342 Millionen Euro! Sachsens Kommunen in der Schuldenfalle

Dresden - Schwaches Finanzfundament, geringe Investitionen, am Tropf von Bund und Land - der aktuelle Finanzreport der Bertelsmann-Stiftung bescheinigt Sachsens Kommunen eine desaströse Haushaltssituation. Zum ersten Mal seit 2012 seien Städte, Gemeinden und Landkreise zusammen in tiefrote Zahlen gerutscht.

Studien-Autor René Geißler meint, dass es Sachsens Kommunen angesichts der Ausgabendynamik schwer haben werden, die finanzielle Stabilität zu erhalten.
Studien-Autor René Geißler meint, dass es Sachsens Kommunen angesichts der Ausgabendynamik schwer haben werden, die finanzielle Stabilität zu erhalten.  © PR

Sachsens Kommunen sind laut der Bertelsmann-Studie nur unzureichend für Zukunftsaufgaben gerüstet. So hätten die Städte, Gemeinden und Kreise im Freistaat das Jahr 2022 in Summe mit einem Defizit von 342 Millionen Euro abgeschlossen.

Im Finanzreport heißt es: "Die Investitionen liegen unter dem Bundesdurchschnitt und die Steuererträge sind gering. Die Kommunen bleiben abhängig von Zuweisungen des Bundes und des Landes." In den meisten Kommunen sei das finanzielle Fundament schwach.

"Sie werden ihre wichtige Aufgabe der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit voraussichtlich nicht erfüllen können."

Den Kommunen galoppieren die Kosten beim Bau von Schulen, Turnhallen und Kitas davon, weil hochenergetisch gebaut werden muss.
Den Kommunen galoppieren die Kosten beim Bau von Schulen, Turnhallen und Kitas davon, weil hochenergetisch gebaut werden muss.  © Kristin Schmidt
Die Unterbringung und Integration der vielen Flüchtlinge überfordert Sachsens Kommunen immer mehr.
Die Unterbringung und Integration der vielen Flüchtlinge überfordert Sachsens Kommunen immer mehr.  © Patrick Pleul/dpa
Die Schulden galoppieren davon.
Die Schulden galoppieren davon.  © IMAGO/Steinach

Bürgermeister von Grimma: Sachsen ist "massiv verschuldet"

Kritisiert die Augenwischerei von Bundes- und Landespolitik: Grimmas OB Matthias Berger (parteilos).
Kritisiert die Augenwischerei von Bundes- und Landespolitik: Grimmas OB Matthias Berger (parteilos).  © Ralf Seegers

Zu den Studien-Autoren gehört René Geißler (45), Professor für öffentliche Verwaltung an der Technischen Hochschule Wildau.

Mit Blick auf Sachsen meint er: "Es wird angesichts der Ausgabendynamik und abkühlender Konjunktur schwer, die traditionelle Stabilität der sächsischen Kommunen zu erhalten."

Was das in der Praxis bedeutet, beschreibt Grimmas OB Matthias Berger (55, parteilos) im Gespräch mit TAG24: "Für das tägliche Brot, etwa Schulen und Kitas, müsste unser Haushalt eigentlich ausreichen - aber wir sind heute nicht mal mehr in der Lage, das Notwendigste zu bezahlen."

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Neben stark gestiegenen Preisen für Energie, Material und Bauleistungen, treibt den Stadtchef noch ein anderes Problem um: "Wir laufen als Kommunen ständig ideologischen Zielvorgaben der Politik hinterher, die alles massiv verteuern." Gemeint sind etwa energetische Vorgaben beim Bauen von Schulen, Kitas und Feuerwehrhäusern.

Bundes- und Landespolitik wirft Berger Augenwischerei vor. "Nach den rechtlichen Maßstäben von vor 15 Jahren hätte heute keine Kommune in Sachsen eine Chance, ihren Haushalt durchzubekommen - das geht nur noch über politische Sondererlasse."

Kommunalpraktiker Berger hält das Land für "massiv verschuldet".

"In Berlin wird heute alles ideologisch Erwünschte über sogenannte Sondervermögen finanziert - aber das ist nur die dreiste Bezeichnung für Sonderschulden."

Titelfoto: Montage: PR. Kristin Schmidt, IMAGO/Steinach

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