Laser-Experten aus dem Erzgebirge mischen den Weltmarkt auf
Eibenstock - Er könnte als Virtuose des Laserschwerts ein Spross des Star-Wars-Universums sein: Enrico Oswald (58) spürt mit seinen Lasern Lawinen, Luftschadstoffe und Schwachpunkte im Fahrdraht von Hochgeschwindigkeitszügen auf. Er schießt mit Laserstrahlen sogar auf Fische - doch nur, um Parasiten auf ihren Schuppen zu töten. Das Know-how für die ungewöhnliche Schuppenkur und viele andere Laser-Nischenanwendungen kommt aus Eibenstock. Na dann, "Obi-Wan Kenobi des Erzgebirges": Möge die Macht mit dir sein.
Alles in Kürze
- Firma aus Eibenstock entwickelt Laser-Technologie
- Laserstrahlen töten Lachsläuse auf Fischen
- Technik wird in norwegischen, schottischen und kanadischen Lachsfarmen eingesetzt
- Laserkanone kostet fünfstellig, Jahresumsatz 2,5 Millionen Euro
- LEC GmbH beschäftigt 15 feste Mitarbeiter und entwickelt weitere Laser-Anwendungen

Scheinwerfer, Multimedia- und Lasershows: Eigentlich sorgt Enrico Oswald (58) aus Eibenstock im Erzgebirge für professionelles Licht bei Konzerten, in Diskotheken, für Bands und auf Messen. Seine Firma hat nicht nur die Kultursäle von halb Ostdeutschland mit Technik bestückt.
Für Scheich-Hochzeiten oder Eröffnungen von Einkaufs-Malls zaubert er Lasershows bei Feuerwerkspektakeln von Dubai bis China in den Himmel. Im südspanischen Granada und danach auf einer Tournee durch 17 Städte Spaniens begleiteten seine Laser-Feuerwerke die Aufführung des Musicals "Cruce de Vias".
Doch längst hat Oswald neue Geschäftsfelder für seine Firma entdeckt: Er schießt zum Beispiel mit Laserlicht auf Lachse, um deren ärgste Feinde zu vernichten. "Durch die Laserstrahlen werden Lachsläuse getötet, ein gefährlicher Parasit in der Lachszucht", erklärt Oswald.
Das Know-how liefert seine Firma, die LEC GmbH in Eibenstock. "Wir bauen hier die Steuerungen für Laseranlagen", sagt LEC General Manager Fred Kallweit (61).
Mit Laser gegen die Lachslaus

Das Lachs-Abenteuer begann mit dem Anruf eines Züchters aus Norwegen. Er telefonierte 2012 Laserfirmen ab, um seine fixe Idee vom Lachslausjagen mit Laserlicht umzusetzen.
"Damals habe ich noch in leitender Position bei Jenoptik gearbeitet, von der bis heute die Optik für die Laserköpfe kommt", erzählt Kallweit, der später zur LEC GmbH wechselte. In jahrelanger Kleinarbeit wurde ein bis heute einmaliges Entlausungsverfahren durch Laserblitze entwickelt.
"Anfangs testeten wir mit vier belausten Lachsen", sagt Kallweit. "Inzwischen braucht die optimierte Technik 20 Prozent weniger Energie als die Prototypen beim Start."
Das "Lasersystem made in Saxony" steckt in einer 2,20 Meter hohen druckbeständigen Tonne mit einem Durchmesser von einem Meter. Sie wird in den Zuchtnetzen norwegischer, schottischer und kanadischer Lachsfarmen etwa 15 Meter tief zu Wasser gelassen. Scharf geschossen wird dann aus einer zehn mal zehn Zentimeter großen "Schießscharte".
"Wenn ein Lachs an diesem Fenster vorbeischwimmt, erkennt unsere Technik blitzschnell, wenn sich eine Lachslaus auf seinen Schuppen angesiedelt hat", erklärt Kallweit. "Wird ein Parasit erkannt, wird er eine Zehntelsekunde lang mit einem gezielten Laserstrahl beschossen. Er muss dabei nicht einmal exakt getroffen werden, um vernichtet zu werden."
Lediglich 20 Prozent des Lausleibs müssen vom Strahl erwischt werden.

