"Bettnässer", "Ost-Geschwafel" und "Irrweg": Die AfD zerfleischt sich, Höcke mahnt

Erfurt - Die AfD nimmt sich öffentlich auseinander. Thüringens AfD-Landes- und Fraktionschef Björn Höcke (50) fordert ein Ende dieser Art von "Debattenkultur". Die Kritik lässt allerdings nicht lang auf sich warten. Sie kommt von einem ehemaligen AfD-Mitglied und ist scharf.

Thüringens AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzender Björn Höcke (50) kritisiert den öffentlichen Streit. Der schadet seiner Auffassung nach der "ganzen" Partei - im Osten wie im Westen. (Archivbild)
Thüringens AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzender Björn Höcke (50) kritisiert den öffentlichen Streit. Der schadet seiner Auffassung nach der "ganzen" Partei - im Osten wie im Westen. (Archivbild)  © Bodo Schackow/dpa

Verluste, Verluste, AfD. In den letzten zehn Wahlen hat die Partei nur Pleiten kassiert. Die Alternative bröckelt. Vor Kurzem flog man gar sang- und klanglos aus dem Landtag in Schleswig-Holstein raus. Immerhin: Bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen (NRW) gelang am vergangenen Wochenende gerade so der Wiedereinzug in das Landesparlament.

Doch anstatt zumindest nach außen hin Geschlossenheit zu demonstrieren, ebben die öffentlichen Streitereien nicht ab. Im Kreuzfeuer der Kritik steht dabei insbesondere AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla. Der 47-Jährige wurde nach der Wahl in der NRW unter anderem von AfD-Bundesvorstandsmitglied Joana Cotar (49) öffentlich an den Pranger gestellt.

Gegenüber ZDF-heute stellte sie ihm ein katastrophales Zeugnis aus: "Mit Tino Chrupalla endet die Erfolgsgeschichte der AfD. Er bildet weder die gesamte Partei ab, noch überzeugt er bei den Wählern. Darum darf er als Bundessprecher nicht noch einmal antreten."

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In Bezug auf den Kurs Chrupallas im Ukraine-Krieg soll AfD-Vorstandsmitglied Alexander Wolf (55) zudem mitgeteilt haben, dass dies ein "Irrweg" sei, "der die AfD fast eine weitere Landtagsfraktion gekostet hätte".

Stefan Möller: "Meine Hochachtung all denen, die trotzdem dagegen halten"

Thüringens AfD-Landessprecher Stefan Möller (47, rechts) erntete für einen Kommentar, der wohl gar nicht gegen die westdeutsche AfD gerichtet war, prompt eine Stichelei - gegen die Ost-AfD. (Archivbild)
Thüringens AfD-Landessprecher Stefan Möller (47, rechts) erntete für einen Kommentar, der wohl gar nicht gegen die westdeutsche AfD gerichtet war, prompt eine Stichelei - gegen die Ost-AfD. (Archivbild)  © Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

Und wer sollte das Zepter in Zukunft übernehmen? Björn Höcke (50) etwa? Zumindest scheint Thüringens AfD-Chef einen Sitz im Bundesvorstand nicht mehr auszuschließen.

Doch der Rechtsaußen Höcke, der insbesondere in Thüringen einen starken Rückhalt genießt, ist bundesweit gesehen nicht nur außerhalb, nein, auch innerhalb der Partei umstritten.

Deutliche Kritik an einer potenziellen AfD-Spitze mit dem Thüringer AfD-Politiker fand speziell Uwe Junge (64), der im vergangenen Jahr aus der Alternative ausgetreten ist. "Den Todesstoß wird sich die Partei mit der Wahl eines Björn Höcke in den Bundesvorstand auf dem Bundesparteitag in Riesa selbst versetzen" (Rechtschreibung in sämtlichen Kommentaren übernommen), teilte der ehemalige AfD-Fraktionsvorsitzende im Landtag Rheinland-Pfalz am Dienstagmorgen via Facebook mit.

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Zudem warf er der Thüringer AfD indirekt vor, die Arbeit der westdeutschen AfD zu erschweren. "Ohne Euer borniertes Ost-Geschwafel und katastrophale Personalauswahl (Höcke, Kalbitz u. a.) wäre es im Westen auch einfacher", schrieb Junge auf Twitter und bezog sich dabei auf einen Kommentar von Thüringens AfD-Landessprecher Stefan Möller (47).

Der hatte via Twitter geschrieben: "Tief im Westen ist man mit Klankriminalität, Sprit- & Energiepreisen, Inflation, inhaltslosem Geschwafel von Studienabbrechern, Gehirnwäsche durch Staatsfunk & Deindustrialisierung hoch zufrieden. Meine Hochachtung all denen, die trotzdem dagegen halten."

Uwe Junge: Ehemaligen DDR-Bürgern fehlen "einige Entwicklungsstufen"

Rundumschwung: Uwe Junge (64) teilt öffentlich in Richtung seiner ehemaligen Parteikollegen Björn Höcke (50), Stefan Möller (47) und ganz Ostdeutschland aus. (Archivbild)
Rundumschwung: Uwe Junge (64) teilt öffentlich in Richtung seiner ehemaligen Parteikollegen Björn Höcke (50), Stefan Möller (47) und ganz Ostdeutschland aus. (Archivbild)  © Andreas Arnold/dpa

Höcke stellte angesichts der öffentlich ausgetragenen Zwistigkeiten auf Facebook fest: "Uns nicht wohlgesonnene Redakteure reiben sich die Hände: Angesichts der bevorstehenden AfD-Bundesvorstandswahl bedienen wieder besonders ambitionierte Parteifreunde die Presse." Verlierer dieser "Schmutzkampagnen" sei jedoch am Ende immer die "ganze" Partei.

"Nichts schadet uns mehr, als öffentlicher Streit, noch dazu auf unterem Niveau", so Höcke, der auf einem Foto im Rahmen des Beitrags ernst dreinblickt. Daneben steht: "Debattenkultur".

Nach Ansicht des 50-Jährigen seien diejenigen, welche öffentlich 'Schuldige' markieren, "nur um sich selbst für den kommenden Bundesvorstand ins Gespräch zu bringen", "sicherlich" nicht Teil der Lösung. Und "vermutlich" seien sie daran auch gar nicht interessiert, so Höcke.

Uwe Junge ließ den Beitrag nicht unkommentiert stehen. Auf Facebook schrieb er: "Du nicht? Wie wäre es mit einem wenig Bettnässer oder andere Nettigkeiten. Mit Dir geht der Laden endgültig unter."

Dabei dürfte sich Junge wohl auch auf Chrupallas Äußerung auf der Wahlnachlese in Berlin bezogen haben. Der hatte am Montag in Bezug auf die parteiinternen Unstimmigkeiten gesagt: "Das ist wie früher beim Camping. Ich vergleich' das immer so: Da haben sich immer diejenigen beschwert, dass es nass im Zelt ist, und es waren diejenigen, die auch ins Zelt hinein gepinkelt haben. Und das muss aufhören."

Doch Junge, der Höcke damit indirekt vorwirft, selbst zu diesen Differenzen in der AfD beizutragen, teilte noch weiter aus. In der unter dem geteilten Beitrag entbrannten Diskussion schrieb er als Antwort auf den Kommentar eines Twitter-Nutzers: "Den Ossis ist noch viel mehr fremd. Wer in einem sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat groß geworden ist, dem fehlen halt einige Entwicklungsstufen."

Titelfoto: Bodo Schackow/dpa

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