Boot mit Migranten gekentert: Mindestens vier Tote!

London (Großbritannien) - Unter gefährlichen Bedingungen begeben sich Migranten Tag für Tag in überfüllten Schlauchbooten auf den Ärmelkanal. Ihr Ziel: eine bessere Zukunft in Großbritannien. Eines dieser Boote ist nun in Seenot geraten - für mehrere Menschen an Bord kam wohl jede Hilfe zu spät.

Immer wieder versuchen Migranten, von Frankreich aus nach Großbritannien überzusetzen. Dabei ist nun mal wieder ein Boot in Seenot geraten. (Archivbild)
Immer wieder versuchen Migranten, von Frankreich aus nach Großbritannien überzusetzen. Dabei ist nun mal wieder ein Boot in Seenot geraten. (Archivbild)  © Gareth Fuller/PA Wire/dpa

Bei dem Bootsunglück im Ärmelkanal sind mindestens vier Menschen ums Leben gekommen. Das bestätigte die britische Regierung am Mittwochmittag, nachdem in den frühen Morgenstunden ein Boot mit Migranten an Bord in dem Gewässer zwischen Frankreich und Großbritannien gekentert war.

Der britische Premierminister Rishi Sunak sprach im Parlament von einem "tragischen Verlust von Menschenleben".

43 Menschen sollen Medienberichten zufolge lebend aus dem kalten Wasser gerettet worden sein.

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Auf Bildern, die der Sender Sky News veröffentlichte, ist zu sehen, wie Menschen in der Dunkelheit aus einem überfüllten schwarzen Schlauchboot auf ein Rettungsboot klettern.

Der Skipper eines Fischerboots in der Nähe hörte in der Nacht Schreie.

"Es war wie aus einem Weltkriegsfilm, überall im Wasser waren Menschen, schreiend", erzählte der Mann namens Raymond dem Sender Sky News, nachdem er und seine Crew rund 30 Schiffbrüchige gerettet hatten.

Die Geretteten aus Afghanistan, Irak, Senegal und Indien hätten ihm erzählt, rund 5000 Pfund (rund 5800 Euro) an einen Schleuser in Frankreich bezahlt zu haben.

Rettungskräfte trotz Minusgraden im Einsatz

Bis Mitte November hatten dem britischen Verteidigungsministerium zufolge in diesem Jahr bereits rund 40.000 Menschen die gefährliche Reise über den Ärmelkanal unternommen
Bis Mitte November hatten dem britischen Verteidigungsministerium zufolge in diesem Jahr bereits rund 40.000 Menschen die gefährliche Reise über den Ärmelkanal unternommen  © Gareth Fuller/PA Wire/dpa

Die Küstenwache koordinierte am Mittwoch gemeinsam mit Militär, Polizei, den privaten Helfern und dem Grenzschutz eine Such- und Rettungsmission, bei der mindestens zwei Helikopter sowie britische und französische Rettungsboote im Einsatz waren.

Aufgrund der niedrigen Temperaturen - in den vergangenen Nächten fielen diese in der Region in den Bereich der Minusgrade - werde jedoch nicht mehr nach Überlebenden gesucht.

"Dass jemand bei diesen Temperaturen diese Reise unternimmt, zeigt, wie verzweifelt die Leute sind", sagte Alex Fraser vom britischen Roten Kreuz. "Niemand setzt sein Leben aufs Spiel, wenn er nicht das Gefühl hat, dass es keine andere Option gibt."

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Premier Sunak (42) hatte erst am Dienstag Pläne öffentlich gemacht, wie er noch härter gegen illegale Migration vorgehen will.

Das Unglück heizt die Debatte um die britische Flüchtlingspolitik an

Rettungskräfte heben einen Leichensack aus dem Rettungsboot von Dover, nachdem im Ärmelkanal vor der Küste von Dungeness in Kent eine große Such- und Rettungsaktion gestartet wurde.
Rettungskräfte heben einen Leichensack aus dem Rettungsboot von Dover, nachdem im Ärmelkanal vor der Küste von Dungeness in Kent eine große Such- und Rettungsaktion gestartet wurde.  © Gareth Fuller/PA/AP/dpa

Innenministerin Suella Braverman (42), die für ihre radikale Linie in Sachen Migration bekannt ist, kündigte im Unterhaus an: "Wir werden neue Gesetze einführen, die klarmachen, dass jemand, der illegal nach Großbritannien einreist, nicht hier bleiben darf."

Jene Migranten müssten damit rechnen, in ihr Heimatland oder ein sicheres Land zurückgeführt zu werden.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat London bereits für diese Pläne kritisiert: Damit würden bis auf wenige Ausnahmen die Möglichkeit, Asyl zu beantragen, abgeschafft, was einen Bruch internationalen Rechts bedeuten würde.

Tim Naoir Hilton, Chef der Flüchtlingshilfsorganisation Refugee Action betonte, das Unglück sei "durch eine feindselige Politik der Regierung verursacht, die dafür geschaffen ist, Menschen aus dem Land zu halten, anstatt ihnen Sicherheit zu geben."

Ursprünglicher Artikel von 10.30 Uhr, Update: 16.30 Uhr.

Titelfoto: Gareth Fuller/PA Wire/dpa

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