Justizopfer kommen Sachsen teuer zu stehen: Fehlurteile kosten Millionen

Dresden - Fehlurteile: In Sachsen wurden in den vergangenen zehn Jahren Hunderte von Strafverfahren neu aufgerollt und Zigtausende Euro an Justizopfer gezahlt, die unschuldig im Gefängnis saßen oder anderweitig zu Unrecht verurteilt wurden.

Allein im vergangenen Jahr wurden 58 Strafverfahren in Sachsen wieder aufgenommen. 42 davon zugunsten der Verurteilten. Immer wieder sitzen Unschuldige im Gefängnis.
Allein im vergangenen Jahr wurden 58 Strafverfahren in Sachsen wieder aufgenommen. 42 davon zugunsten der Verurteilten. Immer wieder sitzen Unschuldige im Gefängnis.  © DPA/Picture Alliance

Als im März vor einem Jahr Mario H. (27) eine Tankstelle in der Löbtauer Straße in Dresden überfällt, wird nicht er, sondern Sylvio Z. (49) beschuldigt.

Vieles spricht dafür, dass der Überfall tatsächlich auf sein Konto geht. Sylvio Z. wandert in U-Haft, fünf Monate lang. Aber er ist unschuldig. Erst als Mario H. im Zusammenhang mit einer anderen Straftat verhaftet wird, klärt sich der Justizirrtum auf.

Sylvio Z. ist nicht das einzige Justizopfer in Sachsen. Allein 2022 wurden 42 Strafverfahren zugunsten der jeweiligen Beschuldigten wieder aufgerollt.

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Nach einer Statistik des sächsischen Innenministeriums wurden seit 2003 mehr als 500 solcher Fälle registriert - die meisten in den Gerichtsbezirken Dresden, Leipzig und Chemnitz, kein einziger im Bezirk Görlitz.

Die Überwachungskamera der Tankstelle ließ keinen eindeutigen Schluss auf den Täter zu. Viele der Indizien wiesen auf Sylvio Z. - eine Verkettung unglücklicher Umstände.
Die Überwachungskamera der Tankstelle ließ keinen eindeutigen Schluss auf den Täter zu. Viele der Indizien wiesen auf Sylvio Z. - eine Verkettung unglücklicher Umstände.  © Polizei

Unschuldig im Knast? Betroffenen steht Entschädigung zu

Von Dezember 2022 bis April 2023 erwischte es Sylvio Z. (49). Ihm wurde vorgeworfen, eine Tankstelle überfallen zu haben. Erst der wahre Täter trug mit seiner Aussage dazu bei, dass Sylvio aus der U-Haft entlassen wurde.
Von Dezember 2022 bis April 2023 erwischte es Sylvio Z. (49). Ihm wurde vorgeworfen, eine Tankstelle überfallen zu haben. Erst der wahre Täter trug mit seiner Aussage dazu bei, dass Sylvio aus der U-Haft entlassen wurde.  © Peter Schulze

Die Staatskasse kommt das ganz schön teuer zu stehen.

Denn für Fehlurteile gibt es eine staatliche Entschädigung. Sie wird auch für Untersuchungshaft gewährt, die sich im Nachhinein als unbegründet erweist. Pro unschuldig abgesessenem Hafttag zahlt Sachsen seit 2020 genau 75 Euro, zuvor waren es 25 Euro.

Seit 2003 hat der Freistaat so Millionen von Euro gezahlt. 2008 erstattete Sachsen in 67 Fällen genau 829.346,49 Euro, im vergangenen Jahr waren es (nur) rund 200.000 Euro.

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Selbst bei unrechtmäßigem Entzug des Führerscheins oder der Berufserlaubnis gibt's Geld. Allerdings fallen die Entschädigungen in diesem Bereich vergleichsweise übersichtlich aus. In den vergangenen fünf Jahren lagen sie laut LKA im mittleren oder unteren vierstelligen Eurobereich, 2018 und 2020 wurden überhaupt keine derartigen Leistungen gewährt.

Sylvio Z. kann jedoch sehr wohl auf einen finanziellen Ausgleich hoffen. Ihm winken bis zu 10.000 Euro.

Titelfoto: DPA/Picture Alliance

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