Doppelt so hoch wie Bundesschnitt: Sachsens Baufirmen beklagen krasse Negativ-Quote

Leipzig/Dresden/Chemnitz - Die Unternehmen der sächsischen Bauindustrie müssen verstärkt gegen Auftragsstornierungen oder die Verzögerung von Bauaufträgen kämpfen.

Sachsen liegt in Sachen Stornierungen und Verzögerungen von Bauaufträgen prozentual mehr als doppelt so hoch wie der Bundesschnitt.
Sachsen liegt in Sachen Stornierungen und Verzögerungen von Bauaufträgen prozentual mehr als doppelt so hoch wie der Bundesschnitt.  © Jan Woitas/dpa

Etwa jedes fünfte Unternehmen (20,5 Prozent) sei betroffen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Ost, Robert Momberg (54). Das sei verglichen mit dem bundesweiten Durchschnitt von 9,1 Prozent im April ein etwa doppelt so hoher Anteil.

Zudem berichteten die Unternehmen von einem schärfer werdenden Preiskampf bei Ausschreibungen. Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei Kommunen zeigt, dass viele Projekte wegen gestiegener Bau- und Finanzierungskosten gestoppt wurden.

"Prinzipiell blicken die Bauunternehmer derzeit mit Sorgenfalten in die Zukunft, da neben den hohen Energie- und Baumaterialpreisen die steigenden Zinsen und das schleppende Ausschreibungsverhalten keinen verlässlichen Planungshorizont bieten", sagte Momberg.

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In Dresden hat die kommunale Wohnungsbaugesellschaft "WiD - Wohnen in Dresden" wegen der gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten die meisten Neubauprojekte im Sommer 2022 gestoppt. Schon begonnene Baustellen sollen jedoch zu Ende gebracht werden, sagte ein Sprecher der Stadtverwaltung.

Zwei Projekte mit zusammen 130 Wohnungen wurden auf Eis gelegt, obwohl die Mittel aus der Landesbauförderung schon zugesagt waren. Für weitere drei Projekte mit zusammen weiteren rund 300 Wohnungen wurde wegen jetzt fehlender Wirtschaftlichkeit erst keine Fördermittel beantragt.

Dem Rotstift zum Opfer gefallen sind der Neubau des Veterinär- und Lebensmittelamtes sowie die Modernisierung zweier Rathäuser in den Stadtteilen Cotta und Pieschen sowie eines Ärztehauses in der Dresdner Neustadt.

Das Rathaus Pieschen in Dresden wird vorerst nicht saniert.
Das Rathaus Pieschen in Dresden wird vorerst nicht saniert.  © Thomas Türpe

Teilweise keine Angebote auf Ausschreibungen

Sven Tauchmann (39, l.), Mario Köhler (39) und dessen Tochter Freya (6) warten dringend auf einen Schulneubau in Chemnitz.
Sven Tauchmann (39, l.), Mario Köhler (39) und dessen Tochter Freya (6) warten dringend auf einen Schulneubau in Chemnitz.  © Uwe Meinhold

"Dass sich die Situation am Markt deutlich verändert hat, spüren wir bei nahezu allen kommunalen Bauprojekten", sagte eine Sprecherin der Stadt Leipzig. "So kommt es vor, dass auf Ausschreibungen keine oder nur wenige Angebote eingehen und die Ausschreibungen wiederholt werden müssen, was zu Verzögerungen führt."

Teilweise hätten sich noch während eines Ausschreibungsverfahrens die Kosten so verändert, dass Ausschreibungen wiederholt werden mussten. Andere Projekte wie etwa die Modernisierung der Zeppelinbrücke hätten sich verzögert. Die Sanierung der Landsberger Straße sei vorerst abgesagt.

"Die Baupreisentwicklungen der vergangenen 14 Monate wurden intensiv
beobachtet und regelmäßig ausgewertet", sagte eine Sprecherin der Stadt Chemnitz. Dabei seien zeitweise Kostensteigerungen bis zu 100 Prozent beobachtet worden. Auch bei den Baumaterialien habe es große Preisschwankungen gegeben - vor allem bei Stahl.

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Die Stadt müsse deshalb bei den Berechnungen einen Risikoaufschlag einkalkulieren. Wenn jedoch Projekte nicht mehr wirtschaftlich seien oder eine Finanzierung nicht mehr sinnvoll begründet werden könne, müssten Bauvorhaben angepasst oder gar gestrichen werden.

Deswegen seien auch in Chemnitz Ausschreibungen aufgehoben worden. Ein geplanter Schulneubau sei nach dem Start der Tiefbauarbeiten abgebrochen worden.

Titelfoto: Bildmontage: Jan Woitas/dpa, Uwe Meinhold

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