Zschäpe vor NSU-Untersuchungsausschuss geladen: Liefert sie Antworten?

München - Im Jahr 2018 wurde sie zu lebenslanger Haft verurteilt - nun soll Beate Zschäpe (48) vor dem bayerischen NSU-Untersuchungsausschuss erscheinen. Bis heute sind weiterhin viele Fragen offen. Aber ob sie Antworten gibt?

Nur sie kann Antworten auf viele Fragen liefern: Beate Zschäpe (48) soll vor dem bayerischen NSU-Untersuchungsausschuss erscheinen.
Nur sie kann Antworten auf viele Fragen liefern: Beate Zschäpe (48) soll vor dem bayerischen NSU-Untersuchungsausschuss erscheinen.  © Tobias Hase/dpa

Die rechtskräftig verurteilte Rechtsterroristin ist als Zeugin vor den Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags geladen. Dies sei einstimmig entsprechend beschlossen worden, erklärte der Ausschussvorsitzende Toni Schuberl (40, Grüne) der Deutschen Presse-Agentur in München.

Ein konkreter Termin, für den Zschäpe als Zeugin geladen wird, stand zunächst aber nicht fest.

Die Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU), bestehend aus Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt - war von 2001 an jahrelang mordend durch Deutschland gezogen. Ihre Opfer waren neun Gewerbetreibende türkischer sowie griechischer Herkunft und eine deutsche Polizistin.

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Mundlos und Böhnhardt verübten zudem zwei Bombenanschläge in Köln mit Dutzenden Verletzten. Die beiden töteten sich im Jahr 2011 schließlich, um ihrer Festnahme zu entgehen - erst damit war der NSU aufgeflogen.

Oberlandesgericht München stellte bei Beate Zschäpe besondere Schwere der Schuld fest

Beate Zschäpe (48) wurde rechtskräftig verurteilt.
Beate Zschäpe (48) wurde rechtskräftig verurteilt.  © Peter Kneffel/dpa-Pool/dpa

Zschäpe, die einzige Überlebende des aus dem thüringischen Jena stammenden Trios, wurde im Jahr 2018 nach mehr als fünf Jahren Prozessdauer zu lebenslanger Haft verurteilt - als Mittäterin, auch wenn es nie einen Beweis dafür gab, dass sie selbst an einem der Tatorte des NSU anwesend war.

Das Oberlandesgericht München stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist eine vorzeitige Haftentlassung der Verurteilten nach 15 Jahren im Gefängnis so gut wie ausgeschlossen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) verwarf eine Revision Zschäpes im August 2021. Im vergangenen Oktober scheiterte sie darüber hinaus zusätzlich auch mit einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

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Ziel des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses im bayerischen Landtag ist es unter anderem, mögliche Verbindungen des NSU in die bayerische Neonazi-Szene aufzuklären. Dabei hoffen die Abgeordneten nun also auch auf Zschäpe.

"Jede Person, die uns Antworten auf unsere Fragen geben kann, wollen wir vernehmen", so Schuberl. "Der NSU hat so vielen Menschen unendliches Leid zugefügt. Das ist nicht wiedergutzumachen." Zschäpe könne den Angehörigen nun jedoch wenigstens die quälenden Fragen nehmen, indem sie Antworten gebe. "Nur sie kann die Lücken schließen."

Beate Zschäpe kann nicht zur Aussage gezwungen werden

Wird Beate Zschäpe (48) endlich Antworten liefern?
Wird Beate Zschäpe (48) endlich Antworten liefern?  © Peter Kneffel/dpa-Pool/dpa

Schuberl betonte: "Frau Zschäpe ist rechtskräftig verurteilt und hat nichts mehr zu befürchten, wenn sie offen aussagt." Mittel, um Zschäpe zu einer Aussage zu zwingen, gibt es allerdings freilich nicht.

Im NSU-Prozess hatte sich Zschäpe in schriftlichen Einlassungen geäußert sowie zweimal selbst zu Wort gemeldet. Schriftlich räumte sie ein, von den Banküberfällen ihrer Freunde Mundlos und Böhnhardt gewusst und die letzte Fluchtwohnung des Trios in Zwickau in Brand gesteckt zu haben.

Aber von den Morden und Anschlägen will sie immer erst im Nachhinein erfahren haben. Später sagte sie in einer kurzen Erklärung, sie bedauere ihr "Fehlverhalten" und sie verurteile, was Mundlos und Böhnhardt den Opfern "angetan haben".

In ihren Schlussworten sagte Zschäpe: "Bitte verurteilen Sie mich nicht stellvertretend für etwas, was ich weder gewollt noch getan habe."

Das Münchner Oberlandesgericht folgte der Argumentation der Bundesanwaltschaft: Zschäpe habe sehr wohl "alles gewusst, alles mitgetragen und auf ihre eigene Art mitgesteuert und mit bewirkt".

Titelfoto: Tobias Hase/dpa

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