Hannover - Als am Dienstag im niedersächsischen Landtag der SPD-Politiker Olaf Lies (58) zum neuen Ministerpräsidenten gewählt wurde, saß eine Person, um die es in den vergangenen Wochen eher ruhig geworden war, auffällig gut gelaunt im Publikum: Alt-Kanzler Gerhard Schröder (81, SPD).
Anfang Februar hatte der SPD-Politiker überraschend mitgeteilt, sich zur Behandlung eines schweren Burnout-Syndroms in eine Klinik begeben zu haben.
Nun zeigte Schröder sich bei der Ministerpräsidentenwahl gemeinsam mit seiner Frau So-yeon Schröder-Kim (55) seit Bekanntwerden seiner Diagnose das erste Mal in der Öffentlichkeit. Fotos zeigen den Altkanzler beim freundlichen Austausch mit Ex-Bundespräsident Christian Wulff (65, CDU) auf der Besuchertribüne des Landtags.
Schröders behandelnder Arzt hatte sich im Februar angesichts des Gesundheitszustands des damals 80-Jährigen alarmiert geäußert: "Herr S. leidet an einem schweren Burnout-Syndrom mit den typischen Zeichen einer tiefgreifenden Erschöpfung und stark ausgeprägtem Energiemangel."
Dazu kämen "Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten sowie Schlafstörungen". Auch eine "verringerte emotionale Belastbarkeit" konstatierte der Arzt in seiner Stellungnahme gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Alte Weggefährten hatten sich angesichts des Zustandes des gebürtigen Niedersachsens ebenfalls besorgt geäußert.
Bereits im Januar war Schröder gesundheitlich angeschlagen
Bereits zuvor hatte Schröder im Januar eine Befragung im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern aus gesundheitlichen Gründen absagen müssen. Der Untersuchungsausschuss zum Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 hatte den SPD-Politiker als Zeuge geladen und erhoffte sich Informationen über Geschäfte rund um die Planung, Vergabe und den Bau des Projekts.
Den Bau von Nord Stream 1 hatte der Niedersachse noch als Bundeskanzler mit auf den Weg gebracht. Nach seiner Kanzlerschaft wurde Schröder dann Aufsichtsratsvorsitzender der Nord Stream AG, die zu 51 Prozent dem russischen staatlichen Energiekonzern Gazprom gehört, und setzte sich für den Bau einer weiteren Pipeline durch die Ostsee ein.
Der für März angesetzte Nachholtermin für die Befragung vor dem Untersuchungsausschuss fiel durch den Klinikaufenthalt dann ebenfalls aus. Ob ein weiterer Versuch seitens des Landtags unternommen worden ist, Schröder vorzuladen, ist zunächst nicht bekannt.