Kommentar: Wenn der Staat auf immer mehr Ebenen versagt

Dresden - Was haben die mangelhafte finanzielle Ausstattung unserer Kommunen und der zunehmende Verlust staatlicher Handlungsfähigkeit mit dem Erstarken des Populismus und dem Erfolg der AfD zu tun? Sehr viel, meint TAG24-Redakteur Alexander Bischoff in seinem Kommentar.

Das Vertrauen in Politik und Staat schwindet. Vor der Enquete-Kommission des sächsischen Landtags redeten Kommunalvertreter jetzt Tacheles.
Das Vertrauen in Politik und Staat schwindet. Vor der Enquete-Kommission des sächsischen Landtags redeten Kommunalvertreter jetzt Tacheles.  © Robert Michael/dpa

Dass unsere Kommunen klamm sind, ist lange bekannt. Dass Haushaltsdefizite und Überschuldung schon so heftig sind, dass die ersten Kommunalpolitiker von drohendem Systemversagen sprechen, ist eine neue Dimension.

Was da am Montag vor der Enquete-Kommission des sächsischen Landtags zur Sprache kam, sollte jedem Landes- und Bundespolitiker größte Sorgen bereiten.

Ein funktionierender Staat ist einer der wichtigsten Grundpfeiler der Demokratie. Heißt aber auch: In einer Demokratie müssen sich die Bürger auf einen funktionierenden Staat verlassen können. Und das fängt auf kommunaler Ebene an.

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Wenn aber die Handlungsfähigkeit von Städten, Gemeinden und Landkreisen aufgrund der finanziellen Misere immer eingeschränkter wird, wenn als Folge Kita-Gebühren ins Unermessliche steigen, Schwimmhallen und Bürgerämter schließen müssen, Straßen und Sportstätten nicht mehr saniert werden können - dann wird sich der Bürger von dem abwenden, was verantwortliche Politiker nur allzu gern als "unsere Demokratie" bezeichnen.

Nur noch 23 Prozent der Deutschen halten Staat für handlungs- und leistungsfähig

TAG24-Redakteur Alexander Bischoff sieht ein Versagen des Staates auf mehreren Ebenen.
TAG24-Redakteur Alexander Bischoff sieht ein Versagen des Staates auf mehreren Ebenen.  © Eric Münch

Im Sommer 2025 führten die Meinungsforscher von Forsa im Auftrag des Beamtenbundes eine repräsentative Bürgerbefragung (2011 Teilnehmer) zur Handlungsfähigkeit des Staates durch.

Mit erschreckendem Ergebnis: Nur noch 23 Prozent der Deutschen halten demnach den Staat für handlungs- und leistungsfähig.

Fast drei Viertel (73 Prozent) urteilten, dass der Staat gegenwärtig überfordert und nicht mehr in der Lage sei, seine Aufgaben zu erfüllen.

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Die Auswirkungen des empfundenen Staatsversagens sind in der jüngsten "Sonntags-Umfrage" (Civey für SZ) ersichtlich. Die AfD wird für immer mehr Sachsen zum Hoffnungsträger. 38 Prozent würden sie aktuell in den Landtag wählen, während die Dauer-Regierungspartei CDU weiter abrutscht (27 Prozent).

Da sollte es jetzt auch dem Letzten klar sein, dass es kein kollektiver Gesinnungswandel ist, der Menschen in die Arme von Populisten treibt - es ist die Enttäuschung über einen Staat, der auf immer mehr Ebenen versagt. Und die Enttäuschung über Politiker, die in Minderheitsbündnissen ihre Macht absichern, aber keine Probleme lösen - und dabei oft die Interessen der Mehrheit ignorieren.

Titelfoto: Montage: Robert Michael/dpa, Eric Münch

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