Sächsischer Vize-Regierungs-Chef Günther gegen Aushebelung des Asylrechts
Dresden/Berlin - Die Diskussion um das grundsätzliche Nein zum Asylrecht schwappt auch nach Sachsen. Für Vize-Ministerpräsident Wolfram Günther (50, Grüne) ist die Debatte nicht mehr und nicht weniger als ein Angriff auf die Verfassung.
Für manche ist das Recht auf Asyl gleichbedeutend mit dem Recht auf Leben: Amir M.* kam als unbegleiteter Minderjähriger im April 2021 aus Afghanistan nach Deutschland. Über das Jugendamt Dresden fand er einen Platz in einer Wohngruppe, ging zur Schule.
Aber das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erklärte in einer Altersfeststellung seine Volljährigkeit, worauf ihn das Jugendamt aus seiner Wohngruppe warf. Auch die Dresdner Erstaufnahmeeinrichtung wollte ihn nicht.
Sie sei weiter von seiner Minderjährigkeit ausgegangen, heißt es vom Sächsischen Flüchtlingsrat, der den Fall jetzt öffentlich machte. Ohne Unterstützung der Jugendhilfeeinrichtung wäre Amir M. zum damaligen Zeitpunkt obdachlos gewesen, teilte der Rat mit.
Ginge es nach dem Bundesgeschäftsführer der Union, Thorsten Frei (49), wäre Amir M. gar nicht erst nach Deutschland gekommen. Frei will das Individualrecht auf Asyl in der EU abschaffen. Die Ablehnung ist riesig.
AfD will für Asylsuchende Geld- durch Sachleistungen ersetzen
Sachsens Vize-Ministerpräsident Wolfram Günther twitterte: "Nein, die Forderung von @Thorsten_Frei, das individuelle Recht auf Asyl abzuschaffen, ist kein 'wichtiger Debattenbeitrag', sondern ein Angriff gegen einen Grundsatz unserer Verfassung und juristisch unsinnig."
Damit positioniert sich Minister Günther auch gegen Regierungs-Chef Michael Kretschmer (48, CDU). Der hatte zuvor eine Lösung in der Asylfrage angemahnt.
"Die Zahl der Menschen, die nach Deutschland kommen, um Asyl zu beantragen, ist erkennbar zu groß", so der MP. Man müsse Maßnahmen ergreifen, die die Zahl illegaler Migranten deutlich reduzieren.
Die migrationspolitische Sprecherin der sächsischen AfD, Martina Jost (62), fordert, Geldleistungen für Asylsuchende in Sachsen durch Sachleistungen wie Essen und Kleidung zu ersetzen.
In den ersten sechs Monaten dieses Jahres kamen nach Angaben der Landesdirektion vom Mittwoch 10.048 Asylsuchende nach Sachsen (2022 gesamt: 18.474), die meisten aus Venezuela (1370), Syrien (869) und Afghanistan (664). Nur 5889 blieben hier, alle anderen wurden auf die Bundesländer verteilt.
*Name geändert
Titelfoto: Bildmontage: Imago/Eibner Europa,imago/Political-Moments