Unions-Fraktionsvize Müller: Stehen bereit, wenn Ampel scheitern sollte

Dresden/Berlin - Noch kann sich Sepp Müller (33) ganz seiner Arbeit als Fraktionsvize von CDU/CSU im Bundestag widmen. Doch was geschieht, wenn die Ampel an der aktuellen Krise zerbricht? Im letzten Teil unserer Interview-Reihe stellt der Wittenberger seine aktuelle Aufgabe näher vor und gibt Ausblick auf eine fiktive Zukunft.

CDU/CSU-Fraktionsvize Sepp Müller (33)
CDU/CSU-Fraktionsvize Sepp Müller (33)  © Amac Garbe

TAG24: Herr Müller, Sie kommen aus der Protestantenhochburg Wittenberg, sind Unions-Fraktionsvize und dennoch konfessionslos - wie passt das zusammen?

Müller: Ich glaube, ich bin der typische ’89 geborene Ostdeutsche, der das in einer Volkspartei widerspiegelt. Wenn Sie noch weitergehen wollen - unverheiratet, ein Kind - dann ist das noch ein Anteil derjenigen, die wir als Volkspartei spiegeln. Ich sehe da keinen Widerspruch, weil das christliche Menschenbild nichts mit der Konfession zu tun hat.

TAG24: Was kann man sich unter ihrem Job als Fraktionsvize vorstellen?

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Müller: Wir haben Themenbereiche, wobei ich für die neuen Bundesländer, Sport- und Ehrenamt, Petitionen und Gesundheit zuständig bin. In diesen Bereichen koordinieren Sie die Fachpolitiker, greifen Themen auf, machen Osttouren und sprechen mit den Menschen, geben dem Themenbereich ein Gesicht, sind Ansprechpartner für die Medienvertreter und versuchen - Politik soll ja Zukunft gestalten - in die Zukunft zu denken.

Und das koordinieren Sie als Stellvertreter mit einem großen Team und den Fachpolitikern dahinter. Obendrauf sind Sie Bestandteil des geschäftsführenden Fraktionsvorstandes, in dem alle in ihren jeweiligen Themenbereichen sitzen.

Fühlen sich Unions-Politiker nur mit Titel wohl?

Sepp Müller sprach auf dem TAG24-Campus mit Politikredakteur Paul Hoffmann (29, l.) und Reporter Erik Töpfer (22, M.).
Sepp Müller sprach auf dem TAG24-Campus mit Politikredakteur Paul Hoffmann (29, l.) und Reporter Erik Töpfer (22, M.).  © Amac Garbe

TAG24: Ihre Fraktion hat 197 Mitglieder, die 12 Stellvertreter haben. Fühlen sich Unions-Abgeordnete nur mit Titeln wohl?

Müller: Wir brauchen keinen Titel, um Ergebnisse zu erzielen. Wir haben aber in unserem Bereich festgestellt, dass beispielsweise der Osten einen extra Stellvertreter braucht.

Gesundheit kam hier noch dazu, was im Übrigen keine andere Fraktion hat und da sehen Sie, wie wichtig uns die Themen sind. Deswegen haben wir 11 + Einen - den CSU-Landesgruppenvorsitzenden, der auf dem Papier Stellvertreter ist - weil uns die Themen der Menschen wichtig sind. Andere setzen andere Prioritäten.

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TAG24: Sind sie froh, dieser Tage nicht regieren zu müssen?

Müller: Nein. Ich bin fest überzeugt, dass eine unionsgeführte Bundesregierung dieses Land anders durch die Krise steuern würde. Und das sage ich ohne Häme. Ich schätze viele SPD-Kollegen, doch das, was wir gerade sehen, habe ich in den vier Jahren, in denen ich dabei war und in den 16 Jahren mit vielen, vielen Krisen denken kann, in der Union so noch nicht gesehen.

TAG24: Wobei sich die Krisen „in ihrer Zeit“ die Hand gegeben haben, während sie jetzt scheinbar gleichzeitig passieren.

Müller: Ich erinnere mich zum Beispiel an die Griechenland-Krise, als alle Kollegen aus dem Urlaub zurückbeordert wurden zu einer Sondersitzung, in der es 500 Seiten Papier in 24 Stunden zu lesen gab und am Ende die Entscheidung stehen musste: "Griechenland, friss oder stirb, bist du dabei oder nicht?" Wir hatten während Corona den größten Anstieg von Kurzarbeit, wir hatten Lieferkettenschwierigkeiten … jede Krise hat eine unterschiedliche Pointierung.

Müller: Die Union war vielleicht langweilig, aber...

Was würde die Union machen, wenn die Ampel an der aktuellen Krise zerbricht?
Was würde die Union machen, wenn die Ampel an der aktuellen Krise zerbricht?  © Amac Garbe

TAG24: Welche war das bei Corona?

Müller: Bei Corona ging es das erste Mal ums Leben. Und ja, das setzt sich jetzt bei diesem Krieg fort. Dort werden Menschen getötet, und das nimmt man natürlich anders wahr. Ich würde die Krisen aber nicht abwägen wollen. Ich kann nur feststellen, dass in der Kommunikation die Union vielleicht langweilig war, wie viele sagen. Dafür aber sicher in der Führung dieses Landes.

TAG24: Bei Corona ging’s ums Leben, jetzt ums Überleben. Nehmen wir an, die Ampel scheitert, Millionen Haushalte stecken in der Privatinsolvenz und die CDU übernimmt den Haufen. Was machen Sie?

Müller: Völlig berechtigte Frage! Wir haben bereits einige Anträge eingebracht, die das entstandene Chaos aufhalten sollten. Im Februar forderten wir zum Beispiel die AKWs weiterlaufen zu lassen, bei Gas den Biogasdeckel wegzunehmen, eine Planungsbeschleunigung auf den Weg bringen, damit wir den Strom aus Ost und Nord in den Süden bekommen.

Der Gas-Basis-Preis ist so ein Thema, bei dem wir sagen, dass wenn jemand 90 Prozent des Durchschnittsverbrauchs verbraucht, soll er den normalen Preis zahlen. Es muss ein Anreiz geben.

TAG24: Und was ist mit dem Verbrauch, der darüber hinaus geht?

Müller: Alles, was darüber hinaus geht - weil man vielleicht Besserverdiener ist und es einem deshalb egal ist - muss höher bepreist werden, um den Günstigeren zu subventionieren. Das sind Antworten auf die Fragen, aber Sie haben natürlich recht, wenn wir als Union zu spät wieder das Ruder übernehmen, dann hoffe ich nicht, dass sich rot-grün wiederholen wird mit 5 1/2 Millionen Arbeitslose, die wir auf 2 1/2 Millionen gesenkt haben.

Wir stehen zu unserer staatspolitischen Verantwortung und wenn es einen Führungswechsel im Kanzleramt geben sollte, werden wir unserer Verantwortung gerecht.

Titelfoto: Amac Garbe

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