Europas berüchtigtster Schleuser: Der "Skorpion" nach Interview festgenommen

Sulaimaniyya (Irak) - Barzan Majeed (38) schleuste zehntausende Migranten über die Grenze und machte sich von den Erlösen ein schönes Leben. Am Montag wurde der "Skorpion" im Irak festgenommen.

Als man ihn für seine Taten zur Rechenschaft ziehen wollte, setzte sich Barzan Majeed (38) - genannt der Skorpion - ab.
Als man ihn für seine Taten zur Rechenschaft ziehen wollte, setzte sich Barzan Majeed (38) - genannt der Skorpion - ab.  © National Crime Agency

Wer zwischen 2016 und 2021 illegal nach Großbritannien einreisen wollte, kam an Skorpion und seiner Gang nicht vorbei ...

Der Schleuser organisierte zehntausende illegale Grenzübertritte, setzte Kinder, Frauen, Männer in überfüllte Schlauchboote und verdiente prächtig daran. Wie viele Menschen bei der gefährlichen Überfahrt über den Ärmelkanal ums Leben kamen, wird wohl nie geklärt werden.

Oktober 2022 sollte dem Menschenhändler und seiner Bande in Belgien der Prozess gemacht werden. Doch Skorpion hatte ganz andere Pläne: Er setzte sich rechtzeitig ab, war seitdem weltweit zur Fahndung ausgeschrieben. Der Schleuser wurde in Abwesenheit in 121 Fällen des Menschenschmuggels für schuldig befunden und zu zehn Jahren Haft sowie einer Geldstrafe von 968.000 Euro verurteilt.

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Für die Überfahrt nach England soll der Boss 7000 Euro (pro Person) verlangt haben, sagten seine "Mitarbeiter" bei Gericht. In einigen Nächten soll der gelernte Kfz-Mechaniker mehr als 500.000 Euro eingenommen haben, berichtet die Zeitung The Sun unter Berufung auf Gerichtsakten.

Barzan Majeed ist Iraker kurdischer Abstammung und soll im Alter von 20 Jahren in einem Lastwagen nach Großbritannien geschmuggelt worden sein. Vor seinen Geschäften mit illegalen Migranten soll er als Automechaniker in Nottingham gearbeitet haben.

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Migranten versuchen den Ärmelkanal in einem Schlauchboot zu überqueren. "Gott sagt nie 'Steig ins Boot'", meint Skorpion.
Migranten versuchen den Ärmelkanal in einem Schlauchboot zu überqueren. "Gott sagt nie 'Steig ins Boot'", meint Skorpion.  © Home Office/Press Association/dpa

Für die unzähligen Toten hat der Skorpion indes nur Hohn übrig.

"Gott [schreibt es auf], wenn du sterben wirst, aber manchmal ist das deine Schuld", sagte Skorpion zu BBC-Journalisten, die ihn Anfang Mai im Nordirak ausfindig machten und sich mit ihm in einem Einkaufszentrum trafen. "Gott sagt nie 'Steig ins Boot'", führt der Großschleuser aus.

Überhaupt: Niemand habe die Menschen gezwungen seine Dienste in Anspruch zu nehmen, erklärte er. Stattdessen wollte er nur "helfen", führt er aus.

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Doch die Realität sah wohl ganz anders aus: "Er liebte schöne Autos, schöne Häuser, er lebte auf großem Fuß, er hatte immer Geld - 200.000 US-Dollar lagen unter seinem Bett", sagte ein Mittäter im Prozess. Vom Blutgeld soll der Schleuser-Boss sich unter anderem eine protzige Villa in der Türkei gekauft haben.

Skorpion sieht die Sache naturgemäß ganz anders. Er beharrt darauf, lediglich Buchungen entgegengenommen zu haben. Drahtzieher sollen hingegen andere gewesen sein.

Am Sonntag, zwei Wochen nach dem BBC-Interview, wurde Skorpion von Sicherheitskräften der Autonomen Region Kurdistan auf Betreiben von Interpol festgenommen. Er befindet sich derzeit in Haft.

Titelfoto: Montage: National Crime Agency, Home Office/Press Association/dpa

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