Mutter Anna: Die heilende und kochende Kurfürstin von Sachsen
Dresden - Seinen "First Ladys" war das königstreue Sachsen schon immer zugetan. Ob nach der Wiedervereinigung die Zuneigung zu Landesmutter Ingrid Biedenkopf (90) oder die Verehrung der ehebrechenden Luise von Toscana (1870-1947) - stets schwang Bewunderung mit. Legenden wurden gewoben. Bis heute unübertroffen ist die Verehrung für Anna von Sachsen (1532-1585), genannt "Mutter Anna".
"Nun ja, das 'Mutter Anna' stammt aus dem 19. Jahrhundert", relativiert Katrin Keller (60). Die stellvertretende Institutsdirektorin an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist Spezialistin in Sachen sächsische Regenten. Geboren wurde Keller in Borna. Zu Anna verfasste sie mehrere Publikationen.
"Ihr Vater, Christian III. von Dänemark, verheiratete sie mit August von Sachsen, dem jüngeren Bruder von Moritz", so Keller. "Anna hat alle Möglichkeiten ihres Standes als Kurfürstin genutzt, sie war sicher sehr durchsetzungsstark."
Denn anders als oft vermutet, hatten die weiblichen Oberhäupter am Hof viele Rechte und Pflichten. "Nix nur mit Stricken und Kinderkriegen", so Keller weiter.
"Sie war als politische Beraterin des späteren Kurfürsten tätig. Wenn es offiziell in der Politik klemmte, wirkte sie hinter den Kulissen diplomatisch. Die Ehe mit August muss wohl sehr gut funktioniert haben."
15 Kinder und eine Passion fürs Kochen
Vor allem aber war sie oberste Chefin des höfischen Haushalts, also alles um Küche und Versorgung. Darüber hinaus oblag ihr die komplexe Verwaltung der herrschaftlichen Liegenschaften. "Eine Aufgabe, die viel Sachverstand in Sachen Ökonomie und Landwirtschaft voraussetzt", betont Forscherin Keller.
Ebenso habe sich die immerhin 15-fache Mutter Anna in ihren drei Laboren intensiv mit Medizin auseinandergesetzt, wofür sie Apotheker und Ärzte konsultierte. Ihre Tinkturen und Wässerchen, besonders der Aquavit, waren landesweit gefragt. Gerade bei Frauenleiden wusste sie zu helfen, so die Überlieferungen.
Ihre Kochkünste sollen dermaßen exzellent gewesen sein, dass Anna noch im 16. Jahrhundert ein Kochbuch gewidmet wurde. Übrigens überlebten von den 15 Kindern nur vier: Sohn Christian (1560-1591) sowie drei Mädchen.
Titelfoto: Bildmontage: Repro: Kunsthistorisches Museum Wien, imago images/Jag_cz