Aus dem Dresdner Norden ins südliche Afrika: Für Auswanderer-Familie dreht sich alles ums Rad

Dresden/Windhuk - Ausgewandert ins ferne Afrika: Die Großmanns aus dem Dresdner Stadtteil Langebrück leben in Namibia, in der Hauptstadt Windhuk, und das bereits seit drei Generationen. Die fahrradverrückte Familie hinterlässt Spuren in dem Land, das einst deutsche Kolonie war und zu zwei Dritteln aus Wüste besteht.

2025 sind sie zum 21. Mal im Einsatz beim MTB Rennen. Familie Großmann (v.l.n.r.): Kai (59), Monika (54) und Timmo (26). Schwester Steffie ist derweil in Österreich.  © Markus Weinberg

Wenn jährlich Anfang Dezember der "Desert Dash" ruft, darf die radbegeisterte Familie nicht fehlen.

Das 401 Kilometer lange Mountainbike-Rennen durch die Namib-Wüste gehört auf die Bucket List eines jeden Radsportlers. 24 Stunden Zeit gibt es vom Start in Windhuk bis zum Ziel in Swakopmund am Atlantik.

Seit der ersten Auflage begleiten die Großmanns dieses Rennen wie eine Familien-Evolution: Mutter Monika (54) hat sich längst einen festen Platz in der lokalen MTB-Szene gesichert. Im Desert Dash, der Königsklasse des Landes, steht sie Jahr für Jahr an der Startlinie, nun zum 21. Mal, und das als einzige Teilnehmerin überhaupt - Rekord.

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Sie kennt jede Spur, jedes Hindernis, jede Ecke, in der die Hitze den Atem stocken lässt.

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Ohne gutes Licht am Rad geht's nicht auf den Schotterpisten. Knapp 10 Stunden lang fahren die Teilnehmer beim Desert Dash durch die Nacht.  © Markus Weinberg
Die Route startet in einer riesigen Tiefgarage des örtlichen Einkaufscenters, führt anfänglich durch karge Vegetation, später durch die Sandwüste und bis ans Meer.  © Markus Weinberg

Liebe zu Monika brachte Kai nach Namibia

Die markante evangelische Christuskirche im Zentrum von Windhuk ist nicht zu verfehlen. Viele Deutschstämmige wohnen in Namibias Hauptstadt.  © imago/imagebroker

Ihr Mann Kai (59) stammt aus Langebrück, zog nach der Wende zum Arbeiten in den Schwarzwald, kaufte sein erstes Mountainbike und traf Monika.

Die Liebe zu ihr brachte ihn nach Namibia. Denn Monika wurde in Namibia geboren, wuchs auf einer Farm auf und besuchte eine deutsche Internatsschule; ihre Eltern stammten aus Thüringen und dem heute polnischen Schlesien und wanderten nach dem Krieg in das afrikanische Land aus.

Die dritte Generation, die Zwillinge Steffie und Timmo, erblickte 1999 in Namibia das Licht der Welt. Beide haben das Mountainbike-Gen geerbt und standen seit der ersten Desert Dash-Ausgabe 2005 im Alter von sechs Jahren unterstützend am Start, saßen später auch selbst im Sattel.

Auch Sohn Timmo zieht es wieder nach Namibia

Viele Straßen Namibias sind einfache Schotterpisten - ideal für Mountainbike- und Gravelrennen.  © Markus Weinberg

Wie viele deutschstämmige Namibianer zog es die Kinder zeitweise nach Europa.

Timmo (26) ging mit 18 Jahren nach Dresden in die Heimat des Vaters und absolvierte eine Ausbildung in einem Radgeschäft, blieb anschließend zum Arbeiten. 2024 zog es ihn zurück nach Namibia: großes Heimweh, und ein Jobangebot als Abteilungsleiter Fahrrad in Windhuk ließen ihn zurückkehren.

Steffie verweilt derweil in Österreich, um ihrer Leidenschaft für Mountainbike-Enduro und Downhill weiter nachzugehen.

Wie ist es, als Sachse nach Namibia auszuwandern? Kai erzählt von Wind, Sonne und Stille unter endlosem Himmel, von Staub, endlosen Straßen und einer Pflanzen- und Tierwelt voller Kontraste – auch zwischen Armut und Reichtum.

Zurück möchte er nicht mehr, dennoch pflegt er Verbindungen nach Dresden und kehrt regelmäßig in die Heimat zu seiner Familie zurück, auch getragen von den Geschichten rund um den Desert Dash. So wird die Geschichte der Großmanns zu einem Brückenbauer – zwischen dem südlichen Afrika und dem deutschsprachigen Europa.

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Entlang der 400 Kilometer langen Route durch die Wüste feuern Zuschauer die über 1000 Teilnehmer an.  © Markus Weinberg

Anfang Dezember war der Desert Dash

Von wegen langweilig: die Route vom Khomas Hochland in die Namib Wüste hatte viel Abwechslung zu bieten. Dank der Wolken blieb den Teilnehmern die ganz große Hitze in diesem Jahr erspart.  © Markus Weinberg

Am Desert-Dash-Freitag, dem 5. Dezember, waren draußen 30 Grad im Schatten, innen gab es ein klimatisiertes Parkhaus voller Starter, die zur Startlinie rollen.

Der Desert Dash ist kein normales Rennen. Es ist eine Prüfung des Willens, eine Prüfung der Familie, die sich an diesem Tag zu einer Einheit formt: Monika und Kai am Start, Timmo mit Last-Minute-Service im Radgeschäft und einer Servicestation entlang der Strecke, auch für die vielen internationalen Teilnehmer – gemeinsam im Geiste des Rennens.

Was macht diesen Klassiker so besonders? Die unbarmherzige Hitze, die Länge und Einsamkeit der Strecke, die Nacht, in der die Lichter der Lampen wie Sterne wirken, die Berg- und Talfahrt und die Gemeinschaft Gleichgesinnter, die einem Mut macht.

Die Geschichte der Großmanns ist die Geschichte einer Familie, die Grenzen überwindet. Mut, Leidenschaft, Bereitschaft, Neues zu wagen, Konstanz und die Liebe zu zwei Welten prägen ihr Leben, welches beruflich ganz "normal" verläuft.

Redakteur Markus Weinberg (42) und Romy Stotz (51) aus Dresden haben den Desert Dash gemeinsam gemeistert. 21:20 Stunden haben sie bis ins Ziel in Swakopmund benötigt.  © Markus Weinberg

Kai ist angestellt im produzierenden Gewerbe, Monika als Radiologin. Der Desert Dash ist für sie mehr als eine sportliche Herausforderung – es ist eine Lebensphilosophie: Wer wagt, gewinnt. Oft nicht als Sieger, sondern als Teil einer Familie, die zusammenhält, wenn der Staub sich legt und der Atlantik ruft. Das Ergebnis rückt in den Hintergrund; gemeinsam haben sie gewonnen.

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