Bayern-Desaster am Deadline Day: Meister einer der großen Verlierer

München - Das Transferfenster ist geschlossen! Der Kader des FC Bayern München für die kommenden Wochen und Monate steht - zumindest bis zu möglichen (teuren) Wintereinkäufen. Denn solche werden bitter notwendig sein.

Thomas Tuchel (50), Trainer des FC Bayern München, dürfte bei einem Blick auf seinen Kader sicherlich nicht gerade glücklich sein.
Thomas Tuchel (50), Trainer des FC Bayern München, dürfte bei einem Blick auf seinen Kader sicherlich nicht gerade glücklich sein.  © Sven Hoppe/dpa

Die Verpflichtung von Stürmerstar Harry Kane (30) war zweifelsohne ein deutlicher Fingerzeig, auch der Transfer von Min-jae Kim (26) ist alles in allem positiv zu bewerten. Dazu konnten Konrad Laimer (26) und Raphael Guerreiro (29) ablösefrei an die Säbener Straße gelotst werden. So weit, so gut ...

Bei einem genauen Blick auf einen entscheidenden Teil der Aktivitäten auf dem Markt wird es allerdings sehr, sehr schwierig. Doch eins nach dem anderen.

Den verletzungsanfälligen Lucas Hernández (27, zu Paris Saint-Germain) ziehen zu lassen, war ebenso eine nachvollziehbare Entscheidung wie der Verkauf von Unruhestifter Sadio Mané (31) an Al-Nassr.

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Auch mit Yann Sommer (34, Inter Mailand) gab es eine entsprechende Absprache hinsichtlich seiner Rolle und eines möglichen Abschieds, über Alexander Nübel (26, VfB Stuttgart) wurde mehr als genug geschrieben. Der Keeper ist zwar nur verliehen, hat aber in München selbst danach keinerlei Zukunftsperspektive mehr. Das Tischtuch ist zerschnitten.

Talente wie Malik Tillman (21, PSV Eindhoven), Gabriel Vidovic (19, Dinamo Zagreb), Paul Wanner (17, SV Elversberg) oder Arijon Ibrahimović (17, Frosinone) zu verleihen, um den Youngstern die Möglichkeit zu geben, für ihre sportliche Entwicklung enorm wichtige Spielpraxis zu sammeln, ergibt Sinn. Bei Josip Stanisic (23, Bayer 04 Leverkusen) ging dieser Gedankengang jedoch völlig unnötig nach hinten los, wie das entstandene Defensivproblem auf rechts zeigt.

Kader des FC Bayern München wirft Fragen auf - und das an mehreren Stellen

Thomas Tuchel (50) hat mehrere Baustellen im Kader des FC Bayern München. Es fehlt an Balance, Tiefe und darüber hinaus auch Qualität.
Thomas Tuchel (50) hat mehrere Baustellen im Kader des FC Bayern München. Es fehlt an Balance, Tiefe und darüber hinaus auch Qualität.  © Tom Weller/dpa

Da neben Stanisic auch dem Wunsch von Benjamin Pavard (27) entsprochen wurde - der französische Nationalspieler durfte zu Inter Mailand wechseln - und es der Chefetage im Gegenzug nicht geglückt ist, einen Ersatzmann zu verpflichten, kann man mit einem Blick auf den Kader nur den Kopf schütteln.

Trainer Thomas Tuchel (50) hat lediglich Noussair Mazraoui (25) und Bouna Sarr (31, tatsächlich noch immer ein Spieler des FC Bayern) zur Verfügung. Ersterer wird dem Rekordmeister angesichts des vom 13. Januar bis zum 11. Februar des nächsten Jahres stattfindenden Afrika Cups mit einer extrem hohen Wahrscheinlichkeit einige Wochen fehlen.

Auch die Innenverteidigung mit Dayot Upamecano (24), Matthijs de Ligt (24) und Kim dürfte beim Coach sicherlich nicht für ruhige Nächte sorgen. Verletzt sich einer der drei Akteure, geht das große Zittern los. Denn: Auf den Außen gibt es keinen Spieler, der ins Zentrum rücken könnte - so wie es Pavard oder ein passender Ersatz gekonnt hätten.

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Und um all dem noch die Krone aufzusetzen, befindet sich die nächste Baustelle sich nur wenige Meter davor.

Das defensive sowie das zentrale Mittelfeld sind mit Joshua Kimmich (28), Leon Goretzka (28) und Konrad Laimer (26) für die internationalen Ansprüche und die anstehenden Belastungen durch mehrere Wettbewerbe viel zu dünn bestückt.

Tuchel wollte einen beinharten Abräumer für das Mittelfeld, eine "Holding Six". Doch daraus wurde nichts. Stattdessen wurden Marcel Sabitzer (29, Borussia Dortmund) und kurz vor dem Ende des englischen Transferfensters auch noch Ryan Gravenberch (21, FC Liverpool) abgegeben. Tuchel dürfte sich bei den Bayern wohl wie im falschen Film vorkommen.

FC Bayern München: Offensivpower kann die ganzen Baustellen im Kader nicht wegzaubern

Immerhin: Die Offensive des FC Bayern München kann sich sehen lassen. Ob das aber - vor allem international - ausreichend ist, darf bezweifelt werden.
Immerhin: Die Offensive des FC Bayern München kann sich sehen lassen. Ob das aber - vor allem international - ausreichend ist, darf bezweifelt werden.  © Axel Heimken/dpa

Da hilft es Tuchel wenig, mit Kingsley Coman (27), Leroy Sané (27), Serge Gnabry (28), Thomas Müller (33), Jamal Musiala (20) und Kane über brachiale Offensivpower zu verfügen. Mathys Tel (18) und Eric Maxim Choupo-Moting (34) gibt es ebenfalls noch.

Dem Kader fehlt es an mehreren Stellen an der notwendigen Balance, an Tiefe und darüber hinaus auch an Qualität für die wie üblich hochgesteckten Ziele - realistisch betrachtet ist es vielleicht sogar der schwächste seit einer extrem langen Zeit!

Dass trotz der 100 Millionen Euro für Kane und der 50 Millionen Euro für Kim letztlich ein Transferplus von mehr als 18 Millionen Euro erwirtschaftet werden konnte, kann darüber nicht hinwegtrösten.

Die finanzielle Sicht - etwa Gravenberch für stolze 40 Millionen Euro an den FC Liverpool abzutreten - und die sportliche passen schlicht nicht zusammen.

Vor allem, weil den Münchner womöglich ein wie immer sehr überteuertes Wintertransferfenster bevorsteht, sollen die Fehler noch während der Saison ausgebügelt werden.

Bis es jedoch überhaupt die Chance dazu gibt, kommen zu den vielen Englischen Wochen, die bis zur Winterpause aufgrund der verschiedenen Wettbewerbe anstehen, noch Länderspiele sowie damit verbundene kräftezehrende Reisen hinzu.

Der gestrige "Deadline Day", aus dem der FC Bayern ohne Wenn und Aber als einer der größten Last-Minute-Verlierer hervorgegangen ist, dürfte deshalb sicherlich sowohl intern als auch extern noch eine ganze Zeit lang nachhallen ...

Titelfoto: Sven Hoppe/dpa

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