Polens Regierungschef Tusk übersteht Vertrauensabstimmung

Von Doris Heimann

Warschau - Polens proeuropäische Regierung hat eine Vertrauensabstimmung im Parlament überstanden. Eine Mehrheit von 243 der 453 anwesenden Abgeordneten sprach dem Kabinett von Regierungschef Donald Tusk (68) das Vertrauen aus, dagegen stimmten 210.

Die Mehrheit der Abgeordneten hat dem Kabinett von Regierungschef Donald Tusk (68) das Vertrauen ausgesprochen.
Die Mehrheit der Abgeordneten hat dem Kabinett von Regierungschef Donald Tusk (68) das Vertrauen ausgesprochen.  © Philipp von Ditfurth/dpa

"Donald Tusk, Donald Tusk", skandierten die Parlamentarier des Regierungslagers nach der Abstimmung. "Meine Absicht war nicht, zu zeigen, wie stark ich bin und dass ich die Mehrheit habe. Ich wollte nur alle Spekulationen beenden", sagte Tusk.

Der 68-Jährige hatte das Vertrauensvotum nach der Niederlage seines Lagers bei der Präsidentenwahl am 1. Juni angesetzt. Der liberale Kandidat Rafal Trzaskowski (53), ein enger Mitstreiter Tusks, hatte das Rennen um das höchste Staatsamt nur knapp gegen den Rechtskonservativen Karol Nawrocki (42) verloren, der von der oppositionellen PiS unterstützt wird.

Dies war auch eine schwere Schlappe für den Regierungschef. Tusk gab sich in seiner Regierungserklärung kämpferisch: "Ich kenne den Geschmack des Sieges und die Bitterkeit der Niederlage, aber ein Wort kenne ich nicht: Kapitulation".

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Mit dem Sieg Nawrockis ist klar geworden, dass Tusks Mitte-Links-Regierung bei ihren zentralen Reformvorhaben, etwa der Liberalisierung des Abtreibungsrechts und der Entpolitisierung der Justiz, kaum noch vorankommen wird.

"Ich bitte um ein Vertrauensvotum, weil ich die Überzeugung, den Glauben und die Gewissheit habe, dass wir das Mandat haben, zu regieren und die volle Verantwortung für das zu übernehmen, was in Polen geschieht", sagte Tusk in seiner Regierungserklärung.

Polens Präsident kann mit Vetorecht die Regierung blockieren

Der Rechtskonservative Karol Nawrocki (42) kündigte an, Tusk könne sich nach seinem Amtsantritt am 6. August auf "starken Widerstand aus dem Präsidentenpalast" gefasst machen.
Der Rechtskonservative Karol Nawrocki (42) kündigte an, Tusk könne sich nach seinem Amtsantritt am 6. August auf "starken Widerstand aus dem Präsidentenpalast" gefasst machen.  © Pawel Supernak/PAP/dpa

In Polen hat der Präsident deutlich mehr Macht als der Bundespräsident in Deutschland. Er kann mit seinem Vetorecht neue Gesetze blockieren. Auch der bisherige Präsident Andrzej Duda (53), der aus den Reihen der PiS stammt, hatte Tusks Regierung damit ausgebremst.

Nawrocki hat bereits angekündigt, nach seinem Amtsantritt am 6. August könne sich Tusk auf "starken Widerstand aus dem Präsidentenpalast" gefasst machen.

Derart unter Druck gesetzt, wollte Tusk mit dem Vertrauensvotum die Reihen seiner Koalition schließen. Die Abgeordneten der größten Oppositionspartei PiS waren während der Rede demonstrativ nicht im Plenarsaal.

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Tusk hob hervor, dass es in den vergangenen anderthalb Jahren seiner Regierungszeit gelungen sei, die Grenze zu Belarus, die auch eine EU-Außengrenze ist, weiter zu befestigen, um irreguläre Migration zu stoppen. Zudem sei es gelungen, für diese Grenzbefestigung die Hilfe der EU einzuwerben.

Polen und die EU beschuldigen den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko (70), gezielt Menschen aus Krisenregionen an die polnische Ostgrenze zu bringen.

Erstmeldung vom 11. Juni, 16.30 Uhr; aktualisiert um 18.45 Uhr.

Titelfoto: Philipp von Ditfurth/dpa

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