Sie wachen über den Rockerfrieden
Die Rockerszene in Sachsen - sie ist bunt und vielfältig, aber auch verschlossen und voller Rätsel. In unserer neuen Serie wollen wir einen Einblick in eine faszinierende, teilweise auch verstörende Subkultur geben - unverstellt, ungeschönt und jenseits üblicher Klischees. Rockerclubs haben uns ihre Türen geöffnet, Polizisten ihre Akten, ein Philosoph seine Gedankenwelt.
Reden, bevor es kracht!
Von Alexander Bischoff und Jens Fuge
Leipzig - Dass es in der Leipziger Rockerszene in den letzten Jahren äußerst friedlich zuging, liegt nicht zuletzt am Runden Tisch der Clubs. Hier werden alle Probleme behandelt, Party-Termine miteinander abgestimmt und karitative Aktionen geplant. Einmalig in Rocker-Deutschland!
Leipzigs Motorrad-Szene ist bunt und vielfältig. Sie teilt sich im wesentlichen in drei Teile. Am bekanntesten, weil weltweit vertreten, sind die Hells Angels. Die Polizei nennt sie „Outlaw Motorcycle Gang“. Die Angels haben ihren eigenen Supportclub - die Red Devils Leipzig.
In der Liga der MCs, also „Motorcycle Clubs“, spielen in Leipzig und Umgebung „Steelwings MC“ (seit 15 Jahren), „Road Holder MC Wurzen“ (30 Jahre) und der Metal Skulls MC aus Neukieritzsch (5 Jahre) mit. Das sind kleinere Clubs, die schon lange existieren und deren Mitglieder als Rocker leben. Der Rest teilt sich auf in MF, die sogenannten „Motorradfreunde“.
Diese Welt hat ihre eigenen Gesetze und Regeln. Dies betrifft Farben, Namen, Symboliken, aber auch den Umgang miteinander. Als höchster Wert unter den Bikern wird Respekt genannt, den man sich gegenseitig zu zollen hat. In der Regel wird das auch praktiziert.
Vor sechs Jahren wurde der „Runde Tisch Leipzig und Region“ gegründet. „Eine solche selbstorganisierte Instanz hatte bis dahin gefehlt“, sagt Wanni (48), Präsident des Road Holder MC in Wurzen und seit 25 Jahren dabei. Zwar kennen sich viele Biker schon jahrelang, doch mit Gründung des Runden Tisches sei man mit allen anderen Clubs ins Gespräch gekommen.
„Man konnte sich mal richtig kennen lernen, es wurden massiv Vorurteile abgebaut, denn wir haben hier ja komplett unterschiedliche Szenen - obwohl nach außen vieles gleich aussieht“, meint Wanni. Falls mal Probleme auftauchten, würden diese nun gleich im Vorfeld ausgeräumt - direkt miteinander.
Auch andere Interessenslagen werden hier geklärt - vor allem der Partykalender. Überschneidungen sollen möglichst vermieden werden.
Die MCs vom Runden Tisch bestimmen aber auch, ob und welcher neue Motorradclub sich in der Gegend etablieren darf. Ein Widerspruch zur bunten und vielfältigen Szene, in der für jeden etwas dabei ist? „Das sind die Regeln unserer Subkultur, daran hat man sich zu halten. Einen neuen Club macht man nicht einfach so auf“, erklärt Wanni.
Konstruktionen wie der Runde Tisch in Leipzig haben Seltenheitswert, in Deutschland war er sogar Vorreiter. So gibt es viel Anerkennung aus der Szene für die „Leipziger Verhältnisse“ - denn viel zu oft wird anderswo über- statt miteinander gesprochen.
Der gemeinsame Auftritt auf der Leipziger Motorradmesse gehört seit fünf Jahren dazu.
Größter öffentlicher Auftritt war die Bikerdemo im Jahr 2012, als über 600 Rocker auf dem Leipziger Marktplatz gegen die pauschale Diskriminierung von Motorradclubs demonstrierten.
Motorradclubs am Runden Tisch
Bikerfreunde Ammelshain e.V.
Bikerunion Leipzig
Freie Gummibären
Hells Angels MC Leipzig
Kartoffelkäferbande Grimma
Leipzig Chapter (Harleyclub)
Metal Skulls MC
Red Devils MC Leipzig
Road Holder MC Wurzen
Sächs. Tourenfahrer Schöna
SoulReavers Zschorna
Steelwings MC Leipzig
Streetfighters Leipzig
The Rock Beucha
Biker UHU
Wild Hogs Bruderschaft
Weitere Teile der Serie:
HELLS ANGELS MC: DIE ROT-WEISSE MACHT AUS LEIPZIG
WIE KRIMINELL SIND DIE HELLS ANGELS WIRKLICH?
Foto: Ralf Seegers, Jens Fuge