"Bewegung Leipzig" und "Bürgerbewegung Leipzig 2021": Wie gefährlich sind sie wirklich?

Leipzig - Seit beinah zwei Jahren befinden wir uns nun schon inmitten der Corona-Pandemie. Neben dem Tragen eines Mundschutzes, dem Testen und Impfen gab es ein weiteres Phänomen, an das wir uns im Laufe der vergangenen Monate gewöhnen mussten: die regelmäßigen Proteste von Kritikern der Corona-Politik. Auch in der Messestadt häuften sich die Demonstrationen.

Anhänger der "Bewegung Leipzig" und "Bürgerbewegung Leipzig 2021" sind mit der Corona-Politik unzufrieden und machen ihrer Wut auf zahlreichen Demos Luft.
Anhänger der "Bewegung Leipzig" und "Bürgerbewegung Leipzig 2021" sind mit der Corona-Politik unzufrieden und machen ihrer Wut auf zahlreichen Demos Luft.  © Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa

So fanden im Jahr 2021 in Leipzig rund 200 Proteste statt, deren Teilnehmende sich gegen die Maßnahmen oder die Impfung aussprachen. Das teilte Polizeisprecherin Dorothea Benndorf TAG24 auf Anfrage mit.

Seit Monaten wird in Leipzig regelmäßig zu sogenannten Montags-Spaziergängen aufgerufen - angelehnt an die Demos der Friedlichen Revolution, die 1989 auf ein Ende der SED-Herrschaft abzielten.

Auch viele der Menschen, die heutzutage in Leipzig (und im Rest Deutschlands) gegen die Corona-Politik auf die Straßen gehen, sehen sich in einer "Diktatur" gefangen - ein Glaube, der vor allem durch zwei lokale Gruppierungen noch befeuert wird.

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Da ist zum einen die "Bewegung Leipzig" (auch als "Querdenken 341" bekannt), die bereits seit 2020 Anti-Corona-Demos organisiert und auch für die vollkommen aus dem Ruder gelaufene Versammlung im November 2020 verantwortlich war. Spätestens seitdem ist klar, dass die angebliche "friedliche" Gruppe auch Gewalttäter in ihren Reihen duldet, die vor Angriffen gegen Medienvertreter und Polizei nicht zurückschrecken.

Außerdem relevant ist die "Bürgerbewegung Leipzig 2021", die inzwischen vom Verfassungsschutz als extremistische Gruppierung eingestuft wurde - da sie mittels Fake News und Verschwörungstheorien darauf abziele, die Demokratie "systematisch verächtlich" zu machen.

Bewegung Leipzig

Im November 2021 mobilisierte die "Bewegung Leipzig" bundesweit für eine Massendemonstration in der Innenstadt. Es kam zu Ausschreitungen.
Im November 2021 mobilisierte die "Bewegung Leipzig" bundesweit für eine Massendemonstration in der Innenstadt. Es kam zu Ausschreitungen.  © Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa

Die wohl größte Versammlung, die im Jahr 2021 auf das Konto der "Bewegung Leipzig" ging, war die Kundgebung "Freiheit, Gleichheit, Solidarität" Anfang November auf dem Augustusplatz - genau ein Jahr nachdem die Querdenker einen Aufzug über den Ring erzwungen hatten.

Dieses Vorhaben gelang zwar diesmal nicht, die Versuche waren aber da: Immer wieder wollten die Protestierenden die Absperrungen durchbrechen, um gemeinsam zu marschieren. Die Polizei hielt dagegen, es kam zu Ausschreitungen.

Die Bilanz: Mehrere Verletzte, darunter sechs Polizeibeamte. 48 Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen Körperverletzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Dazu kamen 600 Ordnungswidrigkeitsverfahren und mehr als 300 Platzverweise.

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"Diese unsäglichen Proteste sind antidemokratisch unterwandert, verletzen bewusst die Regeln und Gesetze und sind Ausdruck einer egoistischen, unsolidarischen Haltung", wetterte Leipzigs OB Burkhard Jung (63, SPD) danach. Die Bewegung habe "keinerlei Berührungsängste zur radikalen Rechten, verbündet sich sogar offen mit Neonazis".

Bürgerbewegung Leipzig 2021

Die "Bürgerbewegung Leipzig 2021" gilt seit Dezember als extremistische Gruppierung und wird vom Verfassungsschutz beobachtet.
Die "Bürgerbewegung Leipzig 2021" gilt seit Dezember als extremistische Gruppierung und wird vom Verfassungsschutz beobachtet.

Das Gleiche gilt auch für die wie bereits erwähnt als extremistisch eingestufte "Bürgerbewegung Leipzig 2021". An der Spitze steht der ehemalige rheinland-pfälzische Vize-NPD-Chef Volker Beiser.

Ihre Telegram-Gruppe zählt derzeit mehr als 2000 Mitglieder, im Chat werden Videos geteilt, in denen Bürger dazu aufgerufen werden, sich gegen den aktuellen "Faschismus" zu wehren.

Gleichzeitig machen sie gemeinsame Sache mit der Partei "Freie Sachsen" - die ebenfalls nach nur viermonatigem Bestehen als rechtsextremistisch eingestuft wurde.

Für Aufsehen sorgte die "Bürgerbewegung Leipzig 2021" im Juni dieses Jahres, als sie Ex-AfD-Abgeordneten André Poggenburg (46) als Sprecher auf eine ihrer Demos einlud.

Dort machte der selbst ernannte Nationalkonservative vor dutzenden Zuschauern unter anderem Stimmung gegen die "Corona-Zwangsmaßnahmen und Obrigkeitswillkür".

Die extremistische "Bürgerbewegung Leipzig 2021" schuf im Sommer dem ehemaligen AfD-Abgeordneten André Poggenburg (46) eine Bühne und ließ ihn als Hauptredner auftreten.
Die extremistische "Bürgerbewegung Leipzig 2021" schuf im Sommer dem ehemaligen AfD-Abgeordneten André Poggenburg (46) eine Bühne und ließ ihn als Hauptredner auftreten.

Wie wird es 2022 weitergehen?

"Rechtsextremisten, Reichsbürgern und Selbstverwaltern gelingt es zunehmend, in die bürgerliche Mitte vorzudringen", bestätigte auch der sächsische Innenminister Roland Wöller (51, CDU) die Unterwanderung und dadurch steigende Aggressivität. "Der Protest vermischt sich. Das macht mir große Sorgen."

Und diese Sorgen dürften im Jahr 2022 vermutlich nur noch größer werden: Sollte die Corona-Impfpflicht kommen, wird "die aggressive Haltung der Querdenker-Bewegung noch verstärkt werden", ist sich der Verfassungsschutz sicher.

Aus Unzufriedenheit zu demonstrieren ist selbstverständlich vollkommen legitim und macht niemanden zu einem Extremisten. Sich dabei allerdings mit Nazis zu solidarisieren, gewaltsam gegen die Polizei vorzugehen und Morddrohungen gegen Politiker zu billigen, hat rein gar nichts mehr mit Demokratie zu tun und überschreitet eine Grenze - egal, ob man sich links, rechts oder "positionslos" im politischen Spektrum bewegt.

Es bleibt abzuwarten, ob die Anhänger der Leipziger Bewegungen diese Gefahr 2022 erkennen oder sich stattdessen von der zunehmenden Radikalisierung anstecken lassen werden.

Titelfoto: Montage Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa; Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa

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