Riskant oder sinnvoll? Bundesregiereung will Aktien-Rücklage für die Rente schaffen
Berlin - Bundesfinanzminister Christian Lindner (44, FDP) hat seine Pläne zur Finanzierung der Rente über den Kapitalmarkt vorgestellt. Das Risiko bei dem Konzept des "Generationenkapitals" trage dabei der Bund. Arbeitsminister Hubertus Heil (50, SPD) verspricht Transparenz.
Lindner stellte das Konzept des Generationenkapitals vor: Der Bund will aus öffentlichen Mitteln Stück für Stück einen Kapitalstock aufbauen, aus dessen Erträgen in etwa 15 Jahren die Rentenbeiträge und das Rentenniveau stabilisiert werden sollen.
Sollten die geplanten Anlagen mal weniger Rendite abwerfen, werde das aus dem Bundeshaushalt kompensiert, sagte der FDP-Politiker am Freitag in Berlin.
Derzeit wird die gesetzliche Rente nicht nur durch die Beiträge, sondern in erheblichem Maße auch durch Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt finanziert - im vergangenen Jahr mehr als 100 Milliarden Euro.
Angesichts des demografischen Wandels sei das langfristig nicht tragbar, erklärte Lindner.
Der Bund will 10 Milliarden Euro anlegen
In einem ersten Schritt sollen in diesem Jahr deshalb 10 Milliarden Euro, die der Bund aus Darlehen finanziert, über eine Stiftung am Kapitalmarkt angelegt werden.
In den kommenden Jahren solle das Generationenkapital über Zinsen und weitere Einzahlungen zu einem dreistelligen Milliardenbetrag ausgebaut werden.
Bei den Anlagen gehe es nicht um eine maximale Rendite, was viel Risiko bedeute, sondern um stabile und zugleich profitable Anlagen. Dabei würden auch soziale und nachhaltige Kriterien angelegt.
"Das ist nichts, was wir uns einfallen lassen, damit wir alle nicht mehr privat vorsorgen sollen", betonte Lindner.
Es gehe darum, die gesetzliche Altersversorgung zu stabilisieren. Zugleich arbeite das Finanzministerium auch an einer Reform der privaten Vorsorge.
Arbeitsminister Heil: Arbeiten bis 67 ist "lebensfremd"
Mit der Aktienrücklage will die Ampel-Koalition dabei Neuland in der Geschichte der Bundesrepublik betreten.
Arbeitsminister Heil betonte: "Wichtig ist, dass das Geld gut, sicher und langfristig angelegt wird." Worin genau investiert wird, soll transparent veröffentlicht werden.
Heil verkündete zudem, sein lang erwartetes Rentenpaket in den nächsten Wochen auf den Weg bringen zu wollen und damit das Rentenniveau dauerhaft zu sichern.
Arbeitgeber-Forderungen, das Rentenalter an die steigende Lebenserwartung zu knüpfen, schmetterte Heil ab. "Eine Erhöhung über das 67. Lebensjahr hinaus wäre lebensfremd", so der Arbeitsminister.
Generationenrente: "Risikoreiches Experiment"
Kritik kam unter anderem von Sozialverbänden, den Linken und Gewerkschaften.
"Anstatt nachhaltige Konzepte für eine zukunftsträchtige Finanzierung der Alterssicherung zu entwickeln, ist das Ministerium zu risikoreichen Experimenten bereit", sagte Verena Bentele (40), Präsidentin des Sozialverbands VdK.
Die Vorsitzende des "Sozialverband Deutschland", Michaela Engelmeier (62), sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Der SoVD ist davon überzeugt, dass auf dem Aktienmarkt keine gute Rentenpolitik zu machen ist."
Titelfoto: Jörg Carstensen/dpa, Fabian Sommer/dpa