Frust trotz Klassenerhalt: Eintracht-Profi faltet Fans, Mitspieler und Klub zusammen
Braunschweig - Nach insgesamt 210 intensiven Minuten hat Eintracht Braunschweig in der kleinen Relegation gegen den 1. FC Saarbrücken die Klasse gehalten und darf auch kommende Saison in der 2. Bundesliga ran. Bei Abwehrmann Sven Köhler (28) fiel mit dem 2:2-Remis am Dienstagabend aber nur kurz eine Last ab - anschließend zerlegte er seine Löwen nach Strich und Faden.
Alles in Kürze
- Eintracht Braunschweig hält die Klasse in der 2. Bundesliga.
- Sven Köhler kritisiert die Infrastruktur und das Umfeld des Vereins.
- Köhler bemängelt den Zustand des Kraftraums und die mangelnde individuelle Klasse.
- Der Abwehrmann möchte trotz Kritik bei der Eintracht bleiben.
- Sportgeschäftsführer Benjamin Kessel reagiert zurückhaltend auf Köhlers Worte.

"Es ist fünf vor zwölf", sagte der 28-Jährige nach der geschafften Rettung am Mikrofon unter anderem der Deutschen Presse-Agentur. "Der Verein muss aufwachen!"
Damit meinte er vor allem die Bedingungen beim Bundesliga-Gründungsmitglied, unter denen ein Abstieg nur "eine Frage der Zeit" sei.
So sehe der Kraftraum schon seit zehn Jahren gleich aus, lediglich sechs Kicker könnten da parallel trainieren, was "nicht mehr zweitligatauglich" sei. Gerade wenn die Kohle nicht locker sitzt, müsse man als Klub "überperformen" und "smartere Lösungen" finden - sonst seien Probleme vorprogrammiert, erklärte Köhler.
Aber nicht nur die Infrastruktur, auch Fans und Mitspieler bekamen ihr Fett weg: "Ich habe selten so ein negatives Umfeld wie hier erlebt. Das macht auch etwas mit den Spielern", wetterte der Innenverteidiger. "Der Fußball entwickelt sich. Da kann es nicht sein, dass man gegen Ulm nach sechs Minuten ausgepfiffen wird."
Die Stimmung in der Mannschaft sei zwar "super", allerdings fehle es an individueller Klasse: "Es kann nicht sein, dass nur fünf, sechs Leute hier immer den ganzen Apparat anschieben müssen. Dann ist die Batterie so leer, wie sie jetzt leer ist. Ich bin mausetot."
Sven Köhler nimmt Eintracht Braunschweig in die Mangel

In der Vorbereitung habe das Team unter Ex-Coach Daniel Scherning (41) noch einen spielerischen Ansatz verfolgt, doch der sei nach der 1:5-Pleite gegen Schalke zum Saisonauftakt direkt über den Haufen geworfen worden.
"Wenn das nur einen Spieltag hält, dann alle draufkloppen und wir auch als Verein einbrechen: Das kann nicht sein", redete sich der Defensivspezialist in Rage. "Generell ist alles zu passiv hier. Man reagiert nur. Man agiert nicht."
Köhler war im vergangenen Sommer vom dänischen Klub Odense BK nach Niedersachsen gewechselt, etablierte sich als Stammkraft - und möchte trotz seines dicken Halses bei der Eintracht bleiben, wie er darüber hinaus klarstellte.
Ob Braunschweigs Sportgeschäftsführer Benjamin Kessel (37) diesen Plan teilt, müssen die nächsten Wochen zeigen. Der Ex-Profi reagierte auf die harschen Worte seines Schützlings nämlich gar nicht begeistert.
"Wir müssen die Saison ganz offen und ehrlich analysieren. Es muss alles auf den Tisch. Aber ich kann hier morgen auch keinen neuen Kraftraum aufbauen", so der 37-Jährige.
Titelfoto: Swen Pförtner/dpa