Erdbeben-Katastrophe in Türkei und Syrien: Mindestens 3600 Tote
Istanbul/Damaskus - Bei der verheerenden Erdbeben-Katastrophe im türkisch-syrischen Grenzgebiet sind mindestens 3600 Menschen ums Leben gekommen! Tausende wurden verletzt. Ein Beben der Stärke 7,7 erschütterte am frühen Montagmorgen die Südosttürkei. Am Mittag folgte dann eine fast ebenso schwere Erschütterung.
Der türkische Katastrophenschutz gab am Montagabend bekannt, dass im Südosten des Landes bisher 2316 Menschen Opfer des Erdbebens geworden seien. Mehr als 8500 Menschen seien verletzt worden.
In Syrien stieg die Zahl der Toten auf mehr als 1300. Das teilten der stellvertretende Gesundheitsminister Ahmed Dhamirijeh sowie die Rettungsorganisation Weißhelme mit. In dem Bürgerkriegsland seien bei der Katastrophe mehr als 2200 Menschen verletzt worden.
Mehr als 15.000 Menschen wurden nach bisherigen Informationen in der Türkei und in Syrien verletzt.
Das Epizentrum des ersten schweren Bebens lag nach Angaben der Katastrophenschutzbehörde Afad in der Provinz Kahramanmaras nahe der syrischen Grenze.
Es gab eine große Zahl von Nachbeben. Regen, Schnee und Kälte erschwerten die Rettungseinsätze. Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) sagte zu, Deutschland werde selbstverständlich Hilfe schicken.
Das Zentrum für Katastrophenhilfe der EU koordiniert die Entsendung von europäischen Rettungskräften in die Türkei. Erste Teams aus den Niederlanden und Rumänien seien bereits unterwegs, sagte der zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic. In einer Stellungnahme sprachen der Slowene und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell von einem der stärksten Beben seit mehr als 100 Jahren in der Region.
In Syrien stürzten der staatlichen Nachrichtenagentur Sana zufolge in zahlreichen Städten Gebäude ein. Rettungsteams versuchten in der Nacht und im Morgengrauen, Menschen aus den Trümmern zu ziehen. Der Leiter des Nationalen Erdbebenzentrums sagte laut Sana, dies sei das stärkste Beben in Syrien seit 1995.
Viele Länder wollen trotz politischer Spannungen helfen
Unter den eingestürzten Gebäuden in der Türkei war neben Wohnhäusern auch ein Krankenhaus in der Stadt Iskenderun.
Menschen in der Türkei wurden aufgerufen, wegen der Kommunikationsengpässe online zu telefonieren und nicht über das Handy-Netz, damit vorrangig Verschüttete erreicht werden können. Die Temperaturen in den betroffenen Gebieten liegen zurzeit oft im Minusbereich. An manchen Orten schneite es stark.
Im Staatssender TRT war zu sehen, wie Menschen bei Schnee etwa in der Stadt Iskenderun aus Trümmern befreit wurden.
Hilfsorganisationen und Gemeinden in den betroffenen Regionen riefen neben Blutspenden auch zu Sachspenden auf und baten etwa um Decken, Heizer, Winterkleidung, Essenspakete und Babynahrung.
Auch im Libanon, der an Syrien grenzt, war das Erdbeben zu spüren. In der Hauptstadt Beirut verließen Anwohner teils fluchtartig ihre Häuser. Zu spüren war das Beben auch in Israel. Nach Angaben der israelischen Polizei gab es aber keine Verletzten oder Schäden.
Griechenland erklärte sich trotz der schweren Spannungen mit der Türkei bereit, Rettungsmannschaften in das Erdbebengebiet zu schicken - ebenso taten dies Finnland und Schweden trotz der türkischen Blockade ihrer Nato-Anträge. Auch Israel will der Türkei Hilfe leisten.
Türkei wird immer wieder von heftigen Erdbeben erschüttert
Die EU-Spitzen zeigten sich erschüttert. "Wir trauern mit den Familien der Opfer", schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (64) auf Twitter. Sie sagte den Menschen in der Türkei und in Syrien Solidarität der EU zu. Unterstützung sei bereits auf dem Weg und man sei bereit, "weiterhin auf jede erdenkliche Weise zu helfen". Zuvor hatte das EU-Zentrum für Katastrophenhilfe bereits begonnen, die Entsendung europäischer Rettungskräfte in die Türkei zu koordinieren.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg schrieb auf Twitter, die Nato-Partner der Türkei seien bereit, Unterstützung zu mobilisieren.
Die Türkei ist immer wieder von schweren Erdbeben betroffen. Dort grenzen zwei der größten Kontinentalplatten aneinander: die afrikanische und die eurasische. Der größte Teil der türkischen Bevölkerung lebt faktisch in ständiger Erdbebengefahr.
Bei einem der folgenschwersten Beben der vergangenen Jahre kamen im Oktober 2020 in Izmir mehr als 100 Menschen ums Leben. Im Jahr 1999 war die Türkei von einer der schwersten Naturkatastrophen in ihrer Geschichte getroffen worden: Ein Beben der Stärke 7,4 in der Region um die nordwestliche Industriestadt Izmit kostete mehr als 17.000 Menschen das Leben.
Für die größte türkische Stadt Istanbul erwarten Experten in naher Zukunft ebenfalls ein starkes Beben.
Erstmeldung um 8.06 Uhr. Letzte Aktualisierung um 22.22 Uhr.
Titelfoto: dpa/Mahmut Bozarslan