Präzision unter Wasser

Die Technik berücksichtigt dabei die Brechung des Laserlichts durch Salzgehalt und Temperatur des Meerwassers, lenkt den Strahl entsprechend ab. Auch die Augen der Fische - in den Zuchtnetzen schwimmen übrigens bis zu 200.000 Tiere - bleiben verschont.
Nach jedem Schuss muss die Laserwaffe allerdings eine Sekunde lang pausieren, damit sich das System im Dauerfeuer nicht überhitzt.
Und wenn bei dem Beschuss versehentlich doch mal der Fisch getroffen wird? "Dann fühlt sich das für ihn bestenfalls wie eine angenehme Massage an. Das Laserlicht ist nur für Lachsläuse tödlich. An Fischschuppen wird der Strahl wie an einem Spiegel abgelenkt und gebrochen", beschwichtigt Kallweit. "Doch keine Sorge, die Trefferquote des Systems liegt bei 95 Prozent."
Die LEC-Technik ist grün. Wer nachts über die Lachsfarmen fliegen würde, sähe überall grüne Laserblitze aufzucken - die Farbe des LEC-Lasers. Inzwischen arbeiten 750 Zuchtstationen weltweit mit der patentierten Lasertechnologie aus Sachsen. Stückpreis der Laserkanone: fünfstellig.
Derzeit beschäftigt die LEC GmbH 15 feste Mitarbeiter, weitere elf gering Beschäftigte für Bühnenaufbauten und bei Eventveranstaltungen. Jahresumsatz: 2,5 Millionen Euro.
Laser-Allrounder aus Eibenstock: Von Lawinenwarnung bis Zugkontrolle in Hochgeschwindigkeit
Doch die Eibenstocker sind in Sachen Lasertechnik längst Tausendsassas. Neueste Coups: Sie bauen eine Reinraumkabine für die Qualitätskontrolle von Chips der Autoindustrie.
"Dafür wird gerade das Laserlabor umgebaut", sagt Geschäftsführer Enrico Oswald. Investitionsvolumen: 20.000 Euro. Außerdem entsteht in Zusammenarbeit mit einer Dresdner Firma ein Lawinenfrühwarnsystem.
Dabei fliegen Drohnen über Schneefelder und scannen sie mit Laserstrahlen. "Wir machen uns dabei den Umstand zunutze, dass die Kristalle je nach Schneebeschaffenheit das Licht unterschiedlich reflektieren", erklärt Oswald.
In Frankreich fahnden die Sachsen nach Schwachstellen in den Fahrdrähten des Hochgeschwindigkeitszuges TGV. Oswald: "Unsere Lasertechnik ist inzwischen auf 57 Loks montiert. Dort misst sie ganz nebenbei während der Fahrt, ohne dass dafür wie bisher Strecken gesperrt werden müssen."
Zudem steht in Budapest ein Laserpartikelmesser aus Eibenstock. Damit weiß Oswald sogar, wann in Ungarn mal wieder dicke Luft herrscht.
Die Lachslaus: Ein Parasit, gegen den sonst nur Chemie hilft

Die Lachslaus (wissenschaftlicher Name: Lepeophtheirus salmonis) sieht aus wie eine Kaulquappe, beißt sich auf den Schuppen der Fische vor allem im Kopfbereich fest. Von dort frisst sich der nur fünf Millimeter kleine Krebs langsam immer tiefer in die Lachse hinein, ernährt sich von deren Haut, Schleim und Blut.
Haben mehrere Parasiten einen Lachs befallen, schädigen sie die Flossen, verursachen Blutungen und offene Wunden. Dadurch geht der Fisch zugrunde.
Durch die Massenzucht kann sich der Schädling explosionsartig ausbreiten: Wenn sich Lachläuse vom Wirtsfisch lösen, verbreiten sie sich wie Plankton und heften sich an anderen Lachsen in den Zuchtnetzen an. Lange wurde die Lachslaus zumeist mit der chemischen Keule bekämpft. Doch die Pestizide schädigen auch die Meeresfauna und -flora unter den Netzen.
Zudem wurde die Lachslaus gegen den Chemiecocktail resistent. Schließlich stoppte die norwegische Regierung den Chemieeinsatz.
Die Lachslaus befällt übrigens ausschließlich Fische. Menschen kann sie nichts anhaben.
Titelfoto: Bildmontage: IMAGO/NurPhoto, Ralf Wendland