Flugzeugteile, Funktechnologie, Maschinen: So kaufen Chinesen Know-how in Sachsen auf

Leipzig - Der umstrittene Hamburger Hafen-Deal, die Übernahme des E-Bike-Ausrüsters Pendix - die Chinesen sind in Deutschland wieder auf Einkaufstour. Auch in Sachsens Wirtschaft hat sich die kommunistische Volksrepublik eingekauft. Was einerseits rund 7500 Arbeitsplätze neu schuf oder sicherte, anderseits aber auch zu einem teils brisanten Abfluss sächsischer Ingenieurskunst und Spitzentechnologie führte.

Cotesa-Gründer Jörg Hüsken (60) mit einem Airbus-Modell in der Hand. Im Jahr 2018 verkaufte er seine auf Flugzeugteile spezialisierte Firma an einen chinesischen Staatskonzern.
Cotesa-Gründer Jörg Hüsken (60) mit einem Airbus-Modell in der Hand. Im Jahr 2018 verkaufte er seine auf Flugzeugteile spezialisierte Firma an einen chinesischen Staatskonzern.  © Sven Gleisberg

Nach Auswertung aktueller Wirtschaftsdatenbanken seien bislang 49 Unternehmen im Freistaat bekannt, die mehrheitlich von chinesischen Anteilseignern übernommen wurden, teilte die landeseigene Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH auf TAG24-Anfrage mit.

Zu den bislang bedeutendsten chinesischen Übernahmen gehören Pendix Zwickau (2022), der Mittweidaer Flugzeugteile-Hersteller Cotesa (2018), der Elektromaschinenhersteller VEM Sachsenwerk Dresden (2017) sowie das Kugel- und Rollenlagerwerk Leipzig (2013).

Vor allem der Cotesa-Deal war hochumstritten. Denn der Hersteller von Kohlefaserverbundbauteilen beliefert Airbus und Boeing, mithin Unternehmen der westlichen Rüstungsindustrie.

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Übernommen wurde der Mittelständler mit seinen Werken in Mittweida und Mochau von einer Tochter des chinesischen Konzerns China Iron & Steel Research, der als Staatsunternehmen direkt dem Staatsrat der Volksrepublik untersteht.

Im Jahr 2019 eröffnete Cotesa im chinesischen Changzhou ein weiteres Werk. Sächsisches Know-how fließt nun direkt in die chinesische Flugzeugindustrie, etwa an den staatlichen Flugzeugbauer Comac.

Die Zwickauer Firma Pendix macht aus Fahrrädern E-Bikes. Erst kürzlich erwarb Johnson Electric aus Hongkong 80 Prozent der Firmenanteile.
Die Zwickauer Firma Pendix macht aus Fahrrädern E-Bikes. Erst kürzlich erwarb Johnson Electric aus Hongkong 80 Prozent der Firmenanteile.  © Klaus Jedlicka

Bislang keine chinesische Investitionen in sächsische Infrastruktur

Chinas Staatslenker Xi Jinping (69) strebt nach der Weltherrschaft. Der Plan der Kommunistischen Partei ist es, die Volksrepublik bis 2049 zur führenden Industrienation zu machen.
Chinas Staatslenker Xi Jinping (69) strebt nach der Weltherrschaft. Der Plan der Kommunistischen Partei ist es, die Volksrepublik bis 2049 zur führenden Industrienation zu machen.  © Li Xueren/XinHua/dpa

Für Investitionen in Hoch- und Zukunftstechnologien bestehe eine Meldepflicht, da Sicherheitsinteressen berührt sein könnten, erklärte Sachsens Wirtschaftsministerium auf Anfrage. Die Meldepflicht greife bei einer Beteiligung ab 20 Prozent, in besonders sicherheitssensiblen Infrastrukturen ab zehn Prozent.

Doch nicht Sachsen prüft, sondern das Bundeswirtschaftsministerium, das nach monatelangem Zögern schließlich den Cotesa-Deal absegnete.

Geprüft und letztlich durchgewunken wurde 2018 auch die nicht minder brisante Übernahme des Dresdner Funktechnologie-Herstellers Commsolid durch den chinesischen Halbleiterkonzern Goodix, der auf Biometrie-Software und Fingerabdruck-Sensoren spezialisiert ist.

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Von der Außenwirtschafts-Kontrolle ausgenommen sind hingegen sogenannte "Greenfield-Investments", wenn also chinesische Unternehmen in Sachsen ohne Übernahmen Firmen quasi auf der "grünen Wiese" gründen. Dazu zählen etwa die Mingzhi Technology GmbH, die in Markranstädt bei Leipzig Gießereikerne produziert, und die Torgauer Pilzzucht Mushroom Park.

Laut Wirtschaftsministerium sind durch chinesische Übernahmen und Beteiligungen im Freistaat bislang rund 7500 Arbeitsplätze neu geschaffen bzw. gesichert worden.

Die rote Flagge der Volksrepublik weht an immer mehr sächsischen Wirtschaftsstandorten. Laut Bundesbank-Statistik investierten Chinesen bis Ende 2020 offiziell rund 439 Millionen Euro in Sachsen.
Die rote Flagge der Volksrepublik weht an immer mehr sächsischen Wirtschaftsstandorten. Laut Bundesbank-Statistik investierten Chinesen bis Ende 2020 offiziell rund 439 Millionen Euro in Sachsen.  © Ralf Hirschberger/dpa

Investitionen der roten Volksrepublik in sächsische Infrastruktur wie Häfen, Bahnanlagen oder Straßen gebe es bislang nicht, versicherte das Ministerium auf Anfrage.

Titelfoto: Bildmontage: Ralf Hirschberger/dpa, Li Xueren/XinHua/dpa, Klaus Jedlicka, Sven Gleisberg

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