"Bedrückende Zahlen": So viele Geflüchtete nahmen sich 2024 in Sachsen das Leben

Von Jörg Schurig

Dresden/Leipzig - Die sächsischen Behörden haben im vergangenen Jahr 32 Suizidversuche und drei Selbsttötungen von Flüchtlingen erfasst. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage des Abgeordneten Nam Duy Nguyen (29, Linke) aus Leipzig hervor.

In solchen Gemeinschaftsunterkünften werden häufig viele Menschen auf wenig Platz untergebracht. Oft wird das Provisorium zum Dauerzustand. (Archivbild)
In solchen Gemeinschaftsunterkünften werden häufig viele Menschen auf wenig Platz untergebracht. Oft wird das Provisorium zum Dauerzustand. (Archivbild)  © Sebastian Kahnert/dpa

"Die Debatte über Asyl und Migration ist aufgeheizt, oft pauschal und abstrakt", sagte Nguyen, der in der Linksfraktion im Sächsischen Landtag für die Bereiche Asyl- und Migrationspolitik zuständig.

"Auch die bedrückenden Zahlen zu Suizidversuchen und Suiziden zeigen aber: Es geht immer um Menschen und ihre Schicksale", so der Linken-Politiker. Es mache besonders betroffen, dass auch Minderjährige Suizidversuche unternommen hätten.

"Migration ist oft verknüpft mit schlimmen Gewalterfahrungen, psychischen Erkrankungen, mit Angst und Verzweiflung. Suizidversuche sind wohl nicht damit zu erklären, dass der Verlust von ein paar hundert Euro Sozialleistung droht – diese Zahlungen werden in der medialen Debatte zu Unrecht als Grund für Fluchtbewegungen hingestellt."

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"Wer vor der Abschiebung steht und sich selbst verletzt, befürchtet womöglich im Zielland weitaus Schlimmeres: Der Tod erscheint dann weniger arg als das, was dort drohen kann", sagte der Abgeordnete. Auch der drohende Rauswurf sei für die Betroffenen ein Gewalterlebnis.

Vier Suizidversuche in Dresdner Abschiebehaft

Viele Geflüchtete leiden unter den Bedingungen in Gemeinschaftsunterkünften. (Archivbild)
Viele Geflüchtete leiden unter den Bedingungen in Gemeinschaftsunterkünften. (Archivbild)  © Sebastian Kahnert/dpa

Ein 34 Jahre alter Syrer hatte sich im Mai 2024 in Leipzig selbst getötet. Er war in einer Wohnung untergebracht.

Zwei weitere Todesfälle betrafen junge Männer aus Afghanistan - 24 und 25 Jahre alt - die in Gemeinschaftsunterkünften lebten. Laut Innenministerium liegen gesicherte Erkenntnisse zu Motiven und Hintergründen nicht vor.

Vier abgelehnte Asylbewerber, unternahmen Suizidversuche in der Abschiebehaft in Dresden, drei von ihnen sogar zweimal. In einer Einrichtung für minderjährige Geflüchtete in Leipzig versuchten ein 16- und ein 17-Jähriger, ihrem Leben ein Ende zu setzen.

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Der Linke-Politiker appelliert an die sächsische Regierung, psychosoziale Hilfsangebote für Geflüchtete nicht wie geplant zu kürzen: "Suizidversuche zeigen, wie nötig professionelle Hilfe auch für geflüchtete Menschen ist. Die entsprechenden Organisationen müssen Zugang zu den Einrichtungen bekommen."

Normalerweise berichtet TAG24 nicht über Suizide. Da die Vorfälle aber von öffentlichem Interesse sind, hat sich die Redaktion entschieden, es doch zu thematisieren. Solltet Ihr selbst von Selbsttötungsgedanken betroffen sein, findet Ihr bei der Telefonseelsorge rund um die Uhr Ansprechpartner, natürlich auch anonym. Telefonseelsorge: 08001110111 oder 08001110222 oder 08001110116123.

Titelfoto: Sebastian Kahnert/dpa

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