Sexueller Missbrauch im DDR-Sport: Fall Jan Hempel soll Stein ins Rollen bringen

Schwerin - Der Fall des früheren Wasserspringers Jan Hempel (51) hat das Thema sexueller Missbrauch im Sport in die Öffentlichkeit gerückt. Er ist aber längst kein Einzelfall, wie auch eine Tagung in Schwerin zeigt.

In Schwerin fand am Mittwoch eine Tagung zum Thema zum Thema "Sexueller Kindesmissbrauch in der DDR - Fokus Sport" statt.
In Schwerin fand am Mittwoch eine Tagung zum Thema zum Thema "Sexueller Kindesmissbrauch in der DDR - Fokus Sport" statt.  © Bernd Wüstneck/dpa

Die frühere Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (83, SPD) hat als Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs eine konsequente Auseinandersetzung mit dem sexuellen Missbrauch im DDR-Leistungssport gefordert.

"Es ist schwierig und es tut auch richtig weh. Aber es muss sein. Wir brauchen Erkenntnisse über Missbrauch begünstigende Strukturen, über Fehlverhalten und Lücken im Schutzsystem", sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch bei einer Fachtagung in Schwerin.

Zwar sei die DDR längst Geschichte, doch litten bis heute viele ehemalige Sportler unter dem erfahrenen Unrecht und Schmerz.

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Die Kölner Sportwissenschaftlerin Bettina Rulofs (52) verwies vor den etwa 70 Teilnehmern auf eine Studie aus dem Jahr 2019, die Mechanismen des DDR-Sportsystems offengelegt hätten.

"Kinder im DDR-Leistungssport waren einem System ausgesetzt, das sie ausgebeutet hat", sagte Rulofs. Permanenter Druck und die Macht der Trainer hätten Gewalt und Missbrauch begünstigt.

Jan Hempel rückte die Thematik in den Fokus der Öffentlichkeit

Der ehemalige Wasserspringer Jan Hempel (51) sprach bei der Tagung über seine Erfahrungen.
Der ehemalige Wasserspringer Jan Hempel (51) sprach bei der Tagung über seine Erfahrungen.  © Bernd Wüstneck/dpa

Betroffene berichteten in der Diskussion über erlittene Qualen, beklagten zugleich aber mangelnde Bereitschaft von heute führenden Sportfunktionären, sich dem Thema zu stellen. Zudem kritisierten sie eine überbordende Bürokratie bei Anträgen auf Entschädigungsleistungen.

Die Debatte um sexuellen Missbrauch im Sport hatte neue Nahrung bekommen, nachdem der frühere Weltklasse-Wasserspringer Jan Hempel sein Martyrium öffentlich gemacht hatte.

In einer Dokumentation der ARD hatte Hempel im Vorjahr erstmals die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen seinen 2001 gestorbenen langjährigen Trainer Werner Langer öffentlich gemacht. Demnach hatte Langer sich von 1982 bis 1996 an dem Olympia-Zweiten von Atlanta 1996 vergangen.

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Das Forum in Schwerin, an dem auch Hempel teilnahm, war gemeinsam von der Landesbeauftragten in Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs organisiert worden.

Die Schweriner Behörde hat sich in der Vergangenheit auch intensiv mit dem Doping im DDR-Sport und den Spätfolgen für betroffene Sportler befasst.

Titelfoto: Bernd Wüstneck/dpa

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