Von Monika Wendel
Potsdam - Ein Schulleiter verhindert ein Praktikum bei der brandenburgischen AfD-Landtagsfraktion und sieht sich danach einer Welle aus bösen Kommentaren und Drohungen ausgesetzt. Darf er das überhaupt? Nun hat sich eine Bildungsexpertin zu der Entscheidung zu Wort gemeldet.
Sie hält die Haltung des Schulleiters für richtig und nachvollziehbar. "Der Schulleiter ist seinem Bildungs- und Schutzauftrag nachgekommen, indem er die Würde des Menschen als obersten Maßstab ernst nimmt und Schülerinnen und Schüler vor menschenfeindlichen Ideologien schützt", sagte die Universitätsprofessorin für Erziehungs- und Sozialisationstheorie, Nina Kolleck, der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam.
Der Schulleiter aus dem Kreis-Potsdam-Mittelmark untersagte ein Schülerbetriebspraktikum für einen Schüler einer 10. Klasse in der AfD-Fraktion des Landtages, wie das Bildungsministerium bestätigte. Die AfD-Landtagsfraktion hatte dies als inakzeptabel kritisiert und den Fall vergangene Woche in sozialen Medien öffentlich gemacht.
Es folgte eine Flut von Hasskommentaren und auch Drohungen gegen den Schulleiter: Er solle sofort entlassen werden, er gehöre an den Pranger, solle abgeschoben werden, auch von "aufhängen" war zu lesen. "Die Eltern sollten sich den Typen mal vornehmen", hieß es. Laut Bildungsministerium in Potsdam gab es auch E-Mails mit "unangemessenen verbalen Angriffen".
Mehrere Medien berichteten über den Fall. Der besagte Schüler hatte nach Angaben der AfD-Fraktion bereits ein Praktikum bei der AfD gemacht und wollte nun noch ein weiteres absolvieren.
Expertin: Lehrkräfte müssen auch Haltung zeigen
Die Behörde von Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) hält die Entscheidung der Schulleitung gegen das Praktikum für richtig.
Lehrkräfte müssten sich an der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, dem Grundgesetz sowie den Schulgesetzen der Länder orientieren, sagte die Universitätsprofessorin Kolleck.
Da die AfD in Brandenburg vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft werde, könne eine Schulleitung im Rahmen ihres pädagogischen Ermessens und zur Wahrung des Schulfriedens entscheiden, ein solches Praktikum nicht zu genehmigen und dies fachlich begründen.
Eine gesetzlich normierte allgemeine Neutralitätspflicht für Lehrkräfte gebe es nicht, so Kolleck. Es gelte das parteipolitische Neutralitätsgebot des Staates und für Lehrkräfte eine Pflicht zu professioneller Zurückhaltung im Amt. Indoktrination – etwa Werbung für Parteien oder die Vorgabe, eine bestimmte Partei zu wählen – sei unzulässig.
Nach dem sogenannten Beutelsbacher Konsens – Grundsätzen für die politische Bildung an Schulen – ist es nicht erlaubt, Schüler im Sinne erwünschter Meinungen zu überrumpeln und damit an der "Gewinnung eines selbstständigen Urteils" zu hindern. Der Konsens gelte als pädagogische Leitlinie, nicht als Gesetz, sagte Kolleck.