Läuft die Wohnungskrise aus dem Ruder? Was Experten jetzt fordern

Berlin - Der Wohnungsbau steckt in Deutschland in einer tiefen Krise. Bei einem Branchentreffen in Berlin haben Fachleute und Verbände am Donnerstag vor den gesamtwirtschaftlichen Folgen dieser Entwicklung gewarnt. Die Politik müsse endlich handeln, hieß es.

In Deutschland wird zu wenig gebaut, so die einhellige Meinung von Experten.
In Deutschland wird zu wenig gebaut, so die einhellige Meinung von Experten.  © Monika Skolimowska/dpa

"Die Wohnungsmärkte sind am Ende", warnte Dietmar Walberg (62), Leiter des ARGE-Instituts, auf dem "Wohnungsbau-Tag". Laut einer Studie der Einrichtung leben rund 9,3 Millionen Menschen in Deutschland in überbelegten Wohnungen - rund elf Prozent der Bevölkerung.

Zugleich sei der Wohnungsmangel so groß wie noch nie: Bundesweit würden rund 800.000 Wohnungen fehlen, betonte Robert Feiger (62), Chef der IG Bauen-Agrar-Umwelt. Das birgt politischen Sprengstoff.

"Wenn der Staat Wohnungen verspricht, die die Menschen nicht bekommen, dann ist die Gefahr groß, dass viele billigen Versprechungen anderer hinterherlaufen, die am extremen politischen Rand stehen", so Feiger.

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Und: "Ohne Wohnungen - keine Fachkräfte", sagte der Experte. Fehle es an bezahlbarem Wohnraum für dringend benötigte Arbeitskräfte aus dem Ausland, würden diese fernbleiben. Das wirke sich negativ auf Deutschland als Wirtschaftsstandort im Ganzen aus.

Überhaupt dürfe die Bedeutung des Wohnungsbaus für die deutsche Wirtschaft nicht unterschätzt werden, meinte auch Martin Gornig (64), Forschungsdirektor am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). "Der Wohnungsbau ist im Autoland Deutschland wichtiger als die Automobilindustrie."

Wohnbranche fordert Subventionen

IG-BAU-Chef Robert Feiger (62) sieht den Wirtschaftsstandort Deutschland bedroht. (Archivbild)
IG-BAU-Chef Robert Feiger (62) sieht den Wirtschaftsstandort Deutschland bedroht. (Archivbild)  © Paul Zinken/dpa

Das sollen Zahlen des Beratungsunternehmens des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Econ) belegen: Mit einer Bruttowertschöpfung von insgesamt 537 Milliarden Euro in 2023 stecke der Wohnungsbau hinter jedem siebten Euro der gesamten Bruttowertschöpfung in Deutschland.

Damit der Weg aus der Krise gelingt, fordern die Verbände von der Bundes- und Landespolitik mehr Geld. Im Rahmen einer sofortigen Sonderförderung für Neubauten würden jährlich 23 Milliarden Euro an Subventionen für neue Wohnungen benötigt.

Davon sollen 15 Milliarden Euro in 100.000 neue Sozialwohnungen gesteckt werden, mit den übrigen acht Milliarden Euro soll der Neubau von 60.000 bezahlbaren Wohnungen finanziert werden.

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Organisiert wurde der Branchen-Gipfel vom Verbändebündnis Wohnungsbau. Darin haben sich neben Deutschem Mieterbund und der IG BAU auch Verbände der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft sowie der Mauerstein-Industrie und des Baustoff-Fachhandels zusammengeschlossen.

Am Nachmittag diskutieren unter anderem Bauministerin Klara Geywitz (48, SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (54, Grüne).

Titelfoto: Monika Skolimowska/dpa

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