Fetter Vertragszoff um deutsches Nachwuchs-Juwel

Berlin/Cottbus - Dicke Luft zwischen Energie Cottbus und Union Berlin! Hinter den Kulissen ist ein handfester Zwist um eines der größten Nachwuchs-Juwelen des deutschen Fußballs entbrannt.

Linus Güther (15) tauscht künftig das Cottbus-Trikot gegen das von Union Berlin.  © János Véscey

Am Dienstagnachmittag präsentierte Union sichtlich stolz den Transfer eines 15-Jährigen: "Hallo, liebe Union-Fans, ich bin Linus Güther und hab gerade meinen ersten Vertrag hier unterschrieben."

Die Präsentation am 1. Juli dürfte kein Zufall gewesen sein. Just an diesem Tag wurde der Youngster beim Berliner Fußballverband erstmals als Vertragsspieler registriert.

Doch so klar scheint die Sache nicht. Vielmehr gibt es um Güthers Vertragsstatus in der Szene richtig Stunk!

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Seit Monaten herrscht ein regelrechtes Gezerre um die bis dato wohl größte Nachwuchs-Hoffnung von Drittligist Cottbus, die zugleich als eines der deutschen Top-Talente des 2010er-Jahrgangs gilt.

Güther wird von sämtlichen deutschen Topklubs begehrt, soll unter anderem bei Bayern München und Borussia Dortmund im Gespräch gewesen sein. Auch bei Hertha BSC stellte er sich vor.

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Der 15-Jährige ist beim Berliner Fußballverband erstmals registriert

Energie-Präsident Sebastian Lemke (41) hat rechtliche Schritte angekündigt.  © IMAGO / Fotostand

Seinen ersten Kontrakt schlossen aber seine Eltern mit Energie Cottbus. TAG24 wurde die Existenz des Vertrags bestätigt, unter dem die Unterschriften beider Elternteile als gesetzliche Vertreter sowie die des Klubs stehen.

Es fehle ein Datum des Vertragsschlusses, dafür gibt es eine Laufzeit bis 2028. Eine Unterschrift Güthers wird vermisst - weiß der Youngster überhaupt von dem Schriftstück?

Wie aus Daten des Berliner FV hervorgeht, unterschrieb Güther stattdessen am 30. Mai einen verbandsrechtlich bindenden Kontrakt bei den Eisernen.

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Während Union den Fall auf TAG24-Anfrage als unproblematisch einstufte, ist die Sache für Cottbus ein Fall fürs Arbeitsgericht.

Auf Nachfrage bestätigte FCE-Präsident Sebastian Lemke: "Linus Güther besitzt einen aus unserer Sicht zivilrechtlich gültigen Vertrag mit Energie Cottbus. Wir werden alle rechtlichen Schritte einleiten, um unsere Rechte durchzusetzen."

Linus Güther sollte als Youngster Profiluft schnuppern - wie einst Leonardo Bittencourt

Cottbus-Trainer Pele Wollitz (59, mit Cap). Daneben sein ehemaliger Förderspieler Leonardo Bittencourt (heute 31).  © Robert Michael/dpa

Dabei zeigte Energie dem in Spremberg (25 Kilometer südlich von Cottbus) aufgewachsenen Güther eine verlockende Perspektive auf:

Cheftrainer Pele Wollitz (59) stellte dem 15-Jährigen in Aussicht, ab diesem Sommer ins Profitraining reinzuschnuppern. Auch ein frühestmöglicher Einsatz mit Erreichen des 16. Lebensjahrs stand zur Debatte.

In der Vergangenheit trug dieses Modell schon einmal Früchte. 2011 debütierte Leonardo Bittencourt (heute 31, Werder Bremen) im Alter von 17 Jahren für die Lausitzer in der 2. Bundesliga. Gut ein Jahr später verkaufte ihn Energie für mehrere Millionen Euro an Borussia Dortmund.

Doch dass Güther noch einmal für die Lausitzer aufläuft, ist angesichts des Hickhacks ungewiss.

Beobachter beschreiben den Offensivakteur vom Stil als unheimlich geschmeidigen Spieler mit feiner Technik und klasse Abschluss, der an Nationalelf-Star Florian Wirtz (22) erinnert.

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Güthers Eltern wollen Vertrag nicht mehr anerkennen

Der variable Offensivkicker erlernte beim Spremberger SV das Fußballspielen, ehe er 2022 zu Energie Cottbus wechselte.  © János Véscey

Im Mai debütierte Güther tatsächlich für die deutsche U15-Nationalmannschaft. Im prestigeträchtigen Duell gegen die Niederländer besorgte der 15-Jährige die 1:0-Führung, wurde als einziger Feldspieler nicht zur Pause ausgewechselt.

Drei Tage später folgte das Duell gegen Belgien. Güther erzielte zwei Minuten nach seiner Einwechslung das 3:0, legte später das vierte und fünfte Tor auf. Was für ein Einstand!

Nach seiner Einladung beim DFB soll Güther wie ausgewechselt zurückgekommen sein und gegenüber Mitspielern seinen Wechsel zu den Eisernen verkündet haben. Tatsächlich genießt das Unioner NLZ mehr Prestige als das Cottbuser, zählt jedoch nicht zu den Top-Adressen in Deutschland.

Ins Bild passt, dass auch bei Güthers Eltern kürzlich ein Sinneswandel stattgefunden haben soll. Speziell Güthers Vater habe den mit Cottbus geschlossenen Kontrakt plötzlich nicht mehr anerkennen lassen wollen, verfasste ein Schreiben, um den Vertrag zu widerrufen. Energie lehnte ab.

Offen bleibt die Frage, warum Cottbus Güther nicht beim Fußball-Landesverband Brandenburg registriert hat oder registrieren konnte.

Dafür meldete sich im Zuge der Recherchen eine Person, die sich als "Brückenbauer" auf dem Karriereweg Güthers bezeichnete und darum bat, den Fall nicht in der Öffentlichkeit auszufechten. Spielervermittler dürfen in Deutschland erst ab dem 18. Lebensjahr eines Spielers an Ablösen oder Verträgen mitverdienen.

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