"Querdenken": Er steckt hinter den Corona-Demos in Stuttgart

Stuttgart - Michael Ballweg will nicht weniger als Neuwahlen erreichen. Der Unternehmer aus Stuttgart ist der Kopf der "Querdenken"-Initiative, die in den Corona-Verordnungen Grundrechte gefährdet sieht und zum Protest auf die Straße geht.

Unternehmer Michael Ballweg.
Unternehmer Michael Ballweg.  © Christoph Schmidt/dpa

"Ich habe als Unternehmer gelernt: Man muss sich immer große Ziele setzen", sagt Ballweg. Wer ist dieser Mann und was hat er vor?

Am Samstag fand die dritte Demonstration der Initiative auf dem Schlossplatz in Stuttgart statt (TAG24 berichtete), nach Angaben der Stadt und der Polizei versammelten sich zwischen 350 und 500 Menschen. 

Vorgabe: Ein Ordner auf zehn Demonstranten - bei der Vielzahl an Leuten gibt es Probleme, für den nötigen Abstand zu sorgen. Unter den Teilnehmern: Junge und Alte, bunt durchmischt.

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"Bei dieser Demo kursiert ein Virus, das Freiheitsvirus", ruft Ballweg den Teilnehmern zu. Eigentlich ist er nicht politisch engagiert, gehört keiner Partei an. Er ist IT-Unternehmer. 

Der Name der Firma ziert Kugelschreiber, die auf der Demo verteilt werden. Seine Arbeit sei derzeit nicht eingeschränkt, sagt er - er bekomme genug Aufträge.

Die seiner Meinung nach pauschalen Verbote von Grundrechten treiben ihn auf die Straße. Ballweg fragt sich, ob die Demokratie noch funktioniert. Er meldet mehrere Demonstrationen an, die von der Stadt Stuttgart erst abgelehnt werden. 

Er holt sich Hilfe bei einem Bekannten, der ihm bei den juristischen Schritten hilft. Vor gut einer Woche erteilt das Bundesverfassungsgericht den ersten Verboten der Stadt eine Absage - die Demo darf stattfinden (TAG24 berichtete).

Es geht aber nicht nur um Grundrechte. Ballweg fordert eine Neuwahl des Bundestages im Oktober 2020 - ein kühnes Ziel. Seine Bewegung ist bundesweit bislang kaum bekannt. Es sei eine völlig neue politische Situation, sagt er.

Vereinnahmung durch Verschwörungstheoretiker?

Polizisten bei der Demonstration am gestrigen Samstag.
Polizisten bei der Demonstration am gestrigen Samstag.  © Christoph Schmidt/dpa

Bürger müssten jetzt wissen, wie jede einzelne Partei hinsichtlich der Zukunft agieren will. "Von mir als Unternehmer erwarten meine Mitarbeiter auch, dass ich sage, was in drei Monaten passiert."

Bundesweit finden ähnliche Demos statt. Kritiker befürchten eine Vereinnahmung der Initiative durch Verschwörungstheoretiker und Rechtspopulisten. Auf Youtube finden sich Videos einer der letzten Stuttgarter Demos, hochgeladen von Hans Tolzin, einem bekannten und umstrittenen Impfgegner.

"Ich kannte ihn nicht", sagt Ballweg. Aber auch diese Leute sollten demonstrieren dürfen, findet er. Eine Unterwanderung von Linken und AfD lehne er ab. Bei der ersten Demo habe er einen ehemaligen AfD-Mann gebeten, "parteiliches Kapern" zu unterlassen.

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Ob man "Querdenken" auch schon in Berlin wahrnimmt, ist fraglich. Bei Baden-Württemberger Politikern ist die Initiative bekannt. FDP-Landtagspolitiker Nico Weinmann begrüßt die Entscheidung von Gerichten grundsätzlich, Demonstrationen auch in diesen schwierigen Zeiten zu ermöglichen.

"Dennoch rate ich grundsätzlich zur kritischen Prüfung, wessen Gedankengut man sich mit der Teilnahme an solchen Veranstaltungen zu eigen macht. Wir erleben im Moment auch, wie Radikale sich mit Verschwörungstheorien die Pandemie zunutze machen wollen", sagt er.

Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand sagt: "Wir Grüne halten es für möglich und auch für notwendig, das Grundrecht der Versammlungsfreiheit mit dem Gesundheitsschutz in Einklang zu bringen."

Ballweg will, wie er sagt, kein Politiker sein. "Ich höre gerne auf, wenn das Ziel erreicht ist." Mit dem Ziel meint er vorgezogene Neuwahlen.

Titelfoto: Christoph Schmidt/dpa

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