Sachsen macht so viele Erbschaften wie noch nie: Leider auch jede Menge Müll und Ruinen

Dresden - Vermüllte Wohnungen, alte Autos, Ruinen - der Freistaat Sachsen macht jährlich gut 1000 Erbschaften.

Wenn Angehörige einen Nachlass ausschlagen oder sich kein Erbe findet, fällt der Nachlass per Gesetz an den Staat, der alles vom Hausrat bis zu Gebäuden übernimmt.
Wenn Angehörige einen Nachlass ausschlagen oder sich kein Erbe findet, fällt der Nachlass per Gesetz an den Staat, der alles vom Hausrat bis zu Gebäuden übernimmt.  © Imago

2022 gab es so viele Neuzugänge wie noch nie in einem Jahr und die bisher höchsten Einnahmen, berichtet Martin Oberacher als Leiter des Geschäftsbereichs Zentrales Flächenmanagement (ZFM) im Staatsbetrieb.

Lukrativ sei das Erben aber nur selten. Per Gesetz fielen vielmehr überschuldete Nachlässe oder solche an das Land, die gerade mal zur Begleichung der Gläubigerforderungen ausreichten. "Wir sind bemüht, innerhalb der Nachlassabwicklungen die 'schwarze Null' zu halten und bestenfalls Erlöse dafür zu erzielen", so Oberacher.

2022 stellten die Nachlassgerichte in 1193 Fällen den Fiskus als Erben fest - 847 mehr als 2021. Der Bestand ging um 384 auf 3483 unfreiwillige Nachlässe zurück, 1615 Fiskalerbschaften wurden abgeschlossen - 115 mehr als 2021.

Meerane: Blick in ein vermülltes Zimmer eines dem Freistaat zugefallenen Hauses. Sachsen macht jährlich gut 1000 Erbschaften.
Meerane: Blick in ein vermülltes Zimmer eines dem Freistaat zugefallenen Hauses. Sachsen macht jährlich gut 1000 Erbschaften.  © DPA

Wenn der Freistaat erbt: 2022 stand ein Überschuss von drei Millionen Euro zu Buche

Eine verfallene Villa wird dem Abriss preisgegeben. Sachsen erbt häufig sogenannte "Schrott-Immobilien".
Eine verfallene Villa wird dem Abriss preisgegeben. Sachsen erbt häufig sogenannte "Schrott-Immobilien".  © imago images/Sabine Gudath

Dabei konnten 7,5 Millionen Euro aus Fiskalerbschaften erzielt werden, für deren Abwicklung gab der Freistaat 2,6 Millionen Euro aus, unter anderem auch für die Unterhaltung und Sicherung geerbter Immobilien. Dazu kamen Personal- und Sachkosten von insgesamt 1,9 Millionen Euro.

Damit verblieb am Jahresende ein Überschuss von knapp drei Millionen Euro.

In jedem vierten Fall gehe es um Immobilien, wobei Häuser, Garagen, Kleingärten oder Höfe oft überschuldet seien. Oberacher: "Meist übersteigen die Kosten für Unterhaltung, Sicherung oder Entsorgung der Immobilien, was durch ihre Veräußerung zu erzielen ist." So ließ man etwa einen ruinösen Vierseitenhof in Großweitzschen (Mittelsachsen) "renaturieren", nachdem sich jahrelang kein Interessent und keine sinnvolle Nutzung für die Immobilie fand.

Sachsens Polizei mangelt es an Klettverschlüssen!
Sachsen Sachsens Polizei mangelt es an Klettverschlüssen!

Wann erbt "Vater Staat"? Per Gesetz immer dann, wenn Angehörige einen Nachlass ausschlagen oder sich kein Erbe findet. Melden sich binnen 30 Jahren nach dem Tod des Erblassers doch noch Erben, ist der Staat die Sachen sowie den Erlös wieder los.

Besser läuft's in Lommatzsch: Stadt erbt von der Terence-Hill-Familie

Die Postmeilensäule auf dem Marktplatz vor dem Rathaus von Lommatzsch. Bürgermeisterin Anita Maaß (46, FDP).
Die Postmeilensäule auf dem Marktplatz vor dem Rathaus von Lommatzsch. Bürgermeisterin Anita Maaß (46, FDP).  © Montage: imago images/Hanke, IMAGO/Sven Ellger
Carl Menzel (1844-1923) - Der Urgroßvater von Terrence Hill.
Carl Menzel (1844-1923) - Der Urgroßvater von Terrence Hill.  © PR/Archiv Lommatzsch

Auch Kommunen bekommen viel vererbt. Zum Beispiel: Lommatzsch (bei Meißen). Der Großzügigkeit der Stadtväter gegenüber Carl Menzel, dem Urgroßvater des Schauspielers Terence Hill, wird nach mehr als hundert Jahren jetzt nochmals gedankt.

"Wir rechnen im Jahr 2024 mit dem Erhalt einer Erbschaft von Ingo Menzel. Wir gehen zunächst von 600.000 Euro aus", erklärt die Lommatzscher Bürgermeisterin Anita Maaß (46, FDP).

Ingo Menzel war ein Urenkel von Johann Carl Erdmann Menzel (1844-1923) - dem Begründer der Glasherstellung in Lommatzsch. Als dieser 1897 in der Stadt sein "Carlswerk" errichtete, stärkte ihm die Stadt den Rücken. Ingo Menzel hat das zu Lebzeiten nicht vergessen und Lommatzsch bereits 1993 in seinem Testament bedacht.

Die Stadt erwartet zudem gegenwärtig eine weitere Erbschaft. Eine Summe von rund 50.000 Euro vermachte der Unternehmer Peter Dreißig der Kommune zweckgebunden für den Kindergarten. Das Geld aus dem Menzel-Erbe kann die Stadt freier verwenden. Ingo Menzel verfügte lediglich, dass es grundsätzlich für Investitionen in freiwillige Aufgaben genutzt werden soll.

Der warme Geldsegen wird in der Stadt bejubelt. Endlich könnten Träume wahr werden! Die Rathaus-Chefin bremst jedoch die Erwartungen, mahnt zur Besonnenheit. Lommatzsch hat schon zweimal geschenktes Geld "verfrühstückt" - bei der Sanierung vom Schützenhaus und vom Terence-Hill-Bad. In beiden Fällen hatte man Folgekosten nicht im Blick. Das Freibad ist bereits seit Jahren dicht. Die Stadt kann sich dessen Unterhaltung nicht leisten.

Maaß: "Wir müssen aufpassen, dass wir unseren Verstand behalten und nachhaltig für kommende Generationen investieren."

Titelfoto: Montage: imago images/Sabine Gudath, dpa, imago

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