"Menschliches Drama": Bundeswehr-Soldat berichtet vom Sudan-Einsatz

Wunstorf - Wer darf mit, wer muss im Sudan bleiben? Unter schwierigen Bedingungen hat die Bundeswehr in dem Bürgerkriegsland versucht, die Evakuierung so geordnet wie möglich durchzuführen. Ein Feldjäger berichtet von der Lage am Flugplatz.

Zahlreiche Menschen im Sudan fliehen aufgrund des Bürgerkriegs aus ihrer Heimat.
Zahlreiche Menschen im Sudan fliehen aufgrund des Bürgerkriegs aus ihrer Heimat.  © AFP

Der Rettungseinsatz im umkämpften Sudan hat den beteiligten Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr viel abverlangt.

Wie Leutnant Konstantin Brabsche (40), der mit den Feldjägern für die Sicherheitsschleuse am Flugplatz nahe der Hauptstadt Khartum verantwortlich war, nach seiner Rückkehr am Freitagabend berichtete, musste die Truppe in brütender Hitze unter improvisierten Bedingungen hochkomplex und schnell arbeiten.

Insbesondere zu Beginn sei der Andrang auf die Flugzeuge enorm gewesen. "Am ersten Tag dort war die Not natürlich sehr groß", sagte der Feldjäger der 9. Kompanie im hessischen Fritzlar, sein Gewehr G36 noch um den Hals und seine Pistole P8 im Holster.

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Mit der Zeit sei die Situation aber besser beherrschbar geworden, sodass die Bundeswehr "den Flüchtlingsstrom ein bisschen kontrollieren" konnte. Wer mitwollte, musste seinen Pass prüfen lassen und wurde auf gefährliche Gegenstände durchsucht.

Dabei gab es eine klare Reihenfolge, wer bevorzugt aus dem Land ausgeflogen werden sollte. "Wir haben eine Prioritätenreihenliste. Zuerst Deutsche, dann EU und im Groben NATO", sagte Brabsche.

Bundeswehr brachte binnen vier Tagen mehr als 700 Menschen in Sicherheit

Leutnant Konstantin Brabsche (40) steht mit seinem Gewehr G36 um den Hals und seiner Pistole P8 im Holster auf dem Fliegerhorst in Wunstorf.
Leutnant Konstantin Brabsche (40) steht mit seinem Gewehr G36 um den Hals und seiner Pistole P8 im Holster auf dem Fliegerhorst in Wunstorf.  © Lars Klemmer/dpa

Das habe dazu geführt, dass auch Menschen abgewiesen werden mussten: "Natürlich ist das oft ein menschliches Drama. Unsere Situation ist allerdings so, dass wir immer den Nächsten vor Augen haben. Natürlich ist das bitter für den Einzelnen. Aber wir wissen ja auch, hinter einem, der abgewiesen wird, sind noch zehn Berechtigte."

Insgesamt brachte die Bundeswehr binnen vier Tagen mehr als 700 Menschen aus mehr als 40 Nationen in Sicherheit. Für die Menschen, die nicht in die deutschen Flieger konnten, habe man versucht, dass sie bei anderen Nationen unterkommen, betonte der 40 Jahre alte Feldjäger.

Die Gefahrenlage im Sudan bekam der Leutnant indes nur am Rande mit. "Wir haben relativ wenig mitbekommen, weil wir nicht so nah an der Hauptstadt dran waren", sagte er. Dumpfe Geräusche habe er gehört. "Aber das war nichts, was uns in unserem täglichen Dienstbetrieb behindert hätte."

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Zu schaffen machte ihm dagegen die Gluthitze in dem afrikanischen Land. "Tatsächlich war es eine persönliche Herausforderung, da zu landen. Mit der Ausrüstung waren es über 50 Grad", sagte Brabsche. Während der vier Tage dort habe er sich aber auch daran gewöhnt.

Die Evakuierung von Khartum aus mitorganisiert hat auch der bisherige Ständige Vertreter an der Deutschen Botschaft im Sudan, Michael Sonntag.

Bundeswehr-Rückkehrer aus dem Sudan warten auf die Begrüßung durch Verteidigungsminister Boris Pistorius (63, SPD).
Bundeswehr-Rückkehrer aus dem Sudan warten auf die Begrüßung durch Verteidigungsminister Boris Pistorius (63, SPD).  © Lars Klemmer/dpa

Deutscher Botschafter machte sein Haus zum Krisenbüro

"Die Kämpfe waren das Worst-Case-Szenario. Wir waren von der ersten Sekunde an damit beschäftigt, in dieser dramatischen Lage zunächst die Sicherheit und dann die Ausreise der deutschen Staatsbürger zu organisieren - und zwar nonstop", sagte Sonntag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). In seinem Haus habe er mit Botschaftskollegen ein Krisenbüro zusammengestellt.

Dabei habe es stets die Gefahr gegeben, beschossen zu werden. Auf seinem Grundstück seien Querschläger gelandet. Der Wassertank auf dem Dach sei zerstört worden.

Titelfoto: Lars Klemmer/dpa

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