein U-Boot und ein Kriegsschiff bei einer Parade in St. Petersburg. (Archivbild)
Die russische Marine zeigt ein U-Boot und ein Kriegsschiff bei einer Parade in St. Petersburg. (Archivbild)  © Dmitri Lovetsky/AP/dpa

Das hat der Inspekteur der Marine Jan Christian Kaack (61) im Gespräch mit dem Bundeswehr-Format "Nachgefragt" vertieft. "Wir haben einen potenten Gegner, der ungebremst rüstet, und zwar modernste Einheiten in hoher Taktfolge mit einer Top-Bewaffnung", so der Vizeadmiral.

Selbst ein zahlenmäßig unterlegener Gegner könnte die Ostseezugänge verschließen. "Dann ist Finnland eine Insel und das Baltikum auch und damit zu 100 Prozent abhängig von Seeversorgung", sagte Kaack. "Und dann haben wir wieder ein Dilemma, also wie geht man dagegen vor?" Diese Frage stelle sich die Marine aber nicht allein, sondern im Bündnis.

Und wie wirkt sich der Krieg gegen die Ukraine auf die russische Marine aus? Diese komme "relativ unbeschadet heraus", so der oberste Dienstherr der Marine, "auch wenn wir natürlich Versenkungen im Schwarzen Meer sehen".

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"Aber, was wir in der Nordmeerflotte, was wir in der Ostseeflotte, in der baltischen Flotte bemerken, ist ein ungestoppter Bau von modernen Einheiten, die mit modernsten Flugkörpern bewaffnet werden." Darüber hinaus sei die Übungstätigkeit nicht eingefroren, sondern es werde viel gesetzt auf schnelle Bereitschaftsübungen. "Insofern ist das ein ernsthafter Gegner", ist sich Kaack sicher.

Dazu kommt: "Seit vielen, vielen Jahren ist die Investition der russischen Marine in Unterwasserkommunikation, Unterwassernavigation und Unterwasserwirkung wirklich auffällig und sollte uns allen Gedanken machen."

Russisches Militär hat Verhalten drastisch geändert

Jan Christian Kaack (61) ist der oberste truppendienstliche Vorgesetzte der Marine. (Archivbild)
Jan Christian Kaack (61) ist der oberste truppendienstliche Vorgesetzte der Marine. (Archivbild)  © Christophe Gateau/dpa

Außerdem habe sich das Verhalten der russischen Marine in der Ostsee und im Nordatlantik geändert. Während sie vor einem Dreivierteljahr noch "absolutes Normverhalten" gezeigt hätte, werde es zunehmend aggressiver.

"Sehr dichte Überflüge auch mit Waffenladung an den Flugzeugen, auf den Funkkanälen auch die Ansprache in aggressiver Form und zudem ein auffälliges Interesse für kritische maritime Infrastruktur, gerade im Bereich der Ostsee und der Nordsee."

Ein Beispiel gab der Vizeadmiral gleich mit auf den Weg: "Wenn ein mit Kleinst-U-Booten ausgerüstetes 'Forschungsschiff' für eine Strecke von Skagen bis Sankt Petersburg normalerweise zehn Tage braucht, und jetzt 310 Tage braucht, dann sollte uns das nachdenklich machen."

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Die Marine sei zwar einsatzbereit, sei aber an zahlreiche Aufgaben gebunden. An der Verbesserung der Einsatzbereitschaft werde gearbeitet.

Titelfoto: Dmitri Lovetsky/AP/dpa

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