Nach Tour-Aus: Sprint-Ass Cavendish spricht über seine Depressionen

London (Vereinigtes Königreich) - Mark "Cav" Cavendish (38) ist trotz seines fortgeschrittenen Alters nach wie vor ein herausragender Star im Peloton. Am 2. August wird Netflix eine Doku über ihn veröffentlichen, in der schockierende Neuigkeiten über sein Leben ans Licht kommen.

Mark Cavendish verstand die Welt nicht mehr, warum einiges plötzlich nicht mehr funktionierte, was sonst immer funktionierte. (Archivbild)
Mark Cavendish verstand die Welt nicht mehr, warum einiges plötzlich nicht mehr funktionierte, was sonst immer funktionierte. (Archivbild)  © Luca Bettini / AFP

Im Jahr 2018 wurde bei dem britischen Sprint-Star Mark Cavendish eine Depression diagnostiziert. In der Netflix-Dokumentation "Mark Cavendish: Never Enough" (Deutsch Niemals genug), die der englischen Zeitung The Sun vorab vorlag, berichtet der Etappen-Jäger über die schwierigste Zeit seiner Karriere.

Cavendish äußert sich in der Doku: "Man wird nicht einfach vom Besten der Welt zu einer Person, die kaum noch etwas schafft." Genau das ist jedoch dem 38-Jährigen widerfahren.

Sein Absturz begann 2017!

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Erst litt der mit Siegen verwöhnte Radstar an Pfeifferschem Drüsenfieber, dann schied der Sprinter bei der Tour de France nach einem brutalen Crash im Zielsprint mit einem gebrochenen Schulterblatt aus.

2018: Mark Cavendish' Seuchenjahr

Ständig am Boden: 2018 war für Cav das absolute Seuchenjahr. (Archivbild)
Ständig am Boden: 2018 war für Cav das absolute Seuchenjahr. (Archivbild)  © GIUSEPPE CACACE / AFP

2018 ging die schreckliche Odyssee mit vielen Stürzen und Verletzungen weiter.

Mit einer gebrochenen Rippe trat der Sprinter trotzdem beim Rad-Klassiker Mailand-Sanremo an, prallte in voller Fahrt gegen eine Verkehrsinsel und flog in hohem Bogen über den Lenker: Eine weitere Rippenfraktur war die Folge.

Im August 2018 infizierte sich Cav mit dem Epstein-Barr-Virus, was offenbar seine Depression nur noch verstärkte.

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Neben Übelkeit und Bauchschmerzen zählen laut dem Deutschen Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen zu den Symptomen des Epstein-Barr-Virus.

Ursprünglich war Cav ein Mann "alter Schule", der nicht an "Depressionen glaubte". Letztlich gab der 34-fache Etappen-Sieger der Tour de France laut Eurosport im Jahr 2020 zu, dass er Depressionen lediglich als "Ausrede" betrachtete, wenn die Leistung nicht stimmte.

Depressionen sind keine Ausrede, sondern knallharte Realität

Das Comeback! Mark Cavendish gewann die letzte Etappe des diesjährigen Giro d'Italia.
Das Comeback! Mark Cavendish gewann die letzte Etappe des diesjährigen Giro d'Italia.  © ALBERTO PIZZOLI / AFP

Erst seine eigene Diagnose belehrte den Briten eines Besseren:

"Entweder empfindest du überhaupt keine Gefühle oder du handelst und reagierst völlig irrational. Das ist ein chemisches Ungleichgewicht. Wenn du erkennst, dass etwas nicht stimmt, kannst du etwas dagegen tun. Mir wurde das erst klar, als ich die Diagnose erhalten habe. Es war nur ein Mediziner, der es gesagt hat, aber es ergab schließlich Sinn."

Die Zeit der Depression war weder für ihn noch seine Familie einfach. Der Straßen-Weltmeister von 2011 selbst sagte, dass es für seine Frau Petra zu Hause ein "Alptraum" war und auch seine Kinder litten. "Ich hatte nichts, wollte nichts, tat nichts, fühlte nichts", so der ehemalige Radprofi vom Team T-Mobile.

Im Verlauf des langen Heilungsprozesses musste Cavendish lernen, dass er nicht Rad fährt, um zu gewinnen, sondern weil es ihm Spaß macht.

Dr. Spinder, Cavs Psychologe, der maßgeblich zu seinem Comeback beitrug, sagte: "Er erkannte, dass seine Freude nicht darin bestand, Rennen mit dem Fahrrad zu fahren. Seine Freude lag einfach im Radfahren selbst. Und dass sein Fahrrad ein Gefühl der Freiheit vermittelte."

Mark Cavendish zog nicht an Eddy Merckx vorbei

Das bittere Aus: Auf der achten Etappe der diesjährigen Tour de France stürzte Cav und muss verletzt aufgeben.
Das bittere Aus: Auf der achten Etappe der diesjährigen Tour de France stürzte Cav und muss verletzt aufgeben.  © Thomas SAMSON / AFP

Bei der diesjährigen Tour de France musste Mark Cavendish nach einem Sturz aufgeben. Sein den Tränen naher Gesichtsausdruck ging um die Welt.

Damit verpasste er die Chance, mit einem weiteren Etappensieg der alleinige Rekordhalter mit den meisten Etappensiegen zu werden.

Dieses Privileg teilt sich die Sprint-Legende mit einer anderen Legende: Eddy Merckx (78), der auch 34 Mal gewann.

Da der 38-Jährige bereits vor der Tour sein Karriereende ankündigte, ist fraglich, ob er es im kommenden Jahr doch noch einmal versucht. Sein Team Astana scheint jedenfalls sehr interessiert daran zu sein. Seine Fans sowieso.

Solltet Ihr selbst von psychischen Problemen betroffen sein, findet Ihr bei der Telefonseelsorge rund um die Uhr Ansprechpartner, natürlich auch anonym. Telefonseelsorge: 08001110111 oder 08001110222 oder 08001110116123.

Titelfoto: Bildmontage: THOMAS SAMSON / AFP, Luca Bettini / AFP

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