Ex-Kapitän Philipp Ziereis traut dem FC St. Pauli den Aufstieg zu: "Alles ist möglich"

Hamburg/Linz - Neun Jahre lang trug Philipp Ziereis (30) das Trikot des FC St. Pauli. Mittlerweile kickt der Abwehrspieler in Österreich beim Linzer ASK und misst sich in der Europa League mit dem FC Liverpool. TAG24 hat mit dem ehemaligen FCSP-Kapitän über seinen neuen Verein, seine Ziele und die Chancen auf einen Aufstieg der Kiezkicker gesprochen.

Seit eineinhalb Jahren spielt der ehemalige St.-Pauli-Profi und -Kapitän Philipp Ziereis (30, M) nun für den Linzer ASK.
Seit eineinhalb Jahren spielt der ehemalige St.-Pauli-Profi und -Kapitän Philipp Ziereis (30, M) nun für den Linzer ASK.  © LASK

TAG24: Moin Philipp. Hinter Dir liegen anstrengende Wochen. Wie froh bist Du über die Länderspielpause?

Philipp Ziereis: Die kommt jetzt wirklich gelegen. Wir hatten sehr, sehr viele Spiele, gerade in den letzten Wochen mit drei englischen Wochen am Stück. Aber alles in allem geht es mir trotzdem gut. Eine kleine Pause tut aber jetzt auf jeden Fall gut, auch für den Körper mal durchzuschnaufen und sich zu erholen.

TAG24: Zuvor habt Ihr ausgerechnet das Derby verloren und steht nun mit fünf Punkten Rückstand auf die Spitze auf Rang drei. Wie zufrieden bist Du mit dem bisherigen Saisonverlauf?

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Ziereis: Erstmal ist so ein Derby zu verlieren natürlich bitter. Das weiß jeder, gerade in so einem Stadt-Derby. Es ist suboptimal das jetzt mit in die Pause zu nehmen, weil wir seit der letzten Länderspielpause wirklich Top-Spiele abgeliefert haben. Wir haben RB Salzburg geschlagen, wir haben Sturm Graz geschlagen. Zudem waren wir in der Europa League erfolgreich.

Aber das letzte Spiel nimmt man natürlich mit. Aber alles in allem können wir sehr zufrieden sein. Wir hatten im Sommer einen großen Umbruch und einen neuen Trainer. Dafür sind wir relativ souverän nach dem schlechten Start durch die Saison gekommen und sind in Schlagweite zu den vorderen Zwei, was immer unser Ziel war, mit denen zu konkurrieren.

Philipp Ziereis steht noch in Kontakt mit seinen ehemaligen St.-Pauli-Kollegen

Mit seinem ehemaligen Teamkollegen Guido Burgstaller (30) steht Ziereis noch öfter in Kontakt. Als Gegner treffen sie viermal in der österreichischen Liga aufeinander.
Mit seinem ehemaligen Teamkollegen Guido Burgstaller (30) steht Ziereis noch öfter in Kontakt. Als Gegner treffen sie viermal in der österreichischen Liga aufeinander.  © IMAGO / Eibner Europa

TAG24: Für Dich persönlich läuft es auch nicht schlecht. Mit zwei Toren in der Liga hast Du einen neuen Karriere-Rekord aufgestellt.

Ziereis: Im Pokal habe ich auch noch geknipst (lacht). Es ist eine gute Phase, ich genieße das natürlich.

TAG24: Guido Burgstaller meinte vor einiger Zeit im TAG24-Interview, dass ihr noch regelmäßig Kontakt hättet. Wie sieht das generell mit Deinen Ex-Kollegen aus?

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Ziereis: Mit Burgi bin ich regelmäßig in Kontakt, auch durch die Nähe. Durch unsere Spiele ist es gerade aber unmöglich da was zu machen oder noch irgendwo hinzufahren. Wir sehen uns aber auch viermal im Jahr in der Liga. Mit Rico Benatelli bin ich auch noch in Kontakt, den sehe ich hier ja auch öfter.

Ansonsten mit einigen anderen Jungs auch noch, wie Leart Paqarada oder Kofi Kyereh. Aus der aktuellen Mannschaft ist es nur noch Eric Smith, er ist so der Letzte, der übrig geblieben ist.

Wie im Fußball aber so ist: Wenn man sich nicht so oft sieht, wird es weniger. Bei Burgi ist es einfach die Nähe und die Liga. Da gibt es ab und an ein paar Themen, über die man sprechen kann.

FC St. Paulis Ex-Kapitän Philipp Ziereis spielt mit dem LASK an der Anfield Road beim FC Liverpool

Mit dem LASK spielt der 30-Jährige in der Europa League gegen den FC Liverpool um Star Luis Diaz (26).
Mit dem LASK spielt der 30-Jährige in der Europa League gegen den FC Liverpool um Star Luis Diaz (26).  © IMAGO / Eibner Europa

TAG24: Mit dem LASK spielst Du in der Europa League. In wenigen Wochen tretet Ihr an der Anfield Road beim FC Liverpool an. Hättest Du Dir das noch einmal erträumen lassen?

Ziereis: Im Fußball kann immer alles passieren. Dass ich jetzt davon geträumt habe, dort zu spielen, wäre gelogen. Das Liverpool überhaupt in der Europa League spielt, ist schon eine große Überraschung. Normalerweise gehen die sonst immer entspannt durch die Gruppenphase in der Champions League und waren in den letzten Jahren meist im Halbfinale.

Dass wir dann ausgerechnet das Los kriegen, war das i-Tüpfelchen. Es war schon der Plan, als ich hergekommen bin, dass ich die Chance gesehen habe, international zu spielen. Das war auch immer das Ziel, als ich vor eineinhalb Jahren gekommen bin. Wir wollen eine gute Saison spielen und in Österreich hast du die Chance mit Platz drei schon in die Europa League mit einer Quali-Runde zu kommen.

