Ägypten: Das Land mit den meisten Pyramiden? Falsch!
Pyramiden gelten als absolutes Inbild von Ägypten. Daher mag es vielleicht überraschen, dass Ägypten gar nicht das Land mit den meisten Pyramiden ist. Stattdessen gibt es ein Land, das diesbezüglich total unterschätzt wird.
Mehr zu imposanten Bauwerken und Leistungen findest Du unter: menschliche Rekorde.

Pyramiden gehören wohl zu den faszinierendsten Bauwerken der Geschichte. Bei ihnen handelt es sich um markante Konstruktionen mit rechteckiger, oft quadratischer Grundfläche, die nach oben hin spitz zulaufen.
Unterscheiden kann man dabei unter anderem zwischen geraden, glattwandigen Pyramiden, die generell am bekanntesten sind, und Stufenpyramiden, deren Terrassenstruktur an große Treppen erinnern.
Vor allem Ägypten ist für solche imposanten Bauwerke bekannt, aber auch in anderen Kulturen werden sie verwendet - größtenteils für religiöse und zeremonielle Funktionen. Man kann Pyramiden beispielsweise in Lateinamerika und in China vorfinden.
Heute nimmt man an, dass die jeweiligen Völker die Bauwerke komplett unabhängig voneinander entwickelt haben - schließlich liegen sie geografisch weit auseinander. Wie genau Pyramiden gebaut wurden, ist bis heute nicht ganz klar.
Nicht nur aufgrund ihrer Größe, sondern auch weil es sich teilweise um Millimeterarbeit handelt, kann man hier von unglaublichen bautechnischen Meisterleistungen sprechen.
Wo stehen die meisten Pyramiden und wie viele Pyramiden gibt es in Ägypten? Alle Infos gibt's im Folgenden.
Wo stehen die meisten Pyramiden?
Je nachdem welche Bauwerke gezählt werden, gibt es weltweit mehrere Hundert Pyramiden, die sich auf mehrere Kontinente verteilen. Die meisten von ihnen findet man in Nordafrika.
Platz 1: Sudan als vergessenes Pyramidenreich
Das Land mit den meisten Pyramiden ist der Sudan, südlich von Ägypten. Im Norden des Landes - im alten Nubien oder auch Reich von Kusch - befinden sich etwa 200 bis 255 Pyramiden.
Sie wurden ab 800 v. Chr. als Bestattungsstätte verwendet. Neben nubischen Herrschern wurden in kleineren Bauwerken auch Beamte höheren Grades bestattet.
Architektur und Besonderheiten
Von ägyptischen Pyramiden unterscheiden sie sich durch einen steileren Neigungswinkel (etwa 70 Grad). Außerdem sind sie mit einer Höhe von meistens 20 bis 30 Meter deutlich kleiner.
Zu den Bauwerken gehört die eigentliche Pyramide aus Stein oder Ziegel, in der es keine Räume gibt, ein kleiner Totentempel sowie die Grabkammern unter der Pyramide. Betreten wird sie über den Eingang vor dem Tempel.
Die wichtigsten Standorte im Nordsudan
Die nubischen Pyramiden befinden sich vor allem konzentriert an vier Orten, von denen die drei letzten besonders nah beieinander liegen:
- Pyramiden von Meroe (antike Stadt Meroe)
- Pyramiden von al-Kurru (Dorf al-Kurru, südlich von Meroe)
- Pyramiden vom Jebel Barkal (am Berg Jebel Barkal)
- Pyramiden von Nuri (Stadt Nuri)
Erhalt und Bedrohung
Mit der Zeit sowie durch Zerstörungen bei Einbrüchen von Schatzsuchern haben einige Pyramiden Schäden davongetragen. Dennoch sind viele von ihnen gut erhalten oder wurden sogar restauriert.
Seit 2011 sind die Pyramiden von Meroe beispielsweise Teil des UNESCO-Weltkulturerbes.
Nach starken Regenfällen in Äthiopien und im Südsudan waren einige Pyramiden im Jahr 2020 von Überschwemmungen bedroht.

Platz 2: Ägypten mit den berühmtesten Pyramiden der Welt
Mit ungefähr 118 Pyramiden findet man in Ägypten gerade mal halb so viele Pyramiden wie im Sudan.
Diese sind jedoch älter und größer als die nubischen Pyramiden. Gebaut wurden sie ungefähr 2700 bis 1700 v. Chr. und damit rund 2000 Jahre vor den nubischen Bauten.
Die Cheops-Pyramide von Gizeh war mal 146,60 Meter hoch - heute jedoch nur noch 138,73 Meter - und hatte eine Grundfläche von 230 mal 230 Meter.
Im Vergleich zu den nubischen Pyramiden stehen sie weniger nah beieinander und befinden sich entlang des Nils, sodass beim Bau der Wasserweg zur Transportation der Blöcke genutzt werden konnte.
Bekannte ägyptische Pyramiden
- Cheops-Pyramide
- Chephren-Pyramide
- Mykerinos-Pyramide
- Djoser-Pyramide
- Knick-Pyramide
Die ersten drei der Liste gehören zu den Pyramiden von Gizeh, dem einzigen der sieben Weltwunder der Antike, das noch erhalten ist. Seit 1979 gehören sie außerdem zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Weitere Länder mit Pyramiden
Viele Pyramiden - insbesondere Stufen-Pyramiden - findet man auch in Zentralamerika (Mexiko, Belize, Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua und Costa Rica) sowie im südamerikanischen Peru. Vereinzelt gibt es diese Bauwerke auch im heutigen Irak und Iran sowie in China.
Bedeutende Exemplare sind unter anderem die folgenden.
Pyramide des Kukulcán (Mexiko):
- auch "El Castillo" genannt
- eine Tempelpyramide in Chichén Itzá, auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán
- bauliche Merkmale sorgen für akustische Besonderheiten: Schritte und Klatschen klingen teilweise wie Vögel, Jaguare oder Regentropfen
Pyramide von Cholula (Mexiko):
- gemessen am Volumen die größte bekannte Pyramide der Welt
- etwa 4,45 Millionen Kubikmetern bei einer Grundfläche von 202.500 Quadratmetern
- mit 66 Metern nicht so hoch wie die Cheops-Pyramide in Ägypten
Zikkurat von Ur (Irak):
- auch Zikkurat des Mondgottes Nanna,
- ein pyramidenähnlicher, gestufter Tempelturm
Pyramide bei Gunung Padang (Indonesien):
- befindet sich auf der Insel Java
- soll 27.000 Jahre alt sein
- gilt als älteste Pyramide der Welt (Status als Pyramide umstritten)

Woher kommt die Annahme, Ägypten hätte die meisten Pyramiden?
In Ägypten findet man die größten und bekanntesten Pyramiden. Die Cheops-Pyramide, die älteste und größte der drei Pyramiden von Gizeh, gilt sogar als die bekannteste Pyramide der Welt.
Gleichzeitig war Ägypten schon lange der Fokus archäologischer Forschung und Berichterstattung.
Neben Medien sind aber auch der Tourismus und die Schulbildung verantwortlich für die starke Präsenz Ägyptens und folglich den Eindruck von Ägypten als Land der Pyramiden.

Fazit
Das Land mit den meisten Pyramiden ist der Sudan. Obwohl die ägyptischen Pyramiden größer und älter sind, gibt es nur halb so viele von ihnen.
Konkrete Angaben zur genauen Anzahl sind jedoch nicht möglich, weil viele Pyramiden zerstört und oft auch nicht mehr als solche erkennbar sind.
Titelfoto: 123RF/mikkiorso