Anderswo dauert Neubau nur zwei Jahre: Warum zieht es sich an der Carolabrücke so lange?
Dresden - Nur zwei Jahre nach dem verheerenden Einsturz der Morandi-Brücke im italienischen Genua (im August 2018 gab es 43 Todesopfer) war der Neubau fertiggestellt. Viele Dresdner wünschen sich dieses Tempo auch für die Carolabrücke. Hier wird mit dem Baubeginn frühestens 2027 gerechnet. Lest hier, was die Situation im Elbtal von der in Ligurien unterscheidet.

Finanzierung
Dresden steht bei der Finanzierung der Neubrücke (mindestens 140 Millionen Euro) bislang allein da. Feste Zusagen für eine Förderung gibt es nicht. Erst im Januar erhielten OB Dirk Hilbert (53, FDP) und Baubürgermeister Stephan Kühn (45, Grüne) eine Absage des Bundesverkehrsministeriums in Berlin.
Die Stadt Genua erhielt Hilfszahlungen in dreistelliger Millionenhöhe vom italienischen Staat und der betroffenen Autobahngesellschaft. Die Finanzierung wurde von der Regierung in Rom garantiert.

Ausschreibung
Durch ein nur wenige Wochen nach dem Unglück beschlossenes Notfallgesetz konnte Genuas damaliger Bürgermeister Marco Bucci (65) einen öffentlichen Wettbewerb umgehen. Bürokratische Hürden wurden beseitigt, Planungen verkürzt, die Aufträge per Direktvergabe erteilt.
Hingegen muss Dresden den Ersatzneubau der Carolabrücke europaweit ausschreiben.
Bauunternehmen
In Genua ging der Zuschlag an ein Konsortium mit Beteiligung zweier italienischer Staatsunternehmen.
Die Firmen wurden dazu verpflichtet, den Brückenbau mit Vorzug zu behandeln und jederzeit ausreichend Maschinen zur Verfügung zu stellen. Laut Bürgermeister Bucci waren täglich rund um die Uhr Arbeiter auf der Baustelle beschäftigt.
Auflagen
Das deutsche Auflagenwerk gilt im internationalen Vergleich als besonders streng. Ingenieure und Architekten müssen unter anderem Vorgaben des Natur- und Denkmalschutzes sowie der Stadtplanung berücksichtigen.
In Italien spielten diese Aspekte angesichts der nationalen Notlage und der Brückenfunktion als reine Autobahnverbindung eine untergeordnete Rolle.
Titelfoto: Bildmontage: IMAGO/LaPresse, Petra Hornig