Behauptung im Faktencheck: Ist "Covid" die Umkehrung des angeblich hebräischen Wortes "Divoc"?

Halle (Saale)/Heidelberg - Seit mehr als anderthalb Jahren prägt die Corona-Pandemie unseren Alltag. Ihr Ende: noch immer nicht absehbar. Die allgemeine Verunsicherung bereitet den Nährboden für Verschwörungsmythen - viele davon antisemitisch.

Ist "Covid" die Umkehrung des hebräischen Wortes "Divoc"? Nein, dieses Wort existiert im Hebräischen überhaupt nicht.
Ist "Covid" die Umkehrung des hebräischen Wortes "Divoc"? Nein, dieses Wort existiert im Hebräischen überhaupt nicht.  © Alissa Eckert;Dan Higgins/CDC/dpa

Im August 2021 geht in den sozialen Medien die Behauptung um, "Covid", die Bezeichnung der durch Sars-CoV-2 ausgelösten Infektionskrankheit, sei eine Umkehrung des angeblich hebräischen Wortes "Divoc".

Und dieser Begriff wiederum bedeute angeblich "Spaltung" und bezeichne in der jüdischen Mythologie: "Besessenheit durch einen bösen Geist".

Viele Userinnen und User leiten von dieser Behauptung das bekannte antisemitische Narrativ ab, die Pandemie stehe im Zusammenhang mit einer jüdischen Weltverschwörung.

Innenminister, Kanzleramts-Chef, Karl Lauterbach: Spitzenpolitiker räumen Corona-Fehler ein
Coronavirus Innenminister, Kanzleramts-Chef, Karl Lauterbach: Spitzenpolitiker räumen Corona-Fehler ein

Bewertung:

Das Wort "Divoc" existiert im Hebräischen nicht, es könnte nach den Lautgesetzen der Sprache nicht einmal gebildet werden.

Die in den sozialen Medien umgehende Behauptung:

Die Fakten:

Stefan Schorch, Professor für Bibelwissenschaften an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sowie studierter Hebraist, widerlegt auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) die Behauptung entschieden: "Ein Wort 'Divoc' existiert im Hebräischen nicht und nach den Lautgesetzen des Hebräischen könnte es nicht einmal theoretisch gebildet werden", so Schorch. Der Grund: Im hebräischen Alphabet gibt es kein "v".

Schorch erläutert weiter: "Die Verfasserin oder der Verfasser möchte scheinbar eine assoziative Verbindung zu dem Wort 'Dibbuk' herstellen, für das allerdings ein verdoppeltes und hart ausgesprochenes 'b' in der Mitte wesentliche Bedingung ist." Und solch ein verdoppeltes "Beth" (bb) werde im Hebräischen niemals als "v" oder "w" ausgesprochen (anders als ein einfaches "b", das je nach Lautumgebung in den Transkriptionen auch als "v" geschrieben werde).

Viktor Golinets, Professor für Hebräische Sprachwissenschaft an der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg, bestätigt gegenüber der dpa Schorchs Erläuterungen - und fügt hinzu: Nicht nur das Wort "Divoc", auch die vorgeschlagene Übersetzung sei irrsinnig.

Als "Dibbuk" (teils auch "Dybuk" oder "Dybbuk" geschrieben) werde in einigen jüdischen Traditionen der Geist eines Toten bezeichnet, der in den Körper einer lebenden Person gleich einem Dämon einfahre. Die zugrunde legende Wortwurzel bedeute allerdings "anhaften", "zusammenkleben" und keineswegs - wie in den sozialen Medien behauptet - "spalten".

Schaut man sich die Postings genauer an, stößt man auf die Entstehungsgeschichte der Geschichte: In Online-Artikeln wird die Behauptung, "Divoc" bedeute Spaltung und Besessenheit, mit Screenshots des Online-Tools "Google Übersetzer" belegt.

Da "Divoc" dem Tool unbekannt ist, schlug es offenbar das im Hebräischen ähnlich geschriebene Wort "Dibbuk" vor - so wie auch die Google-Suche versucht, Suchbegriffe mit Tippfehlern zu korrigieren.

Titelfoto: Alissa Eckert;Dan Higgins/CDC/dpa

Mehr zum Thema Coronavirus: