Uta kämpft um jedes Kaninchen! Studentin päppelt dutzende "Notfelle" auf
Bannewitz - Wie herzlos! Zwergkaninchen Motti wurde einfach im Wald ausgesetzt. Ganz allein wäre sie dort gestorben. Denn in der freien Wildbahn haben die Fellnasen keine Chance zu überleben. Doch zum Glück gibt es noch gute Menschen.

So wurde die flauschige Mümmlerin rechtzeitig gefunden. Die Bannewitzerin Uta Lüdtke (33) päppelt das "Notfellchen" nun wieder auf. Ein Vollzeitjob - nicht nur zur Osterhasenzeit!
Eingeschüchtert sitzt Motti in ihrer Transportbox, versteckt sich in einer Kuscheldecke. "Ich habe sie so genannt, weil ihre Fellfärbung an eine Motte erinnert", erklärt Uta Lüdtke, die die kleine Häsin überall mit hinnimmt.
Alle zwei Stunden muss sie die Schnüffelschnute mit einem speziellen Päppelbrei füttern, der wichtige Vitamine und Mineralien enthält. Außerdem bekommt sie einen Entschäumer, der hilft, die Gase im Magen aufzulösen. Denn: "Kaninchen können nicht pupsen und im schlimmsten Fall an Blähungen sterben", warnt die Studentin für Sozialpädagogik. Deshalb bekommt das Fellknäuel zusätzlich eine wohltuende Bauchmassage.
Das größte Problem seien jedoch die Zähne. "Motti hatte ein katastrophales Gebiss. Die linken Schneidezähne waren um 90 Grad verdreht", erzählt die Veganerin. "Deshalb wollte sie ihr Besitzer wahrscheinlich auch loswerden." Denn zum Züchten eignen sich sogenannte "Zahnis" nicht mehr.
Ob die Fehlstellung wirklich genetische Ursachen hat oder ob einfach nur falsch gefüttert wurde, gilt es nun herauszufinden. Dafür wurden die schiefen Beißer abgeschliffen. "Wenn sie normal nachwachsen, lag es an der Fütterung", weiß die erfahrene Hasenmama.
Häufig würden Brot und Getreide gefüttert. "Es hält sich hartnäckig der Irrglaube, dass sich Kaninchenzähne am Futter abnutzen. Das stimmt aber nicht!" Vielmehr würden sie sich durch das Kauen von Nahrung mit hohem Faseranteil, wie bei Gräsern und Blättern, aneinander abreiben.

Seit sie sieben Jahre alt war, hatte Uta Lüdtke immer Kaninchen. Derzeit sind es sieben Stück, von denen der Großteil aus Platzgründen bei ihrem Freund lebt.
Alles, was sie über die flauschigen Tiere weiß, hat sie sich selbst beigebracht. Eine harte Schule. "Ich habe alle Fehler gemacht, die man machen kann", gibt sie zu. Dutzende Kaninchen hatte sie inzwischen schon in Pflege. "Ich kämpfe um jedes Tier! An einfachen Krankheiten stirbt bei mir keines mehr."
Umso tragischer sind die Geschichten, die Uta Lüdtke bis heute bewegen. Zum Beispiel Kaninchen Charly. Er kam 2017 mit einer gebrochenen, verbogenen Wirbelsäule zu ihr, seine Hinterläufe waren gelähmt. "Einige Tierärzte hatten noch nie so ein schlimmes Röntgenbild gesehen und wollten ihn einschläfern", erinnert sie sich.
Doch das brachte sie nicht übers Herz: "Er konnte nur robben. Aber das tat er gern. Er war so lebensfroh." Charly starb ein halbes Jahr später.

Auch die elf Kaninchen, von denen ein paar gerade mal vier Wochen alt waren, wird sie nie vergessen. Vor drei Jahren nahm sie diese nach einem Scheunenbrand auf. Alle hatten Hefen, Kokzidien und manche Brandwunden. Eines der Kleinen starb sofort. Die anderen erholten sich.
Dann das Drama!
"Beim Brand waren auch ältere Kaninchen dabei, die im Tierheim untergebracht wurden. Diese fingen an zu sterben und ich ließ sie zu mir bringen", sagt sie. "Das war mein größter Fehler!" Denn diese hatten sich mit dem Virus RHD-1, bekannt als Chinaseuche, infiziert. "Ich hatte die Babys noch impfen lassen. Aber es war zu spät", erzählt sie den Tränen nahe. "Viele von ihnen sind schreiend in meinen Armen gestorben. Es war so furchtbar!"
Doch dann gibt es auch die guten Nachrichten, die sie wieder aufbauen - wie jetzt bei Motti. Lüdtke: "Sie frisst nun ganz allein, muss nicht mehr gepäppelt werden und ich kann wieder schlafen!"
Bloß nicht einzeln halten!

Kaninchen haben spezielle Ansprüche. Sie benötigen in Innenhaltung ein Freigehege von mindestens zwei Quadratmetern pro Tier. Noch besser: Wohnungsfreilauf. Draußen sollte es ein raubtiersicheres und witterungsgeschütztes Gehege sein. Und weil sie nicht allein durchs Leben hoppeln wollen, braucht es mindestens einen Artgenossen.
Achten sollte man auf die richtige Ernährung, sonst bekommen die Mümmler Zahn- und Verdauungsprobleme. Brot und Getreide gehören gar nicht auf den Speiseplan!
Artgerecht sind in erster Linie frische Zweige, Gräser, Wiesenblumen, Kräuter wie Breit- und Spitzwegerich, Giersch, Huflattich, Wiesenbärenklau und Klee sowie Gänseblümchen, Löwenzahn, aber auch Heu.
Ebenso knabbern sie gern Kohlrabi und Möhren mit Grün, Stangensellerie und vieles mehr. Zudem sollte immer ein Napf mit frischem, kühlen Wasser in Reichweite stehen. Nippel-Trinkflaschen decken den Flüssigkeitsbedarf nur unzureichend ab.
Besonders wichtig ist auch der Impfschutz gegen die Kaninchenseuchen RHD1, RHD2 und Myxomatose (Kaninchenpest) – zum Beispiel mit Filavac und Nobivac. Mehr Infos gibt's >>> hier.





Titelfoto: Petra Hornig