So rechtsextrem ist die AfD in Baden-Württemberg

Stuttgart - Trotz Machtkämpfen und Beobachtung durch den Verfassungsschutz: Die Chancen für die baden-württembergische AfD stehen gut, nach dem Wahlsonntag die drittstärkste Kraft im Land zu bleiben.

Gilt als Frontmann des rechten AfD-Flügels: Thüringens Fraktionsvorsitzender Björn Höcke (48).
Gilt als Frontmann des rechten AfD-Flügels: Thüringens Fraktionsvorsitzender Björn Höcke (48).  © Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

So kommt die Alternative für Deutschland laut ZDF-Politikbarometer auf 11 Prozent und liegt somit in der Umfrage knapp vor der SPD (10 Prozent) und FDP (10 Prozent).

Wie schon 2016, als die AfD mit satten 15,1 Prozent der Stimmen als stärkste Oppositionspartei ins Parlament einzog. Damals tütete sie ihr bis heute bestes Wahlergebnis in den westlichen Bundesländern ein.

Seitdem hat die AfD etwas an Zustimmung eingebüßt. Der Hauptgrund dafür dürften die Machtkämpfe in den eigenen Reihen sein. Die Partei schien sich im Streit zwischen der vermeintlich gemäßigten Alice-Weidel-Fraktion und dem sogenannten rechten "Flügel" um Thüringens Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke (48) selbst zu zerlegen.

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Angesichts der Umfragewerte in Baden-Württemberg muss man jedoch konstatieren, dass sich der größte Teil der AfD-Anhängerschaft von den Streitereien kaum abschrecken lässt.

Die Partei will außerdem, mit der formellen Auflösung des Flügels im Mai 2020, einen liberalen Eindruck erwecken.

Das AfD-Aus von Wolfgang Gedeon und Stefan Räpple

Dezember 2018: Die damaligen AfD-Landtagsabgeordneten Stefan Räpple (39) und Wolfgang Gedeon (73, Mitte) wurden nach mehrfacher Provokation von der Polizei aus dem Landtag geführt.
Dezember 2018: Die damaligen AfD-Landtagsabgeordneten Stefan Räpple (39) und Wolfgang Gedeon (73, Mitte) wurden nach mehrfacher Provokation von der Polizei aus dem Landtag geführt.  © Nico Pointner/dpa

Die Folgen machten sich in Baden-Württemberg bemerkbar. So wurde mit Wolfgang Gedeon (73) im März 2020 ein Hardliner aus der Partei geschmissen, der mehrfach mit antisemitischen Aussagen und Verschwörungstheorien auffiel. Er saß für die AfD im Landtag.

Gedeons Kompagnon, Stefan Räpple (39), wurde im September 2020 aus der AfD-Fraktion des Landtags ausgeschlossen. Gemeinsam hatten sie Ende 2018 für einen Skandal gesorgt, als sie nach mehreren Provokationen von der Polizei aus dem baden-württembergischen Parlamentsgebäude geführt wurden.

Räpple fiel zuvor schon mit rechter Symbolik auf, zudem wurde ihm die Nähe zu rechtsextremen Gruppen vorgeworfen.

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Dinge, die in der AfD Baden-Württemberg keinen Platz haben sollen. Dies versichert zumindest Bernd Gögel (66), der als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl ins Rennen geht.

Der baden-württembergische AfD-Spitzenkandidat Bernd Gögel kritisiert Alexander Gauland

AfD-Bundestagsfraktionsvorsitzender Alexander Gauland (80) fällt häufig mit rassistischen Äußerungen auf.
AfD-Bundestagsfraktionsvorsitzender Alexander Gauland (80) fällt häufig mit rassistischen Äußerungen auf.  © Michael Kappeler/dpa

Laut ihm könne man das Problem Rassismus nicht nur an der AfD festmachen, betonte der gebürtige Schwabe in einem SWR-Interview.

Dass Bundestagsfraktionsvorsitzender Alexander Gauland (80) die frühere Integrationsbeauftragte Aydan Özoğuz (53, SPD) "in Anatolien entsorgen" wollte, kommentierte Gögel jedoch schlicht mit: "Ich würde solche Worte nicht benutzen."

Gögel gilt als liberal. Laut eigenen Angaben ist er als Kritiker der EU-Politik in die AfD eingetreten. Partei-Kollegen schwärzt er für rassistische Aussagen zwar an, doch trägt deren Politik mit.

An AfD-Kandidaten, die rechtsextremen Gruppen nahestehen, mangelt es der Partei in Baden-Württemberg jedenfalls nicht.

Wie zuletzt das Antifaschistische Dokumentations- und Informationszentrum zusammentrug, sind einige derer im Dunstkreis der rechten Querdenken-Bewegung zu verorten.

Die Alternative für Deutschland flirtet mit der Identitären Bewegung

Bernd Gögel (66) geht als AfD-Spitzenkandidat in Baden-Württemberg ins Rennen.
Bernd Gögel (66) geht als AfD-Spitzenkandidat in Baden-Württemberg ins Rennen.  © Sebastian Gollnow/dpa

Außerdem waren einige AfD-Kandidaten an den Protesten im südpfälzischen Kandel beteiligt, die sich zu bundesweiten Treffen von Rechtsextremen entwickelten.

Eine der Demonstrationen (am 3. März 2018) meldete Christina Baum (64) an, aktuelle Vorsitzende des AfD-Kreisverbandes Main-Tauber. Sie gilt als enge Höcke-Vertraute und sagte einmal: Die "Identitäre Bewegung (IB) wird zu Unrecht [vom Verfassungsschutz, Anm. d. Red.] beobachtet."

Apropos IB! Dubravko Mandic (40), AfD-Kandidat in Lörrach, nahm 2016 in Wien an einer Demonstration der Identitären Bewegung teil.

Sowieso: Viele der AfD-Politiker liebäugeln mit der IB, die vom Verfassungsschutz längst als rechtsextrem eingestuft wurde. Unter anderem Severin Köhler, Ersatzmann bei der AfD in Ludwigsburg, der bei den Kandel-Protesten im Block der Identitären Bewegung gesehen worden sein soll.

Stuttgarter AfD-Kandidat spielt mit Symbolik der QAnon-Verschwörungstheorie

Ein weiterer Hardliner ist der Stuttgarter Kandidat Steffen Degler (30). Auf einem seiner Facebook-Bilder verwendete der Backnanger die Symbolik der antisemitischen QAnon-Verschwörungstheorie. Nach dieser wird behauptet, eine Elite ermorde Kinder und trinke deren Blut, um jung zu bleiben.

Bei solchen Ansichten und den vielen Verbindungen zu rechtsextremen Gruppen wundert es kaum, dass der Verfassungsschutz die gesamte AfD vor Kurzem zum rechtsextremistischen Verdachtsfall erklärt hat. Spitzenkandidat Gögel will davon jedoch nichts wissen. Seiner Meinung nach wolle man somit mögliche AfD-Wähler kurz vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz abschrecken.

Trotzdem vermeidet der AfD-Mann eine klare Distanzierung von rechtsextremen Ideologien. Kaum verwunderlich, so gehören diese doch zum Erfolgsrezept der Partei.

Titelfoto: Montage: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa/Sebastian Gollnow/dpa

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