Mammutprojekt Zensus: Amt sucht Leute, die es ganz genau wissen wollen

Sachsen - Deutschland macht Inventur!

Der Zensus ist eine moderne Art der Volkszählung. Alle EU-Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, ihn alle zehn Jahre - jeweils am Anfang eines Jahrzehnts - durchzuführen. Wegen Corona kam es zu einer Verschiebung der Durchführung um ein Jahr.
Der Zensus ist eine moderne Art der Volkszählung. Alle EU-Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, ihn alle zehn Jahre - jeweils am Anfang eines Jahrzehnts - durchzuführen. Wegen Corona kam es zu einer Verschiebung der Durchführung um ein Jahr.  © PR/Statistische Ämter des Bundes und der Länder

Nach elf Jahren steht 2022 wieder ein Zensus an. Die moderne Volkszählung ist ein Mammutprojekt.

Über eine Million Menschen, Organisationen und Unternehmen werden allein in Sachsen befragt.

Vorm großen Zählen steht aktuell eine Großfahndung: Die Statistik-Stellen suchen ehrenamtliche Interviewer.

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Ihnen kommt eine Schlüsselrolle beim Zensus zu, denn sie gehen von Haus zu Haus.

Sie helfen bereits mit

Norbert Scholz (42) hat bereits 2011 als ehrenamtlicher Interviewer gearbeitet. Er ist gespannt, wie aufgeschlossen die Menschen dieses Jahr die Befragung begleiten.
Norbert Scholz (42) hat bereits 2011 als ehrenamtlicher Interviewer gearbeitet. Er ist gespannt, wie aufgeschlossen die Menschen dieses Jahr die Befragung begleiten.  © Petra Hornig

"Ich habe 2011 schon beim Zensus als Interviewer mitgemacht und bin dieses Jahr wieder dabei", berichtet Norbert Scholz (42). Der Dresdner hatte damals gerade sein Magister-Studium der Politikwissenschaften abgeschlossen. Er wollte Praxis-Luft schnuppern, konnte das Geld gut gebrauchen.

Jetzt motiviert Scholz vor allem sein Gewissen. Er ist überzeugt: "Diese Datenerhebung ist echt sinnvoll." Norbert Scholz begegnen im Alltag oft Menschen, die Statistiken anzweifeln. Deren Hauptargument: Mich hat keiner gefragt! Scholz: "Skeptikern habe ich als Interviewer darum gern gesagt: Bei dieser Umfrage werden sie gefragt und gehört."

Auch Katrin Braun (54) geht zum zweiten Mal als Zensus-Interviewerin an den Start. Die gerichtlich bestellte Berufsbetreuerin sagt: "Ich mache wieder mit, weil es eine gute Erfahrung war. Ich komme gerne mit Menschen ins Gespräch und helfe geduldig, wenn jemand mit der Technik oder den Fragen Probleme hat."

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Ihr Lebensmotto: Jeder muss mitkommen. Das treibt sie an. "Meinen Lohn werde ich der Ukraine-Hilfe spenden", sagt Dresdnerin.

Aufgabe ohne Helfer kaum zu stemmen

Referatsleiterin Annett Kirschke (51) vom Statistischen Landesamt in Kamenz.
Referatsleiterin Annett Kirschke (51) vom Statistischen Landesamt in Kamenz.  © PR / J. Okon

Die 48 sogenannten Erhebungsstellen in den sächsischen Kommunen wollen insgesamt etwa 6000 Ehrenamtler Aufgaben übertragen. Sie werben aktuell intensiv und händeringend um Unterstützung.

"Ohne die emsigen Helfer wäre diese Aufgabe kaum zu stemmen", sagt Annett Kirschke (51). Sie leitet als Referatsleiterin im Statistischen Landesamt in Kamenz das Zensus-Projekt. Bei ihr laufen alle Fäden zusammen.

Kirschke erklärt: "Der Zensus ist eine Art Bevölkerungsinventur der staatlichen Statistiken. Wir nutzen dafür amtliche Daten aus den Verwaltungsregistern, die wir stichprobenhaft überprüfen und durch Befragungen ergänzen."

Die Aufgabe der Interviewer besteht darin, vor Ort bei den Menschen, in Haushalten oder Wohnheimen Daten entsprechend der amtlichen Vorgaben abzufragen.

