Alte Spiele hübsch verpackt: Das Dilemma mit der Remastered-Welle
Leipzig - Geldmacherei oder sinnvolle Aufarbeitung? Seit Jahren werden Spiele aus allen möglichen Zeitperioden "remastered", sprich: Der Kern des Games bleibt gleich, nur etwas hübscher, flüssiger oder steuerungstechnisch besser gibt es das gleiche Spiel noch einmal zu kaufen. Ergibt das Sinn? Na ja, für die Publisher jedenfalls schon.
Denn nicht selten kommt für ein Produkt, das im Original seit Jahren für wenig Geld über die Ladentheke geht, durch die "Remastered"-Version noch einmal ordentlich Zaster ins Haus.
Man nehme beispielsweise "Metroid Prime Remastered", das Mitte Februar von Nintendo digital auf die Spielerschaft gefeuert wurde. Die Trilogy aller drei "Prime"-Teile gibt es seit Jahren als Bundle für 20 Euro für die Wii U. Jetzt verlangen die Japaner für eine einzige Episode 40 Euro - weil das "Remastered" hinten dranhängt.
Zugegeben: Im Fall von "Metroid Prime" lohnt sich ein Neukauf aus vielen Gründen.
Zum einen ist der Ausnahmetitel hervorragend gealtert, steuert sich auf der Switch flüssig wie nie zuvor und ist des Titels "Remastered" auch würdig, weil viel Feinschliff betrieben wurde, auch wenn Optionen wie eine Schnellreise oder Kartenmarkierungen wünschenswert gewesen wären.
Und wer kramt heute schon noch seine Wii U oder seinen Gamecube aus der Kiste?
Schlecht gealterte Spiele, die mehr Feinschliff hätten vertragen können
Dann gibt es aber auch Spiele wie "Tales of Symphonia Remastered". Das 2003 erschienene Rollenspiel zählt zu einem der besten Teile der Reihe, hat im Kern also auch eine Qualität wie "Metroid Prime".
Doch im Vergleich zum Nintendo-Actionspiel hätte die Reise von Colette und Lloyd deutlich mehr Runderneuerung vertragen können.
Hakelige Steuerung, Ladezeiten zwischen einzelnen Abschnitten, veraltete Menüs: Beim Testen eines meiner liebsten JRPGs kam ich beim Zählen gar nicht mit, wie viele verpasste Chancen in diesem "Remastered" stecken.
Hier wäre es für einen Preis von 40 Euro zumindest gerechtfertigt gewesen, das Spin-off "Tales of Symphonia: Dawn of the New World" mit reinzupacken - aber Pustekuchen.
Wenn man sieht, wo die Reihe mit "Tales of Arise" heute steht, wäre ein Remake wohl die bessere Idee gewesen. Dass so etwas richtig gut funktionieren kann, dürfte spätestens das "Dead Space Remake" gezeigt haben.
Gescheiterte "Remastered"-Versionen
Doch wenn wie im Fall von "Tales of Symphonia" gute Spiele als Remastered nicht recht funktionieren, wie sieht es dann erst bei Titeln aus, die im Original schon keine Wucht waren? "Final Fantasy: Crystal Chronicles" beispielsweise war repetitiv, nicht gerade hübsch und schlicht und ergreifend langweilig.
Das "Remastered" konnte fast nur in die Hose gehen, hatte zum Start aber auch noch mit Multiplayer-Problemen zu kämpfen. Square Enix wird es vermutlich nicht stören, denn einige Leute hatten für ein mittelmäßiges, steinaltes Spiel noch einmal viel Geld in die Hand genommen.
Und jetzt? Es lässt sich vorher schwer abschätzen, ob ein "Remastered" gut oder schlecht wird, Sinn oder keinen Sinn ergibt. In der Regel lohnt sich ein Blick auf bereits veröffentlichte Spieletests, um möglichen Fehlkäufen aus dem Weg zu gehen. Im Falle von "The Last of Us" hatte in meinen Augen nicht einmal das Remake Sinn ergeben, obwohl es ein fantastisches Spiel war.
Letztendlich muss jeder für sich selbst entscheiden, ob man für einen Titel, der teils nur marginal modernisiert wurde, noch einmal fast den Vollpreis auf den Tisch legen will. Und den Publishern sei zu raten, dass sie ihre ein oder andere Spieleperle vielleicht etwas mehr zu schätzen wissen, bevor man sie lieblos noch einmal auf den Markt wirft.
Titelfoto: Retro Studios/Nintendo