Reiner Haseloff im TAG24-Interview: Wie steht es um die Intel-Ansiedlung, Herr Ministerpräsident?

Magdeburg - Der Jubel war groß, als Intel vor wenigen Monaten erklärte, seine neue Mega-Fabrik in Magdeburg bauen zu wollen. Doch seitdem ist es verhältnismäßig ruhig um das Projekt geworden. Wir haben für Euch bei Ministerpräsident Reiner Haseloff (69) einmal nachgehakt, wie denn der aktuelle Stand ist.

Ministerpräsident Reiner Haseloff (69, CDU) zu Gast im TAG24-Büro in der Grünen Zitadelle.
Ministerpräsident Reiner Haseloff (69, CDU) zu Gast im TAG24-Büro in der Grünen Zitadelle.  © Holm Helis

TAG24: In Magdeburg werden die Weichen auf Zukunft gestellt, Intel soll mit einer Mega-Fabrik kommen. Doch während beispielsweise in Dresden Kanzler Scholz groß mit Konkurrent Infineon feierte, hört man von Intel nur noch wenig …

Reiner Haseloff: Von der Größenordnung sind die beiden Projekte nicht vergleichbar. Intel will in einem in Deutschland nie dagewesenen Stil neu bauen, Infineon erweitert sein Werk.

Intel will sich neu aufstellen und die Chipproduktion der Zukunft investieren. Es war die Frage, ob dies allein in den USA geschieht oder ein europäischer Standort aufgebaut wird. Die Entscheidung ist bekanntlich für Europa, für Sachsen-Anhalt gefallen.

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Der Beginn ist jetzt möglich geworden durch die europäische Entscheidung, dass man mit enormen Fördersummen eine solche Ansiedlung beihilferechtlich unterstützen kann - durch den sogenannten Chips-Act.

TAG24: Wie ist da der aktuelle Stand?

Haseloff: Die Verhandlungen zwischen dem Bund und dem Unternehmen laufen. Das Projekt ist vor dem Ukraine-Krieg zu den damaligen Kosten entwickelt worden und natürlich haben wir weltweit Veränderungen an den Märkten erlebt, z. B. steigende Energiekosten. All dies hat natürlich Auswirkungen, die berücksichtigt werden müssen.

Ministerpräsident Haseloff: Die Bundesregierung muss ihre Hausaufgaben machen

Die Ansiedlung von Intel ist für die gesamte Magdeburger Region eine riesige Chance.
Die Ansiedlung von Intel ist für die gesamte Magdeburger Region eine riesige Chance.  © dpa/Ralf Hirschberger

TAG24: Ein Werk in diesen Ausmaßen braucht bestimmt auch ordentlich Strom. Ist die Versorgung schon sichergestellt?

Haseloff: Natürlich können wir genügend Energie bereitstellen. Ich sehe jedoch weniger die Energiemenge als ein Problem an - Sachsen-Anhalt ist bei der Produktion erneuerbarer Energie in Deutschland in der Spitzengruppe - als vielmehr den Strompreis. Deshalb sind wir mit dem Bund gerade dabei, diese Rahmenbedingungen zu setzen.

Wir brauchen einen vernünftigen Industriestrompreis. Dieser Prozess läuft jetzt und ich bin zuversichtlich, dass wir hier zu einer Lösung kommen.

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TAG24: Sehen Sie uns als Land da gut aufgestellt?

Haseloff: Wir müssen auf der Hut sein. Deutschland ist abgerutscht im Ranking der Industrieländer, was die Rahmenbedingungen anbelangt. Die Planungsverfahren dauern zu lange, Strom und Energie sind zu teuer. Wir müssen bisheriges günstiges Pipeline-Gas substituieren, beispielsweise durch LNG.

Die privaten Belastungen werden steigen, auch durch die Wärmewende. Hier muss die Bundesregierung ihre Hausaufgaben machen, damit Deutschland auch künftig ein wettbewerbsfähiger Standort ist.

TAG24: Würden Sie sich beim Thema Energie auch manchmal wünschen, ein eigenes Atomkraftwerk zu betreiben?

Haseloff: Nach Entscheidung der EU ist es eine nachhaltige Form der Energieerzeugung, verursacht dabei kein CO2. Wir steigen aber aus der Atomkraft wie der Kohle aus. Das habe ich zu akzeptieren. Jetzt muss es darum gehen, die erneuerbaren Energien so weit zu ertüchtigen, dass sie eine sichere und bezahlbare Energieversorgung für Deutschland garantieren können.

Deutschland als Maß aller Dinge ist kein zukunftsfähiges Konzept

Haseloff im Gespräch mit TAG24-Politikredakteur Paul Hoffmann, Magdeburg-Redakteurin Lena Schubert (r.) und Reporterin Saskia Hotek.
Haseloff im Gespräch mit TAG24-Politikredakteur Paul Hoffmann, Magdeburg-Redakteurin Lena Schubert (r.) und Reporterin Saskia Hotek.  © Holm Helis

TAG24: 6,8 Milliarden Euro an Fördermitteln sind Intel bereits zugesagt, zehn Milliarden fordert das Unternehmen. Wie weit wollen Sie da noch mitgehen?

Haseloff: Das Land Sachsen-Anhalt subventioniert Intel nicht direkt. Das wäre für uns nicht nur eine Nummer zu groß. Aber natürlich schaffen wir Rahmenbedingungen, z. B. durch den Ausbau von Infrastruktur. Hier sind wir schon auf einem sehr guten Weg.

Was die eigentliche Ansiedlungsförderung betrifft, da hat die EU durch den Chips-Act wichtige Voraussetzungen geschaffen. Die Verhandlungen laufen jetzt zwischen dem Kanzleramt und Intel.

TAG24: Und Sie als Ministerpräsident/Land müssen dasitzen und drehen Däumchen?

Haseloff: Nein, wir arbeiten jeden Tag weiter. Es läuft die Vorbereitung des Baufelds, die notwendigen archäologischen Grabungen laufen und die Planungsverfahren sind auf gutem Wege. Sobald das endgültige Paket steht, kann es sofort losgehen.

TAG24: Verzweifeln Sie manchmal, dass es immer nur Widersprüche gibt?

Haseloff: Widersprüche sind da, um gelöst zu werden. Daran arbeiten wir. Die Spielregeln geben manchmal andere vor. Zu glauben, dass alles von Deutschland abhängt und wir das Maß aller Dinge sind, das ist kein zukunftsfähiges Konzept.

Am morgigen Mittwoch lest Ihr dann, was Reiner Haseloff an Sachsen-Anhalt so liebt und wo er das Land in 25 Jahren sieht. Außerdem erklärt er noch einmal ausführlich, was es mit dem neuen Zukunftszentrum in Halle auf sich hat.

Titelfoto: Holm Helis

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