TAG24: Das Hinspiel gegen Liverpool verlief ja recht ärgerlich. Du hast den Elfmeter zum zwischenzeitlichen Ausgleich verursacht.

Ziereis: Es war wichtig, ein gutes Spiel abzuliefern und zu zeigen, dass wir mithalten können und uns nicht eine Packung abholen. Das haben wir in der ersten Halbzeit gut hinbekommen. Liverpool musste sich dann schon strecken. Am Ende war es unglücklich. Aber wenn Mo Salah in der 70. Minute reinkommt, ist es dann eben auch eine große Qualität. Für uns war es trotzdem ein geiles Erlebnis sich mit solch einer Mannschaft und solchen Spielern zu messen. Das wird auf jeden Fall in Erinnerung bleiben.

Ex-St.-Pauli-Profi Philipp Ziereis erklärt: So tickt Cheftrainer Fabian Hürzeler

In seiner Zeit beim FC St. Pauli überraschte der 30-Jährige seine Gegenspieler auch mal mit einer neuen Haarfarbe.
In seiner Zeit beim FC St. Pauli überraschte der 30-Jährige seine Gegenspieler auch mal mit einer neuen Haarfarbe.  © Selim Sudheimer/dpa

TAG24: Eure Chancen aufs Weiterkommen sind recht überschaubar. Wie groß ist dennoch die Hoffnung?

Ziereis: Wir haben 1:0 in Toulouse verloren, hatten da sehr gute Chancen und hätten einen Punkt mitnehmen können. Auch in Belgien, wo wir in der Nachspielzeit erst das 2:1 kassiert haben, was eigentlich das Bitterste war.

Mit dem 3:0 gegen Saint-Gilloise haben wir bewiesen, dass wir da zu Recht sind und müssen jetzt leider ein bisschen hoffen, dass sie gegen Toulouse nicht gewinnen, sonst wäre der dritte Platz schon weg. Sollte das nicht passieren, haben wir ein Finale zu Hause gegen Toulouse und da rechnen wir uns schon einiges aus, um mit einem Sieg noch weiter in der Conference League spielen zu können.

TAG24: Kommen wir auf Deinen Ex-Verein FC St. Pauli zu sprechen. Wie sehr verfolgst Du das Geschehen dort noch?

Ziereis: So weit es möglich ist, schaue ich noch rein. Wir spielen aber oft zeitgleich. Nach der ganzen Zeit ist es aber klar, dass ich die Jungs noch weiter verfolge.

TAG24: Du hast Fabian Hürzeler selbst als Co-Trainer erlebt. Was ist er für ein Typ und war so eine Entwicklung absehbar?

Ziereis: Wir hatten immer einen ganz lockeren Umgang miteinander. Wir sind ja auch der gleiche Jahrgang und kennen uns schon länger. In der Jugend war er bei den Bayern, ich bei Regensburg.

Man hat bei ihm als Co-Trainer schon gemerkt, dass er in seinem Element ist. Er und Loic durften als junge Co-Trainer unter Timo Schultz schon sehr, sehr viel machen und waren da involviert, auch in die Gegnervorbereitung und Ansprachen. Es ist genau sein Ding.

Dass es so gut funktioniert, kann vorher niemand wissen. Aber ich denke, dass er sich das auch erarbeitet hat und die Ergebnisse sprechen einfach für sich.

Philipp Ziereis tippt auf einen Derbysieg des FC St. Pauli

Nach neun Jahren am Millerntor verabschiedete sich der Abwehrspieler im Mai 2022 von den Fans.
Nach neun Jahren am Millerntor verabschiedete sich der Abwehrspieler im Mai 2022 von den Fans.  © Michael Schwartz/dpa

TAG24: Was traust Du der Mannschaft zu, ist der große Wurf tatsächlich drin?

Ziereis: Auf jeden Fall. Wenn man sich die letzten Wochen anschaut, wie sie spielen und wie stabil sie auch sind, glaube ich, dass es in diesem Jahr möglich ist. Man sieht, dass keine Mannschaft dabei ist, die vorneweg marschiert.

Ich finde, St. Pauli macht auch den stabilsten Eindruck von allen. Sie haben dann auch nicht diese Spiele drin, wie der HSV zuletzt, wo sie verlieren, sondern nehmen gegen gute Teams noch einen Punkt mit. In diesem Jahr ist alles möglich.

TAG24: Die nächsten beiden Spielen sind gegen Hansa Rostock und den HSV. Wie wichtig sind die Partien für die Fans, den Verein, die Spieler?

Ziereis: Wenn man diese Spiele positiv bestreitet, gibt das noch einmal richtig Energie. Gerade ein Derby und auch Hansa ist aufgrund der Brisanz auf dem Level, kann einem unglaublich Energie geben. Aber auch einen Rückschlag, das gehört letztlich in einer Saison dazu.

Natürlich wünscht man sich diese Spiele zu gewinnen, aber ich bin mir sicher, wenn es mal in die Hose geht, wird man daraus lernen und nicht die Nerven verlieren. Das gehört dann auch dazu, mit solchen Rückschlägen umzugehen, sollten sie denn kommen.

Das St. Pauli irgendwann auch mal wieder ein Spiel verlieren wird, ist auch normal. Da wird niemand die Hände über den Kopf schlagen. Vielleicht ist das sogar die entscheidende Phase in der Saison.

TAG24: Wie lautet Dein Tipp für das Derby am 1. Dezember am Millerntor?

Ziereis: 2:1 für St. Pauli.

Titelfoto: LASK

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