Seelisch, emotional, menschlich am Ende: Drittliga-Kapitäne mit Brandbrief an ihre Bosse

Ulm - Wie verzweifelt müssen sie sein? Die beiden Kapitäne vom SSV Ulm haben einen heftigen Brandbrief an ihre Bosse geschrieben, es ist ein Hilferuf sonders gleichen. "Viele Spieler sind am Ende ihrer Kräfte. Seelisch, emotional und menschlich", heißt es unter anderem in den Schreiben. Diese Worte entstammen der Feder der Spielführer Johannes Reichert (34) und Christian Ortag (30). Gerichtet sind sie an den Aufsichtsrat der Schwaben.

Christian Ortag (30, l.) und Johannes Reichert (34, M.) machen sich große Sorgen um die Mannschaft und die Zukunft des SSV Ulm.
Christian Ortag (30, l.) und Johannes Reichert (34, M.) machen sich große Sorgen um die Mannschaft und die Zukunft des SSV Ulm.  © IMAGO / Lucca Fundel

Nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga befindet sich das Team in der 3. Liga im freien Fall. Mit 13 Punkten aus 14 Spielen und Tabellenplatz 18 geht die Angst vor dem nächsten Absturz um.

Der Brief gibt Einblicke darin, warum es auf dem Rasen überhaupt nicht mehr läuft. "Die Atmosphäre ist vergiftet, das Vertrauen zerstört", heißt es unter anderem in dem Schreiben, das der Südwest Presse vorliegt. Das Verhältnis zwischen Mannschaft, Trainer und Sportdirektor sei zerrüttet, auch innerhalb des Teams sie die Stimmung "unerträglich".

Die Kapitäne machen klar, dass es den Spielern komplett an Rückendeckung, Unterstützung und Vertrauen fehle, öffentlich würden sie von Trainer Moritz Glasbrenner und Sportdirektor Markus Thiele zu Sündenböcken gemacht. Beide hatte die Mannschaft mehrfach angegriffen, in dem sie betonten, dass den Jungs Mentalität fehle, alle zu lieb seien.

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"Darum bitten wir euch aus tiefstem Herzen: Handelt jetzt, bevor es zu spät ist. Wir brauchen im sportlichen Bereich einen kompletten Neuanfang, um überhaupt noch die kleine Chance auf den Klassenerhalt zu wahren", schreiben Reichert und Ortag.

SSV Ulm marschierte von der Regionalliga in die 2. Bundesliga durch und stieg direkt wieder ab

Die Kapitäne schrieben einen Brandbrief an den Aufsichtsrat, in dem sie das dringende Eingreifen der Bosse fordern.
Die Kapitäne schrieben einen Brandbrief an den Aufsichtsrat, in dem sie das dringende Eingreifen der Bosse fordern.  © IMAGO / Lucca Fundel

16 Spieler hatten den Klub nach dem Abstieg verlassen. Entscheidender Wendepunkt in der Historie war im März 2025 die Beurlaubung von Trainer Thomas Wörle, der vier Jahre lang eine super Arbeitet geleistet und das Team von der Regionalliga direkt in die 2. Bundesliga geführt hatte.

Doch auch sein Nachfolger Robert Lechleitner konnten den Abstieg nicht verhindern, nach nur sechs Spielen in der 3. Liga entließ der Verein das Trainerteam um ihn, Matthias Lust und Christoph Kappel.

Glasbrenner wurde anschließend von der Interimslösung zum Cheftrainer befördert, dafür nahm man sogar eine Strafzahlung an den DFB in Kauf, da der Coach nicht die nötige Pro-Lizenz besitzt.

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Doch unter ihm wurden nicht nur die Ergebnisse nicht besser, sondern hapert es offenbar im Umgang mit dem Team. Die Kapitäne betonen, dass die Mannschaft dringend Menschen bräuchte, "die an sie glauben, die hinter ihr stehen, die ihr das Gefühl geben, nicht allein zu sein."

Wie der Aufsichtsrat auf diesen Brief reagieren wird, ist noch unklar.

Titelfoto: IMAGO / Lucca Fundel

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