"So kann es nicht weitergehen!" Gehen beim FC St. Pauli für Blessin die Lichter aus?
Hamburg - Es hatte schon eine gewisse Symbolik: Als Alexander Blessin (52) während der Pressekonferenz nach der 0:4-Packung gegen Borussia Mönchengladbach zu den anwesenden Journalisten sprach, gingen im Presseraum des FC St. Pauli die Lichter aus. Gilt das jetzt auch für den Trainer?
Nach dem besten Saisonstart der Vereinsgeschichte trauten viele Experten den Kiezkickern eine große Überraschung zu, sechs Spieltage später ist allerdings Ernüchterung eingetreten. Es folgten sechs Niederlagen in Folge, mit zum Teil desaströsen Leistungen, und der Absturz auf Rang 15.
Die peinliche 0:4-Klatsche gegen Gladbach war der Tiefpunkt der vergangenen Wochen. "Es ist wieder ein Nackenschlag, den wir da bekommen", gestand Blessin, der nun die richtigen Schlüsse daraus ziehen will. "Da muss ich auch mich hinterfragen. Wir versuchen das Ganze zu analysieren und das in aller Deutlichkeit. Denn so kann es in dieser Situation nicht weitergehen."
Auffällig war, dass der 52-Jährige erstmals seit seiner Ankunft im vergangenen Sommer nicht mehr schützend vor seine Mannschaft stellte. "Monologe habe ich schon öfter geführt, deswegen ist jetzt auch die Mannschaft gefragt, die ich in die Pflicht nehme", machte Blessin deutlich, der klarstellte, "es geht hier weniger um mich. Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir es nur zusammen als Mannschaft schaffen."
Und genau das ist St. Pauli aktuell abhanden gekommen. "Da erwarte ich jetzt auch Worte von der Mannschaft", forderte der Trainer, der sich nicht aus der Pflicht nahm. "Ob ich die richtigen Entscheidungen getroffen habe, was die Aufstellung anbelangt oder was die Einstellung anbelangt. Da werde ich mich auch mit meinem Trainerteam besprechen. Da suche ich auch Fehler bei mir."
FC St. Pauli kassiert höchste Niederlage unter Alexander Blessin
Die jüngste Entwicklung lässt aber die Frage aufkommen, ob er seine Mannschaft überhaupt noch erreicht. Am Samstag deutete vieles auf ein "Nein" hin. Abgesehen von den wiederholt "billigen Gegentoren", die sich St. Pauli erneut fing, liegen die Probleme ganz woanders. "Wir hatten verschiedene Denkweisen, was Kompaktheit angeht, wann wir pressen, wann wir rausschieben", erklärte Blessin, in dessen Zuständigkeitsbereich genau das aber fällt.
Besonders auffällig: Bis auf das Derby gegen den HSV gerieten die Kiezkicker zum achten Mal im neunten Spiel in Rückstand, zudem blieben sie zum vierten Mal in Folge ohne eigenen Treffer - und das bei zehn Gegentoren!
"Man kann auch mal in Rückstand geraten, aber man sich dann trotzdem wehren", nahm Blessin sein Team in die Pflicht, der genau das monierte. In der vergangenen Saison sah das noch anders aus. "Da sind wir bei uns geblieben und haben sehr selten einen drauf bekommen." Gegen Gladbach kassierte St. Pauli die höchste Niederlage unter seiner Regie.
Auch wenn erst der neunte Spieltag vorüber ist, so ist die Tendenz eben doch erschreckend. "Dass wir in einer prekären Situation sind, ist klar", wusste auch der 52-Jährige. "Es geht jetzt darum, eine Situation in der Mannschaft zu schaffen, wo man das Potenzial, das jeder hat, wieder herauskitzelt." Ob und wie lange er das noch darf, wird sich jetzt zeigen.
Titelfoto: IMAGO / Justus Stegemann

