Baby verfärbt sich blau! Corona-Leugner holt sich lebensgefährlichen Rat in Telegram-Gruppe

USA - So gefährlich kann es sein, wenn man Wissenschaft und Medizin misstraut: Ein US-Amerikaner hat seiner erst sechs Monate alten Enkelin ein Wurmmittel für Tiere verabreicht und sie damit beinahe umgebracht - und das nur, weil ihm das einige Verschwörungsmystiker in einem Telegram-Chat empfohlen hatten.

Wer ein krankes Baby hat, sollte einen Arzt um Hilfe bitten - und nicht in Telegram-Gruppen nach medizinischem Rat suchen. (Symbolbild)
Wer ein krankes Baby hat, sollte einen Arzt um Hilfe bitten - und nicht in Telegram-Gruppen nach medizinischem Rat suchen. (Symbolbild)  © rusak/123rf

Ein Investigativ-Reporter der US-Webseite "Vice" hatte sich Zugang zu der Telegram-Gruppe verschafft und die irrsinnige und lebensgefährliche Debatte um das kranke Kleinkind mitverfolgt.

Demnach habe am vergangenen Dienstag ein besorgter Mann namens Jason in einem Corona-Leugner-Chat mit Zehntausenden Mitgliedern geschrieben, dass seine kleine Enkelin Ruby gesundheitliche Probleme habe.

"Meine Enkelin ist krank, sie hat Grippe-Symptome und ist sechs Monate alt", so der Großvater. Die Mutter der Kleinen hätte erst in der vorigen Woche Covid gehabt und habe deshalb große Angst um ihre Tochter.

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Wie viele andere in der Telegram-Gruppe glaubte offensichtlich auch Jason nicht an die Gefahr des Coronavirus, gleichzeitig misstraute er Ärzten und Krankenhäusern. Deshalb hörte er lieber auf die Tipps seiner wissenschaftsfeindlichen Verschwörungs-Kollegen - und brachte seine Enkelin damit in Lebensgefahr.

Auf Anraten von angeblichen "Experten" aus dem Chat gab er dem Baby "Ivermectin". Dabei handelt es sich um ein Entwurmungsmittel, das eigentlich bei Pferden und Kühen verwendet wird. Pandemie-Leugner sind schon häufiger dadurch aufgefallen, dass sie lieber zu solchen Mitteln greifen als der Wirkung von Impfstoffen zu vertrauen.

Doch zur Verwunderung des Großvaters half das Mittel nicht, ganz im Gegenteil: "Sie wurde danach noch kranker. Gibt's da einen Zusammenhang?", soll der Mann in die Gruppe gefragt haben. "Das Baby hat sich übergeben. Ist das ein bekannter Nebeneffekt? Sie läuft außerdem ein bisschen blau an."

"Ich dachte, das Krankenhaus würde den sicheren Tod bedeuten"

Das Tier-Entwurmungsmittel Ivermectin ist bei vielen Corona-Leugnern deutlich beliebter als Impfstoffe von Biontech oder Moderna.
Das Tier-Entwurmungsmittel Ivermectin ist bei vielen Corona-Leugnern deutlich beliebter als Impfstoffe von Biontech oder Moderna.  © Rodrigo Urzagasti/dpa

Einige Chat-Teilnehmer hätten Jason daraufhin geraten, das Kind doch lieber zu einem Arzt zu bringen, aber das wollte er offenbar auf keinen Fall: "Wir vertrauen Krankenhäusern nicht, das ist keine Option." Stattdessen hätte der kranke Säugling sogar noch mehr Ivermectin verabreicht bekommen.

Eine Frau, die sich offenbar etwas mehr mit Medizin auskannte, habe dann im Chat erklärt, dass die blaue Verfärbung der Kleinen wahrscheinlich ein Zeichen von Sauerstoffmangel sein dürfte. Immer mehr Leute hätten dem Opa geraten, es doch mal mit einem Krankenhaus zu versuchen.

Irgendwann gab er widerwillig auf: "Mein Sohn bringt das Baby in die Notaufnahme. Das passiert gegen meinen Willen, aber ich bete für sie. Sie befindet sich nun in Gottes Hand." Statt Gott kümmerten sich in der Klinik allerdings Ärzte um das Kind und so konnte der erleichterte Großvater bald Entwarnung geben, denn Rudy ginge es inzwischen "wieder besser".

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Dass Wissenschaft und Medizin seine Enkelin gerettet haben, wollte er aber offenbar weiterhin nicht einsehen: "Gott wusste, was zu tun war, obwohl ich dachte, das Krankenhaus würde den sicheren Tod bedeuten. Danke Euch allen für Euren Rat", soll er sich abschließend von der Telegram-Gruppe verabschiedet haben.

Die Gefahr von Telegram-Chats

Dass solche Online-Chats von Schwurblern, "Querdenkern" und anderen Verschwörungsmystikern sehr gefährlich sein können, zeigt nicht nur dieses Beispiel.

Auch hierzulande gibt es ähnliche Gruppen, in denen sich die Mitglieder gegenseitig mit fragwürdigen Corona- und Impf-Informationen versorgen, die oft wenig mit der Realität zu tun haben. Über solche Wege radikalisieren sich einige Menschen auch so weit, dass sie sogar Hass verbreiten und Gewalttaten planen.

So gab es erst im Dezember eine Dresdner Telegram-Gruppe, die Mordpläne gegen den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (46, CDU) schmiedete.

Titelfoto: rusakrusak/123rf

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