Elan, Ideen und Lust am Leben: Christin Mrose sitzt im Rollstuhl und schreibt Kinderbücher
Radeburg - Wenn das Leben Dir eine Zitrone reicht, mach Limonade daraus! Diesen Spruch kennen viele und jeder versteht ihn sofort. Christin Mrose versteht man dagegen nicht gleich. Sie haucht ihre Sätze mehr, als dass sie sie spricht.
Alles in Kürze
- Christin Mrose schreibt Kinderbücher trotz Muskeldystrophie
- Ihr Buch fördert Verständnis für gehandicapte Kinder
- Sie nutzt Technik für Kreativität und Inklusion
- Christin träumt von einem unabhängigen Leben
- Ihr Buch 'Alles, was wir sind' ist im Eigenverlag erschienen

Die 41-jährige Radeburgerin leidet seit ihrer Geburt an Muskeldystrophie. Ohne technische Hilfsmittel und Helfer kann sie nicht leben, nicht mal atmen. Trotzdem sprüht sie vor Ideen und Elan. Christin Mrose hat ein inspirierendes Buch für Familien geschrieben, um Verständnis zu wecken für den Umgang mit gehandicapten Kindern.
Die Lektüre des Buches ist ein Lesegenuss - bitter-süß wie eine gute Limonade.
Ihr Geist geht auf Wanderschaft

Christin Mrose sitzt in ihrem elektrischen Rollstuhl im Arbeitszimmer am Rechner. "Traktor" nennt sie humorvoll das Hightech-Gefährt, das ihr Mobilität schenkt. Sie liebt es, mit dem Rollstuhl in Stadt oder Land unterwegs zu sein und dabei den Fahrtwind im Gesicht zu spüren.
Die Stunden am Computer liebt sie ebenso. Dann geht ihr wacher Geist auf Wanderschaft und schnuppert, was die Welt des Internets zu bieten hat.
Eher zufällig entdeckte sie während so einer Erkundungstour durch die virtuelle Welt das Angebot eines Onlinekurses zum Schreiben und Gestalten von Büchern. Sie absolvierte den Kurs und stürzte sich voll Begeisterung in Projekte.
"Mit Malbüchern für Kinder und Erwachsene habe ich angefangen. Später schrieb ich Geschichten für meinen kleinen Neffen und meine Familie", berichtet Christin und zeigt stolz die beachtliche Liste ihrer Veröffentlichungen vor.
Aufklärungsarbeit in Sachen Inklusion

Sämtliche Werke sind Produkte ihrer eigenen Kreativität. Zur Umsetzung ihrer Ideen nutzt sie neueste technische Möglichkeiten. "Alle Grafiken in den Büchern habe ich mithilfe des Computers erstellt. Wenn mir manchmal Formulierungen etwas schwerfallen, nehme ich die Unterstützung durch KI in Anspruch", berichtet Christin.
Auch ihre jüngste Veröffentlichung widmete sie einem Herzens-Thema: der Aufklärungsarbeit in Sachen Inklusion. Christin weiß aus eigenem Erleben, dass viele Menschen große Berührungsängste haben im Umgang mit Menschen, die zum Beispiel wie sie auf einen Rollstuhl angewiesen sind und sich nur schwer artikulieren können. "Das ist unendlich schade und traurig. Zusammen wäre alles viel schöner", sagt sie.
Christin träumt von einem eigenständigen, finanziell unabhängigen Leben.
Sie würde gerne eine große Wohngemeinschaft gründen - am liebsten auf dem Land, an einem See oder am Meer. Wenn sie die Augen schließt und daran denkt, sieht sie ein Grundstück mit einem großen Garten und eine große Wohnküche, wo sie gemeinsam mit Freunden und der Familie kocht, bäckt und lacht.
Eine enorme mentale Stärke

Hinter Christin liegen viele schwere Jahre. Als Kind wurde ihr und ihrer Familie immer wieder von Medizinern gesagt, dass sie höchstens 16 Jahre alt werden würde. "Heute bin ich 41 Jahre alt und froh, dass meine Eltern nicht jedem Vorschlag der Ärzte gefolgt sind. Ich habe gute und schlechte Tage. Aber mit lieben Menschen um mich herum überwiegen die guten", sagt Christin.
Die zerbrechlich wirkende Frau besitzt eine enorme mentale Stärke. Besonders bemerkenswert ist die innere Haltung, mit der sie jeden neuen Tag ihres Lebens begrüßt.
"Ich habe mir angewöhnt, nur positiv zu denken. In meinem Kopf bin ich nicht 'behindert'. Ich betrachte mich auch nicht als 'eingeschränkt'. Ich schaue für mich immer nur, was möglich ist in meiner Situation", sagt Christin.
Neues Lebensglück in Radeburg

Christin Mrose benötigt zum Leben rund um die Uhr Betreuung durch einen Pfleger. Sie hat ein gemischtes Assistenzteam, das aus sechs bis acht medizinischen Fachkräften besteht. Ihre persönliche medizinische Versorgung managt die Radeburgerin selbst. Darauf ist sie sehr stolz.
"Die gesamte Organisation rund um die Dienstpläne meines Pflegeteams und die dazugehörige Buchhaltung hält mich fit im Kopf", erzählt Christin. Sie ergänzt: "Ich mag Zahlen und habe Wirtschaft und Verwaltung gelernt. Ein Abschluss blieb mir dabei allerdings verwehrt. Ich hatte krankheitsbedingt zu viele Fehltage."
Christin würde gern allein für ihren Lebensunterhalt sorgen. "Ich bin aber angewiesen auf staatliche Leistungen", sagt sie traurig. Erst vor gut einem Jahr ist sie von Dresden-Prohlis nach Radeburg gezogen. Der Umzug in die Kleinstadt schenkte ihr neues Lebensglück.
Ergotherapie hilft Christin, den bei ihr krankheitsbedingten Abbau der Muskulatur zu bremsen und Gelenke beweglich zu halten. Ihre Ergotherapeutin Helen Hitschfeld (43) erklärt: "Die Therapie nimmt ihr zudem Schmerzen. Ihr Bedarf an Schmerzmitteln und Medikamenten kann so gesenkt werden."
Ein Buch über Mut

Das Buch "Alles, was wir sind: Eine Geschichte über Mut, Zusammenhalt und das große Leuchten im Alltäglichen" (Preis 29,95 Euro/ für Leser ab acht Jahren empfohlen) veröffentlichte Christin Mrose Anfang Juli im Eigenverlag.
Die Autorin erzählt darin die Geschichte der zehnjährigen Lea, die im Rollstuhl sitzt und sich danach sehnt, dazugehören zu dürfen.
Das Buch zeigt, wie Lea, ihr kleiner Bruder Mika und ihre Eltern gemeinsam Wege finden, wo vorher keine waren.
Titelfoto: Steffen Füssel