Diese gesammelten Informationen werden aufbereitet und für Hochrechnungen benutzt, um den aktuellen Ist-Zustand am Stichtag 15. Mai zu ermitteln.

Ergebnisse werden auf sich warten lassen

Die Zensus-Haushaltsbefragungen werden zwischen Mai und Juni durchgeführt. Wer an der Befragung teilnehmen muss, bekommt entsprechende Post vom Statistischen Landesamt beziehungsweise seiner kommunalen Erhebungsstelle.
Die Zensus-Haushaltsbefragungen werden zwischen Mai und Juni durchgeführt. Wer an der Befragung teilnehmen muss, bekommt entsprechende Post vom Statistischen Landesamt beziehungsweise seiner kommunalen Erhebungsstelle.  © 123RF/jackf

Mit den Zensus-Zahlen wird zukünftig Politik gemacht und über Fördermittel, Investitionen (Straßen, Gesundheit, Bildung), Bauprojekte, die Zuschnitte von Wahlkreisen oder etwa Forschungsaufgaben entschieden. "Allein auf Einwohnermeldedaten beziehen sich in Deutschland etwa 100 Gesetze", merkt Kirschke dazu an.

Die etwa 113.000 Anschriften für die Haushaltsbefragung, die zwischen Mai und Juli stattfindet, stehen schon fest. Von den 570.000 Menschen, die dort wohnen, werden 60 Prozent eingehender befragt - zum Beispiel zu ihrer Wohnsituation, Ausbildung, Arbeit oder ihrem Beziehungsstatus.

Annett Kirschke bestätigt: "Mit den Zensus-Daten lassen sich gefühlte Wahrheiten und Verallgemeinerungen abklopfen, bestätigen oder als Mythen enttarnen."

Bis ein Kompendium mit den Ergebnissen der Inventur für alle öffentlich vorliegt, gehen allerdings noch Monate ins Land. Erst Ende 2023 soll es so weit sein.

Auch zum Thema Wohnen gibt es allerhand Fragen

Dresden spielt mit dem vielen Wohnraum, den es dort gibt, natürlich auch eine wichtige Rolle.
Dresden spielt mit dem vielen Wohnraum, den es dort gibt, natürlich auch eine wichtige Rolle.  © 123RF/eugenz

Wie wohnen die Sachsen? Auch diese Frage klärt der Zensus 2022 - im Rahmen einer Gebäude- und Wohnungszählung.

Sie startete bereits Anfang Oktober 2021. Insgesamt 900.000 Eigentümer und Verwalter von Gebäuden mit Wohnraum werden dazu angeschrieben und müssen Informationen erteilen.

Annett Kirschke vom Statistischen Landesamt: "Die ausgewählten auskunftspflichtigen Personen erhalten einen Brief mit Zugangsdaten für den Online-Fragebogen, über den die geforderten Auskünfte zum Eigentumsverhältnis einfach und schnell erteilt werden können."

Etwa 10 Minuten Aufwand bedeutet das. Wer die offiziellen Schreiben ignorieren will, ist schlecht beraten. Das kann mit einem Zwangsgeld in Höhe von mindestens 150 Euro in Sachsen geahndet werden.

Wie wird man Interviewer?

Von den Interviewern wird erwartet, dass sie zuverlässig und selbstständig arbeiten.
Von den Interviewern wird erwartet, dass sie zuverlässig und selbstständig arbeiten.  © 123RF/antonioguillem

Grundsätzlich kann jeder volljährige Erwachsene, der in Deutschland wohnt, das Ehrenamt übernehmen (Ausnahme Angestellte des Vollzugsdienstes sowie diverser Behörden, um Interessenkonflikte zu vermeiden).

Von den Interviewern wird erwartet, dass sie zuverlässig und selbstständig arbeiten, kommunikativ sowie verschwiegen sind. Für die Befragung wird jeder sogenannte Erhebungsbeauftragte im April geschult.

Die Tätigkeit wird im Schnitt mit 450 Euro entlohnt (Fahrtkosten exklusive). Bewerbungen nehmen die örtlichen Erhebungsstellen noch bis Ende März entgegen.

Infos: zensus2022.de.

Titelfoto: Bildmontage: PR/Statistische Ämter des Bundes und der Länder/123RF/jackf

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