Grimma - Die "Errichtung einer Diktatur" musste sich die Politik zuletzt vorwerfen lassen, gar die Entmachtung des Parlaments. Alles dick aufgetragen, zumal der Bundestag diskutierte und gesetzgeberisch tätig wurde. Doch in einem Dorf bei Grimma schaffte es ein Bürgermeister tatsächlich, den Gemeinderat für ein ganzes Jahr auszuschalten und als Alleinherrscher zu regieren.

Im März 2020 trat der Gemeinderat des 1400-Seelen-Dorfes Otterwisch noch einmal ordentlich zusammen. Doch auch als spätestens ab Juni in den Nachbargemeinden wieder Ratssitzungen abgehalten wurden, verschickte Bürgermeister Matthias Kauerauf (58, Wählervereinigung) keine Einladungen.

Angeblich gibt es im Ort keinen Raum, in dem unter Einhaltung der Hygienebestimmungen getagt werden kann.

Kauerauf: "Die Turnhalle und der Speisesaal der Grundschule bieten als einzige genügend Platz, doch laut Verordnung des Freistaates durften Schulen nicht betreten werden." Das teilte er so auch der immer wieder drängenden Rechtsaufsicht des Landkreises mit. Außerdem gäbe es nichts Dringendes zu entscheiden.

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Die fehlenden Beschlüsse des Dorfparlamentes ersetzte er durch "Eilentscheidungen" des Bürgermeisters. Dabei überschritt er auch mehrfach das Limit der dafür in der Hauptsatzung vorgesehenen 2500 Euro.

Erst als die entmündigten Gemeinderäte in ihrer Not Landrat Henry Graichen (44, CDU) einschalteten, gab es im März 2021 erstmals wieder eine Sitzung. Seine bisher getroffenen Entscheidungen gab der Bürgermeister zu Protokoll, lehnte eine Diskussion aber ab.

Die Kommunalaufsicht des Leipziger Landkreises hat sich den Vorgang jetzt auf den Tisch gezogen – die Prüfungen dauern noch an.