Der knallharte Poker um Sachsens Haushalt: Welche Partei blufft und wer hat gute Karten?
Dresden - Der Polit-Poker um Sachsens Doppelhaushalt 2025/2026 strebt seinem finalen Höhepunkt entgegen. In gut fünf Wochen und noch vor der Sommerpause möchte der Landtag die Etats beschließen. Seit Anfang April wird darum hinter verschlossenen Türen heftig gezockt. Das Budgetrecht gilt als "Königsrecht" des Parlaments. Hier lest Ihr, welche Ziele die einzelnen Parteien in puncto Haushalt verfolgen und welche Trümpfe sie beim Verhandeln mit der schwarz-roten Minderheitsregierung auf der Hand haben.

Der Entwurf der schwarz-roten Minderheitsregierung für das Haushaltsgesetz und den Haushaltsplan 2025/2026 sieht Ausgaben von je rund 25 Milliarden Euro pro Jahr vor.
Sachsen wird u. a. seine Haushaltsausgleichsrücklage auflösen, um eine 4,3 Milliarden-Euro-Finanzlücke zu schließen. Außerdem werden die Zuführungen in den Pensionsfonds abgeschmolzen, Tilgungsfristen für Corona-Kredite verändert und Gelder zur Kofinanzierung von Bundes- und EU-Programmen gekürzt. Sachsens Finanzminister Christian Piwarz (49, CDU) spricht von einem "Übergangshaushalt". Das Land muss sich in den nächsten Jahren konsolidieren. Schulden-Machen lehnt die sächsische CDU dabei strikt ab.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (50, CDU) steht dabei doppelt und dreifach in der Zwickmühle: Sein SPD-Regierungspartner ist für Kreditaufnahmen. Im Bund macht die Union unter der Führung von Kanzler Friedrich Merz (69) Rekordschulden.
Um ihren Haushaltsentwurf durchbringen zu können, ist die Regierung Kretschmer auf Stimmen aus der Opposition angewiesen, denn im Landtag sie besitzt keine eigene Mehrheit.
AfD will bei Verwaltung sparen

"Ohne eine grundsätzliche Kurskorrektur ist der Verfall unseres Staatswesens nicht mehr aufzuhalten", kritisiert der sächsische AfD-Chef Jörg Urban (60) den Haushaltsentwurf. Seine Partei will die schwarze Null halten.
Der finanzpolitische Sprecher der sächsischen AfD-Fraktion, André Barth (55): "Wir fordern einen Einstellungsstopp für die Verwaltung. Dadurch werden mehrere hundert Millionen Euro frei."
Die AfD setzt ihre Prioritäten bei den Feuerwehren (etwa 40 Mio. Euro sollen in die Sanierung der Feuerwehrschule in Nardt fließen), Kitas (Eltern und Kommunen sollen entlastet werden) sowie der Pflege.
Die Blauen möchten ein Pflegewohngeld (zur Übernahme der Investitionskosten bei Heimplätzen) und ein Landespflegefördergeld (für pflegende Angehörige) einführen.
BSW wünscht einen "großen Wurf"

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) übt ebenfalls Kritik am Regierungsentwurf. Es wünscht sich statt eines Sparhaushaltes umfangreiche Kreditaufnahmen für einen "großen Wurf".
BSW-Chefin Sabine Zimmermann (64): "Mit dem bisherigen Haushaltsentwurf ignoriert die Landesregierung die drängendsten Probleme im Land. In Krisenzeiten ist es wichtig, Zukunftskredite aufzunehmen."
Das BSW hat über 100 Änderungsanträge abgegeben und ein eigenes 3-Punkte-Maßnahmenpaket (Umfang eine Milliarde Euro) erarbeitet.
Im Fokus stehen dabei Investitionen in die Bereiche Bildung, Pflege und medizinische Versorgung, in die Sicherung der Lebensqualität im ländlichen Raum, die Förderung der regionalen Wirtschaft sowie die Handlungsfähigkeit des Staates (Justiz, Polizei und Feuerwehr).
Grüne sehen ein "Werk der Zerstörung"

Die Bündnisgrünen haben 390 Änderungsanträge zum Doppelhaushalt 2025/26 eingebracht. Insgesamt umfassen die Änderungsanträge ein Volumen von etwa 1,7 Milliarden Euro. Zu deren Umsetzung sollen u. a. Kredite aufgenommen werden, die der Bund den Ländern durch die Grundgesetzänderung ermöglicht hat.
Die Fraktionsvorsitzende Franziska Schubert (43) betont: "Wir wollen Kürzungen zulasten von Klimaschutz, Bildung, Kultur, Sozialem, Mobilität und kommunaler Daseinsvorsorge verhindern." Sie nennt den Haushaltsentwurf von CDU und SPD ein "Werk der Zerstörung".
Schubert sieht, dass Sachsen jetzt "tragfähige Investitionen in Klimaanpassung, in soziale Infrastruktur, in moderne Verwaltung und lebenswerte Kommunen" braucht. "Der Entwurf ist in seiner jetzigen Form nicht zustimmungsfähig", sagt Schubert.
Linke pochen auf soziale Aspekte

Die Linke hat 157 Änderungsanträge gestellt. Die Partei nennt den Regierungsentwurf einen "unsozialen Kürzungshaushalt" und in der vorliegenden Form "nicht zustimmungsfähig".
Die Linken-Fraktionsvorsitzende Susanne Schaper (47) sagt: "Wir sind sehr skeptisch, ob eine Enthaltung oder gar Zustimmung für uns denkbar wird, verhandeln aber intensiv." Sie ergänzt: "Unsere Schwerpunktforderung sind Investitionskredite – Sachsen hat dafür jetzt Spielraum von mehr als 700 Millionen Euro im Jahr. Priorität hat für uns, Kürzungen im Sozialen und bei der Zivilgesellschaft zu verhindern, also etwa bei Demokratieförderung, Sport, Integration oder Feuerwehr."
Mehr Geld wollen die Linken ausgeben für bezahlbaren Wohnraum, sichere Gesundheitsversorgung, Prävention, geringere Kita-Elternbeiträge und Erinnerungskultur.
So sieht der "Fahrplan" bis zur Abstimmung aus

Die Abgeordneten des Landtages beschließen den Landeshaushalt, der die Einnahmen und Ausgaben des Freistaates für jeweils zwei Jahre (Doppelhaushalt) festlegt. Das Parlament bestimmt somit die finanziellen Handlungsspielräume der Staatsregierung und Landesverwaltung.
Der Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages (zählt 18 Mitglieder) berät federführend den Landeshaushalt. Ihm liegen gegenwärtig insgesamt rund 800 Änderungsanträge für den aktuellen Haushaltsentwurf vor. Im Rahmen einer langen Haushaltsklausurwoche beraten sämtliche Ausschüsse im Landtag dann mehrere Tage lang nach Pfingsten (ab 10. Juni) die Gesetzentwürfe.
Voraussichtlich in der letzten Juni-Woche wird dann im Landtag abgestimmt. Votiert die einfache Mehrheit der anwesenden Abgeordneten für die entsprechenden Gesetze, treten diese in Kraft.
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